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Die dunkle Prophezeiung des Pan

Die dunkle Prophezeiung des Pan

Titel: Die dunkle Prophezeiung des Pan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Regnier
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wenig los.
Das schmuddelige Januarwetter hielt die Touristen aus London fern und
die Londoner selbst hatten anscheinend auch keine große Lust
auszurücken, wenn sie nicht mussten. Dementsprechend waren nur
eine Handvoll Kunststudenten im Museum verstreut.
    Ich war praktisch ganz
allein in den Räumen. Aber das machte mir nichts aus. Bei der
Einführung hatte der Leiter der National Gallery – von all
seinen Angestellten Tripple-B genannt, was sich aus Boss und den
Initialen seines Namens Bradley Biglow zusammensetzte –
erklärt, wir sollten uns so viel wie möglich über die
Gemälde informieren. Wir dienten den Besuchern auch als
Auskunft. Jeder von uns bekam einen Museumsführer und ich
staunte nicht schlecht, was es alles bei einem Gemälde zu
beachten gab. Nicht nur die Zusammensetzung der Farben, sondern auch
die Art der Pinselführung und vieles mehr.
    Das Bild eines
verzauberten Schlosses hatte es mir besonders angetan. Meer, Bäume,
ein Schloss, das verdächtig einer italienischen Villa ähnelte,
zerklüftete Felsen und dazwischen ein paar Tiere, wahrscheinlich
Ziegen und davor eine arbeitslose Träumerin in einem Hauch von
nichts. Psyche laut Museumsführer. Ich las etwas über den
Maler, als ich aus den Augenwinkeln eine Bewegung wahrnahm.
    Ich drehte mich um.
Nichts. Ich war allein. Kein Student, der seine Leinwand aufschlug.
Da entdeckte ich eine Mücke, die mich umschwirrte, und ich las
erleichtert weiter.
    Da! Schon wieder. Und
dieses Mal war es keine Mücke. Die linke Ziege auf meinem
Lieblingsgemälde hatte den Kopf gesenkt. Sie graste .
    Entgeistert starrte ich
auf das Bild. Jetzt konnte ich auch einen leichten Windhauch
ausmachen, der die oberen Blätter in den Baumkronen bewegte. Ein
paar einzelne Haare wehten vor meinen Augen und die Wellen des Meeres
schlugen leise gegen die Klippen. Ich roch die salzhaltige Luft.
    Das
war unmöglich.
    Wo waren wir denn hier?
Bei Harry Potter? Würde die Frau, Psyche, gleich mit mir reden?
    »Meine Güte,
Felicity, du siehst ja ganz anders aus!«
    Erschrocken zuckte ich
zusammen und sagte prompt: »Woher willst du das wissen? Ich bin
zum ersten Mal in diesen Räumen eingeteilt.«
    »Ich finde ja
nur, die Uniform macht dich etwas älter.«
    Die Frau hatte die
Stimme von Phyllis.
    O Gott. Phyllis .
    Ich drehte mich mit
einem knallroten, heißen Gesicht um und stand Phyllis, Jayden
und Ruby gegenüber. Vor Erleichterung hätte ich mich
beinahe auf den Boden gleiten lassen. »Hallo.« Meine
Stimme klang noch etwas atemlos. »Wie schön, dass ihr mich
besuchen kommt.«
    »Ich war schon
Jahre nicht mehr hier«, sagte Jayden und sah auf das Gemälde.
Konnte er es sehen? Ich beobachtete ihn genau. Er zeigte keine
besondere Reaktion. Ich sah noch einmal zum Bild.
    Nichts. Die Ziege
graste nicht mehr und die Bäume waren wieder in Öl und
Firnis erstarrt.
    »Alles okay?«,
fragte Phyllis und musterte mich. »Du bist etwas blass um die
Nase.«
    »Ihr habt mich
nur erschreckt. Heute ist so wenig los, ich habe mit niemandem
gerechnet.« Ich lächelte sie entschuldigend an.
    »Ach, und ich
hätte schwören können, dass sich das Bild da bewegt
hat«, sagte Ruby und starrte das Gemälde an.
    Ich lachte gezwungen.
»Wir sind hier nicht in Hogwarts, Ruby. Das ist die National
Gallery in London.«
    Phyllis und Jayden
grinsten.
    »Kannst du uns
ein bisschen rumführen? Zumindest hier in deinem eingeteilten
Bereich?«, fragte Phyllis.
    Sehr gern. Und schnell
weg von dem Gemälde, ehe Ruby noch mehr sah. Wieso hatte sie es
überhaupt sehen können und Jayden nicht?
    Die Frage beschäftigte
mich mehrere Tage und wurde erst in den Hintergrund gedrängt,
als Nicole mich fragte, ob Lee rechtzeitig zum Ball zurück wäre.
Daran hatte ich gar nicht mehr gedacht. Der Ball war schon in einer
Woche und Lee war dann möglicherweise noch unterwegs. Immerhin
galt es einen Mordfall aufzuklären. Einen Mordfall, dessen
Hinweise ihn ins achtzehnte Jahrhundert geführt hatten.
    Wir saßen auf dem
Pausenhof und ich sah die besorgten Gesichter meiner Freunde.
    »Hat sich Lee
noch nicht gemeldet?«, fragte Corey.
    Ich schüttelte den
Kopf.
    »Ruf ihn doch auf
dem Handy an. So teuer kann ein Auslandsgespräch nicht sein.«
Corey ließ nicht locker.
    Ich runzelte die Stirn
und sah ihn an. »Wer hat behauptet, Lee sei im Ausland?«
    Er zuckte die
Schultern. »Ich dachte, er wäre vielleicht in Kalifornien,
Verwandte besuchen.«
    Wie sollte ich meinen
Freunden klarmachen, dass man Lee bei seinen

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