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Die dunkle Macht des Mondes

Die dunkle Macht des Mondes

Titel: Die dunkle Macht des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Krinard
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Mädchen, Dory. Und sie ist stark, oder sie hätte nicht so nach dir gesucht, wie sie es getan hat. Wenn du sie entwischen lässt, bist du ein verdammter Vollidiot.”
    “Das habe ich nie bestritten.”
    Walter machte ein unflätiges Geräusch und stand auf. Er ächzte, als seine Gelenke knackten und Knochen knirschten. “Ich geh’ zurück ins Bett. Du solltest überschlafen, was ich dir gesagt habe. Wirst schon seh’n, dass ich recht hab’.” Er schlenderte gemächlich zurück in den Flur.
    Dorian wartete zehn Minuten, zog sich wieder an und ging nach draußen. Eine halbe Stunde schnellen Gehens brachte ihn nach Greenwich Village und vor die täuschend schlichte Fassade des
Lulu’s
, einer der berüchtigtsten Spelunken Manhattans. Der Türsteher betrachtete ihn kaum mehr als ein paar Sekunden, ehe er die Eingangstür öffnete. Dorian ging durch die unauffällige Ladenfront an die dahinter liegende Tür, wo ihn noch ein Türsteher in einen grellen, lauten Raum durchwinkte.
    Ein hübsches Mädchen in einem sehr kurzen Kleid bot ihm an, ihm den Mantel abzunehmen, zog sich aber schnell zurück, als sie sein Gesicht sah. Nicht jeder hier reagierte mit so offensichtlichem Unbehagen, aber
Lulu’s
Gäste wussten normalerweise, wann sie es mit einem Vollstrecker zu tun hatten. Einige von ihnen erinnerten sich vielleicht sogar an seinen Namen.
    Allie Chase war natürlich nicht da. Sie und ihr Werwolf-Ehemann hatten hart daran gearbeitet, den Krieg zwischen den Splittergruppen der
Strigoi
zu beenden, bisher allerdings ohne Erfolg. Griffin Durant war es gelungen, sein Rudel aus dem Konflikt herauszuhalten, was schon eine Leistung für sich war, aber Frieden lag immer noch in weiter Ferne.
    Dorian stählte sich gegen eine neue Welle der Einsamkeit, schritt weiter durch den Raum zur Bar und legte seinen Hut auf die Theke. “Whiskey”, orderte er.
    Der Barkeeper ließ den Drink, den er gerade mixte, stehen und schenkte Dorian ein Glas ein. Er versuchte nicht, ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Dorian trank. Er beobachtete die ausgelassene Feier der Menschen um ihn herum im Spiegel hinter der Bar, hörte ihr Lachen und versuchte sich vorzustellen, wie es wäre, jeden Tag so zu leben, als sei es der letzte. Menschen beschäftigten sich fast immer mit ihrer Sterblichkeit, egal, wie sehr sie sie zu ignorieren versuchten.
    “Noch einen?”, fragte der Barkeeper ihn mit nervös hoher Stimme. Dorian akzeptierte einen zweiten Drink, dann einen dritten. Er machte ohne Unterlass weiter, bis sein Blickfeld zu verschwimmen begann. Es bedurfte einer Menge, um einen Vampir betrunken zu machen. Er hatte diesen Zustand noch nie erlebt.
    “Der Kerl sollte tot sein, so viel wie der gekippt hat”, sagte eine Stimme irgendwo am anderen Ende der Bar.
    “Ich wette ’nen Fünfer, dass er sich auf den Hintern setzt, wenn er versucht aufzustehen.”
    “Gilt.”
    Dorian drehte sich auf seinem Stuhl um, setzte seine Füße auf den Boden und richtete seine Beine auf. Seine Balance war leicht beeinträchtigt, aber er hatte kein Problem damit, sich auf die Männer zu konzentrieren, die ihn so amüsant fanden. Er betrachtete die zwei Männer in den neumodischen übergroßen Hosen, die “Oxford Bags” genannt wurden, wählte einen von ihnen aus und ging auf ihn zu. Auf dessen Gesicht zeichnete sich Erschrecken ab, ehe Dorian ihn an seiner Seidenkrawatte packte und ihn ein ganzes Stück in die Luft hob.
    “Du solltest nie diejenigen verspotten, über die du nichts weißt”, sagte er sanft, “Sie könnten ihren Unmut darüber auf unerwartete Art ausdrücken.”
    Der junge Mann machte ein würgendes Geräusch. Sein Begleiter hielt auf Dorian zu, sah ihn sich einmal gut an und blieb dann auf der Stelle stehen. Dorian ließ seine Beute baumeln, bis das Gesicht des Jungen eine scheckige gelb-rote Färbung annahm und ließ ihn dann los.
    Im
Lulu’s
war es still geworden. Die Musik und das Tanzen hatten aufgehört. Menschen starrten ihn mit halb erhobenen Gläsern an. Dorian warf Geld auf die Bar – Geld, das Gwen ihm gegeben hatte – und ging langsam auf die versteckte Hintertür zu und hinaus auf die stinkende Hintergasse. Das Trinken hatte nichts gebracht. Es hatte ihm keine Erleichterung verschafft. Alles, was der Schnaps erreicht hatte, war, ihm die Selbstkontrolle zu nehmen, die er sich jeden Tag seit Raouls Tod abverlangt hatte.
    Heute Nacht hatte er darin versagt. Er hatte die Angst in den Augen des jungen Mannes gesehen, der so nah am

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