Die dunkle Seite der Dinge
Sofa gesprungen war. Das
Tier hatte es sich auf einem Kissen gemütlich gemacht und
beobachtete ihn aus unergründlichen Augen. Sein Widerstand
schmolz dahin.
„ Na gut“, murrte er.
„Aber nur für ein paar Tage, dann muss uns eine andere
Lösung einfallen.“
„ Danke!“, sagte
Franziska.
Es kam zu einem kurzen Kampf, bei
dem Wellinger mehr als einen Kratzer davon trug. Schließlich
bekamen sie ihn am Halsband zu fassen und zwängten ihn in die
Transportbox.
Anschließend rief Wellinger
im Präsidium an. Die Ermittlungen im Fall des vermissten
Journalisten Mike Stein hatten offiziell begonnen. „Lasst euch
die Wohnungstüre von dem Hausmeister öffnen. Die Nummer
findet ihr im Hausflur. Wenn er sich quer stellt, macht ihm ein
bisschen Dampf und nehmt ihn mit.“ Für die vorausgegangene
Niederlage entschädigt, beendete er das Telefonat.
Kapitel 5
Wellinger parkte sein Auto vor
dem Gebäude der Rechtsmedizin und blieb einen Moment reglos
sitzen. Einen kurzen, sadistischen Augenblick lang hegte er den
Gedanken, den Kater in den langen Fluren des Instituts auszusetzen,
doch das würde Franziska Stein ihm niemals verzeihen. Hagen
vermutlich auch nicht. Er drehte sich zu dem Kater um. „Mach
keinen Unfug. Ich bin gleich wieder da.“
Das Tier schaute ihn durch die
Gitterstäbe des Transportkäfigs an und Wellinger war wider
Willen von dem stoischen Blick beeindruckt. So leicht konnte man den
dicken Kerl nicht einschüchtern. Sorgfältig verschloss er
den Wagen und zwei Stufen auf einmal nehmend, lief er die Treppen
hinauf.
Umgehend begab er sich in Hagens
Büro, doch zu seinem Bedauern fand er den Raum verlassen vor.
Wenn Hagen nicht schon nach Hause gegangen war, konnte dies nur
bedeuten, dass er mit einem seiner stummen Kunden zugange war.
Wellinger fröstelte und begab sich auf die Suche nach ihm.
„ Da bist du ja!“,
rief er, als er seinen Kollegen endlich entdeckte. Hagen schien ihn
nicht gehört zu haben. Konzentriert beugte er seine gewaltige
Löwenmähne über einen dunklen Körper.
„ Aha, wie ich sehe findest
selbst du ihre Verletzungen grauenvoll“, murmelte Wellinger.
Das Gesicht der Toten war mit einem Tuch bedeckt.
„ Kann schon sein“,
gab Hagen zu und richtete sich auf. „Dass es dich mal
freiwillig in die Hallen von Doktor
Tod verschlägt,
macht mich ja beinahe sprachlos“, grinste er.
Wellingers Lächeln misslang.
Nervös sah er sich um. Hagen schob den toten Körper zurück
in den Leichenaufbewahrungsraum und packte ihn in eine der
Kühlzellen. Gekonnt streifte er die Handschuhe von den Händen
und warf sie im hohen Bogen in eine Tonne. Danach trat er zum
Waschbecken und reinigte sich ausgiebig. Nachdem er die Schürze
abgestreift hatte, schritt er voraus.
„ Komm mit in mein Büro.
Dort habe ich ein paar Neuigkeiten für dich.“
Erleichtert atmete Wellinger aus
und eilte hinterher.
„ Kaffee?“
„ Nein, sag mir nur, was du
herausgefunden hast.“
Hagen, der nicht die geringste
Ahnung hatte, dass ein obdachloser Kater Wellinger zu dieser
ungewohnten Eile antrieb, schaute erstaunt auf, ließ sich dann
aber ohne Umschweife an seinem Schreibtisch nieder.
„ Die Frau, die Vater Rhein
gestern ausgespuckt hat, ist mindestens seit fünf Tagen tot,
vermutlich auch sechs oder sieben. Ich kann es nicht genau sagen.“
„ War nicht anders zu
erwarten.“ Wellinger kniff die Lippen zusammen. Wo sollten sie
beginnen, wenn sie noch nicht einmal den genauen Zeitpunkt des
Verbrechens kannten?
„ Kannst du mir etwas über
die Frau selbst sagen?“
„ Ja, schon“, nickte
Hagen. „Das Opfer wird nicht älter als zwanzig Jahre alt
gewesen sein. Sie ist tatsächlich erstochen worden. Du erinnerst
dich an die Wunde, die ich dir gestern gezeigt habe. Es muss sehr
schnell gegangen sein. Sie war bereits tot, als man sie ins Wasser
geworfen hat.“
„ Ist sie denn von hier?“
„ Schwierig zu sagen. Wir
haben weder einen Hinweis auf einen Namen, noch auf einen Wohnort.
Die Kleidung, die sie getragen hat, ist nichts Besonderes. Die kann
man in jedem Warenhaus kaufen. Ob sie aus Deutschland oder Europa
stammt, weiß ich auch noch nicht. Die Isotopenanalyse wird es
zeigen. Am Knochenaufbau und an der Zahnsubstanz werden wir ihre
Nahrungsgewohnheiten bestimmen können. Vielleicht finden wir
auch Hinweise auf vorangegangene medizinische Eingriffe.“
Wellinger nickte stumm. Das
Prozedere war ihm nur allzu vertraut.
„ Ob die Frau in Köln
in den Fluss geworfen wurde, kann ich
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