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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes
Autoren: Susan Krinard
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dass er Gwen nur zu gerne anstarren würde wie irgendein verschossener Sterblicher … unter diesen Umständen war das eine gefährliche Entgleisung. “Er braucht die Dienste eines Arztes. Würden Sie ein Taxi rufen?”
    “Natürlich!” Sie ließ ihre Pakete fallen und hielt mit Dorian Schritt, als er wieder zu laufen anfing. “Was ist passiert?”
    “Ich weiß es nicht. Er ist anfällig, wie alle –”, er unterbrach sich. “Alte Männer neigen zu Krankheiten, oder nicht?”
    “Sie haben mir … schon davon erzählt.” Ihr Atem kam in kurzen Stößen, aber sie blieb nicht zurück. “Machen Sie schon. Ich komme nach.”
    Sie rannten an Bürogebäuden und Lagerhallen vorbei, bis sie die South Street erreichten. Taxis waren keine in Sicht, also rannten sie weiter westlich, Richtung Cherry. Gwen rief mit einem beeindruckend lauten Pfiff ein Taxi heran. Sie rutschte auf den Rücksitz und nahm Walters Kopf und seine Schultern behutsam in die Arme, als Dorian ihn neben ihr ins Taxi schob.
    “Ins Krankenhaus, so schnell Sie können”, sagte Gwen. Der Fahrer gehorchte und scherte mit quietschenden Reifen vom Bordstein auf die Straße.
    Gwen lehnte sich in den Sitz zurück und achtete darauf, Walter nicht mehr als nötig zu bewegen. Sie legte eine Hand auf seine Stirn.
    “Er verbrennt ja”, sagte sie. “Sie hätten ihn früher bringen sollen.”
    Dorian schüttelte sich und rang damit, den Lockruf von Gwens Duft zu ignorieren. “Ich war mir nicht sicher, ob das Krankenhaus einen Wohltätigkeitsfall annimmt.”
    “Sie hätten mich jederzeit anrufen können. Ich hätte die Kosten übernommen.”
    “Ich war mir nicht bewusst, dass Sie vermögend sind, Miss Murphy.”
    “Gwen, erinnern Sie sich?” Ihr Blick wanderte von seinem Hut zu seinem Kragen. “Was soll der Mantel? Ich kann Ihr Gesicht kaum sehen.”
    Er zögerte, schätzte das Risiko ab und wickelte sich dann vorsichtig aus seiner Vermummung. Das Sonnenlicht wurde durch die Fenster des Taxis gefiltert, aber er spürte trotzdem noch ein leichtes Brennen auf seinen Wangen, seiner Nase und seinen Lippen.
    “Meine Haut”, sagte er, “reagiert etwas empfindlich auf Sonnenlicht.”
    “Oh? Das muss sehr unpraktisch sein.”
    Dorian zuckte mit den Schultern. Gwen verstummte, aber ein leichtes Stirnrunzeln blieb zwischen ihren Brauen stehen. Sie wendete ihre Aufmerksamkeit wieder Walter zu und tupfte mit ihrem Taschentuch den Schweiß von seiner Stirn.
    Es dauerte kaum länger als zehn Minuten, bis das Taxi vor dem Krankenhaus hielt. Der Fahrer sprang heraus und hielt die Tür für Gwen auf, die wartete, bis Dorian Walter gut im Griff hatte. Sie eilte Dorian voraus und hielt ihm die Tür auf. Innerhalb erstaunlich kurzer Zeit kümmerten sich weiß gekleidete Krankenschwestern um Walter, während Gwen sich mit einem jungen Mann unterhielt, von dem Dorian annahm, dass er Arzt war.
    “Sie haben ein Bett für ihn”, sagte sie Dorian, “ich werde mich zu ihm setzen. Werden Sie bleiben?”
    Der Blick in ihren Augen sagte Dorian, dass sie selbstverständlich davon ausging, dass er ihre Frage bejahen würde. Aber er wagte es nicht, das zu riskieren. Bald würde er nur Hunger und schwarze Wut verspüren, und dann befand sich jeder in seiner Nähe in unglaublicher Gefahr.
    “Nein”, sagte er. “Ich vertraue darauf, dass die Ärzte besser helfen können, als ich je imstande wäre.”
    “Er verlässt sich darauf …”
    “Ich komme morgen wieder.” Er drehte sich um.
    “Warten Sie.” Gwen kam ihm nach und legte eine Hand auf seinen Arm. “Sie mögen wohl keine Ärzte?”
    Er antwortete ihr nicht. Er war schon froh, dass sie glaubte, ein so simpler Grund habe mit seinem Aufbruch zu tun. “Ich … danke Ihnen für Ihr Angebot, bei Walter zu bleiben.”
    “Das macht mir keine Mühe.” Sie schloss ihre Finger fester. “Ich habe Ihnen einige Sachen gebracht, aber ich habe sie am Anleger fallen lassen. Morgen bringe ich mehr.”
    “Das ist nicht nötig.” Er schluckte, hörte das Rauschen ihres Blutes, roch ihr reifes Aroma.
    “Lassen Sie uns nicht wieder streiten. Hier.” Sie drückte ihm einige Geldscheine in die Hand. “Für ein Taxi, und holen Sie sich auch etwas zu essen.”
    Er konnte nicht wagen, das Geld zurückzugeben und dabei ihre Haut zu berühren. “In Ordnung. Einen angenehmen Nachmittag, Gwen.”
    Dieses Mal folgte sie ihm nicht. Dorian ertastete sich seinen Weg zur Tür. In seinem Hals schwoll der Durst nach frischem Blut. Sein Kopf
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