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Die dunkle Seite der Dinge

Die dunkle Seite der Dinge

Titel: Die dunkle Seite der Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regina Reitz
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dir leider auch nicht sagen“,
fuhr Hagen fort. „Wir sind noch dabei, die Parasiten zu
bestimmen. Wichtig sind die Erstbesiedler, vor allem die Fliegen, die
zuerst ihre Eier ablegen. Einige Arten kommen nur an bestimmten
Stellen im Uferbereich vor. Die Leiche ist aber noch ziemlich sauber,
zumindest was Fliegen angeht. Das bedeutet, dass sie noch nicht so
lange an Land gelegen haben kann. Zum Glück! Selbst bei den
ungewöhnlich niedrigen Temperaturen, die wir in diesem Sommer
haben, wäre die Verwesung sonst schon viel weiter
vorangeschritten.
    Vehement verdrängte
Wellinger das Bild, das Hagens Ausführung in seinem Kopf hervor
rief.
    „ Theoretisch hätte die
starke Strömung den Körper bis zur Nordsee treiben müssen,
aber ich habe dir schon gestern gezeigt, dass sich ihr Fuß in
einer Ankerkette oder etwas Ähnlichem verfangen haben muss. Die
Rostpartikel in der Wunde bestätigen meine Annahme. Wir schicken
gerade Taucher runter. Die sollen Proben nehmen. Vermutlich hat die
Frau einige Tage unter Wasser fest gehangen, bis dann der Sturm über
Köln hinweg gezogen ist. Zur weiteren Klärung habe ich das
Wasseramt eingeschaltet. Vielleicht können die Jungs mir etwas
über die Strömungsverhältnisse der letzten Tage sagen.
Bei dem Unwetter hat sich der Fluss anders als gewohnt verhalten.“
    Hagens Erörterungen waren
alles andere als vielversprechend. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte
niemand die Frau als vermisst gemeldet. Das machte für Wellinger
keinen Sinn. Eine Person wie Mike Stein, die als vermisst galt, fand
man nicht. Eine andere Person, die man gefunden hatte, wurde nicht
vermisst. Sie lebten in einer verdrehten Welt. Natürlich konnte
er einen Aufruf an die Bevölkerung richten, aber die
Schlagzeilen, die das provozieren würde, sah er jetzt schon vor
sich. Der Express würde ihnen für mehrere Tage die
Titelseite reservieren.
    „ Hast du eine Idee, was das
Motiv sein könnte?“
    „ Ehrlich gesagt, bin ich da
auch etwas ratlos“, schüttelte Hagen den Kopf.
„Irgendetwas ist nicht stimmig.“
    „ Ach, was denn?“
    „ Na ja, wie ich bereits
gesagt habe, ist die Frau erstochen worden. Aber ob das im Affekt
geschehen ist oder die Tat geplant war, da mag ich mich nicht
festlegen.“
    „ Warum nicht?“
    „ Du kennst doch den
Unterschied. Ein Täter, der im Affekt tötet, sticht in der
Regel unkontrolliert und viele Male zu. Da ist oft Leidenschaft im
Spiel, eine unerwiderte Liebe, Hass, Eifersucht, aber das ist bei
unserer Rheinleiche nicht der Fall gewesen. Ein einziger Stich hat
ausgereicht, um die Frau zu töten. Die Klinge ist von hinten
durch die Lunge in das Herz eingedrungen. Der Lungenflügel ist
wie ein Kartenhaus in sich zusammengefallen. Vermutlich hatte sie
noch nicht einmal mehr Gelegenheit, zu schreien. Carsten, da wusste
jemand, was er tut oder er hat einfach verdammtes Glück gehabt.“
    Nachdenklich strich sich der
Kommissar über sein Kinn.
    „ Andererseits glaube ich
auch nicht an einen vorsätzlichen Mord. Wenn das der Fall
gewesen wäre, hätte der Täter die Leiche für
immer verschwinden lassen. Dass die Frau in den Fluss geworfen wurde,
spricht eher für eine spontane Tat, die dann aber sehr
kontrolliert zu Ende gebracht wurde.“
    Wellinger teilte Hagens Ansicht.
Ein Täter, der im Affekt handelte, verriet sich früher oder
später selbst. Anders verhielt es sich bei einem Kriminellen,
der planvoll vorging. Die Person, die sie suchten, bewegte sich
irgendwo dazwischen.
    „ Eine Sache ist allerdings
eher ungewöhnlich“, sagte Hagen. „Die Waffe, also
das Messer. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es sich um einen Dolch
handelt.“
    „ Einen Dolch?“,
echote Wellinger erstaunt.
    „ Ja, etwa zwanzig
Zentimeter lang. Die Klinge muss eine leichte Krümmung aufweisen
und sie ist fünf Zentimeter breit. Das war keine Massenware. Das
Metall scheint vielmehr mit der Hand bearbeitet worden zu sein, denn
die Wundränder sind leicht ausgefranst. Ich würde sagen, da
hat jemand ein ganz besonderes Stück des Kunsthandwerks
benutzt.“
    Wellinger schöpfte etwas
Hoffnung. Dieses Indiz konnte entscheidend sein. Die
Stichverletzungen, mit denen sie es normalerweise in Köln zu tun
hatten, wurden durch Klingen verursacht, die man in jedem Geschäft
erstehen konnte. Diese Messer wiesen in der Regel keine Krümmung
auf und waren vielleicht zehn oder fünfzehn Zentimeter lang.
    „ Na, das ist doch schon mal
etwas“, sagte er und erhob sich hastig von seinem Stuhl.
Beinahe hätte

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