Die dunkle Prophezeiung des Pan
mitleidig betätschelt und entsprechend
bedauert; in aller Augen war er mächtig im Ansehen gestiegen –
Motorrad war ein weiteres Codewort für Coolness. Sein
siegessicheres Grinsen auf dem Weg zum Englischunterricht bekam
allerdings nur ich zu sehen.
Lee
war wieder da.
Er
saß an unserem Tisch in der Cafeteria, er saß neben mir
in sämtlichen Unterrichtsstunden und er war beim DVD-Abend bei
Phyllis mit von der Partie. Es war beinahe alles wie vor seinem
Verschwinden.
Nein,
eigentlich war alles wie vor seinem Verschwinden. Ciaran hatte seine Stelle gekündigt.
Wir hatten einen neuen Lehrer. Wieder einen jungen Mann, aber lange
nicht so attraktiv. Er hieß Mr Foley und hatte das Aussehen von
Martin Lawrence – als Big Mama. Leider hatte er das Temperament
von Valium. Sein Geschichtsunterricht war wie zu Zeiten von Mrs Crobb
- sterbenslangweilig. Lee veranschlagte bereits für die zweite
Unterrichtsstunde eine neue Runde Bingo.
Zumindest
eine Neuerung gab es aber: So unglaublich es klang, der Star Club
setzte sich in den folgenden Tagen mittags an unseren Tisch.
Zumindest Ava, Cynthia und Felicity. Felicity war höchst nervig.
Sie wich fast nicht von Lees Seite.
»Du
auch nicht«, raunte mir Phyllis zu, als ich es ihr gegenüber
bemerkte.
»Ist
das ein Wunder?«, fragte ich zurück. Lee war auch nach
einer Woche noch etwas blass und mager.
»Vielleicht
nicht«, stimmte sie zu.
Mich
beunruhigte, dass er noch nicht seine ganze Kraft und Magie
zurückgewonnen hatte. Aber davon konnten meine Freunde ja nichts
wissen. Ciaran war verschwunden. Genau wie Jack, seit er uns in
dieser ungünstigen Situation auf dem Klo erwischt hatte. Das
bereitete mir nicht Bauchschmerzen. Wie weit würde Ciaran gehen,
um jemanden zum Schweigen zu bringen? Von unserer Umarmung auf dem
Jungenklo war zumindest nichts öffentlich geworden. Aber ich
machte mir Sorgen.
Lee
zuckte nur die Schultern. »Er wird einen plötzlichen
Auftrag bekommen haben. Ansonsten wäre er hier.«
»Und
Jack? Gehört der etwa auch zum FISS?«, fragte ich, als wir
auf dem Weg zu Englisch waren. Nur dann gab es die Gelegenheit solche
Themen zu besprechen, denn da waren wir allein.
Lee
lächelte geheimnisvoll. »Ich denke eher, Ciaran hat Jack
etwas verabreicht, das ihn mit ein paar Bauchkrämpfen ans Bett
fesselt und später vergessen lässt, was er gesehen hat.«
Ich
erstarrte. »Du meinst, er hat ihn vergiftet?«
»Nur
so viel, dass er ein paar Tage außer Gefecht gesetzt ist. Mach
dir keine Gedanken, Fay, Ciaran würde einem Unschuldigen kein
Haar krümmen.«
Aber
ab wann würde Ciaran jemanden als schuldig ansehen? Und würde
er demjenigen dann mehr als ein Haar krümmen? »Kennst du
Ciaran wirklich so gut? Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie du,
er und Eamon als Kinder zusammen spielen konntet, wenn die beiden so
viel älter sind als du.«
Lee
lächelte gedankenversunken. »Klingt seltsam, nicht wahr?
Du weißt, dass wir Elfen uns älter und jünger machen
können? Eamon und Ciaran haben sich mir zuliebe jünger
gemacht. Ciaran bestand immer darauf, dass die Cousins zusammenhalten
müssten. Familienbande und so. Das fiel uns leichter, wenn wir
unser Alter vereinheitlichten. Eigentlich passten nur Ciaran und
Eamon es dem meinen an, weil ich ja der Jüngste bin. Man lernt
erst auf Avalon sein Alter zu ändern.«
Wie
praktisch. Ich wollte, ich könnte mich auch älter machen.
Dann würde ich Philip so richtig in den Hintern treten. Mich
wunderte allerdings, dass Ciaran so viel Wert auf Familienbande
legte.
»Ciaran
hat seine Mutter nie kennengelernt und seinen Vater früh
verloren. Er hatte nur uns«, erklärte Lee, der meinen
Gedanken gefolgt war. »Du kannst dir denken, dass weder Eamons
noch mein Vater die Zeit hatten, auch noch einen Neffen zu betreuen.«
Als Mr Sinclair den Klassenraum betrat, neigte Lee sich zu mir.
»Wollen wir später einen Ausflug machen? Ich möchte
dir was zeigen und wir können uns ausführlicher
unterhalten.«
»Ich
habe heute Dienst im Museum«, murmelte ich und schlug mein
Englischbuch auf.
»Ich
hol dich dort ab.«
Den
Rest des Vormittags war Lee ständig umlagert. Und er genoss es
in vollen Zügen. Er flirtete mit allen Mädchen, allen voran
mit Matilda aus der Kantine, von der er ein Fünf-Sterne-Gourmet-Essen
serviert bekam. Sogar die Lehrer waren besser gelaunt und der
Unterricht war lockerer als in all den Wochen zuvor, in denen Lee
fort gewesen war. Von seinem körperlichen Zustand einmal
abgesehen, war
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