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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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letzten Urlaube verbracht hatte, war vermerkt worden.
    Hackenholt überflog den Zettel.
»Jonas besucht also keine Jugendgruppe und ist auch in keinem Sportverein
Mitglied?«
    Die Mutter schüttelte den Kopf.
    »Sie haben doch heute Morgen
etwas von einem Garten erzählt, in den Ihr Sohn immer mit Ihrem Vater gegangen
ist?«, fragte Hackenholt an Herrn Petzold gewandt nach, da weder die Adresse
des Großvaters noch ein Garten aufgelistet war.
    Der Vater winkte ab. »Ach was,
das war nur ein kleiner Schrebergarten. Den haben wir längst gekündigt. Mein
Vater hatte im Frühjahr einen Schlaganfall. Seither ist er halbseitig gelähmt
und lebt im Heim.«
    »Okay«, sagte Hackenholt
abschließend, »wir haben mittlerweile sämtliche Krankenhäuser und
Jugendeinrichtungen abgefragt. Nichts. Eine Entführung ist, wie Sie selbst
sagen, unwahrscheinlich bis ausgeschlossen. Derzeit gibt es keinerlei
Anhaltspunkte, dass Jonas etwas zugestoßen sein könnte, versuchen Sie also
ruhig zu bleiben, auch wenn es schwerfällt. Wir werden morgen in die Schule
gehen, mit den Lehrern reden und uns ein bisschen umschauen. Dann sehen wir
weiter.«
    Zurück im Präsidium parkten sie
den Dienstwagen in der Tiefgarage, verzichteten jedoch auf den Aufzug, sondern
stiegen stattdessen die Treppen in den zweiten Stock hinauf, zu ihrem
Kommissariat. In ihrem Büro klickte sich Wünnenberg durch den Speicher des
Mobiltelefons.
    »Sämtliche eingegangenen Anrufe,
die gespeichert sind, stammen von der Mutter. Mal hat sie ihn von ihrem Handy
aus angerufen, mal vom Festnetz. Kein einziger ist von einem Freund! Aber
zumindest bei den SMS scheint das
anders zu sein.« Wünnenberg sah sich die Kurznachrichten genauer an. Immer
wieder notierte er den einen oder anderen Namen. Als er fertig war, schüttelte
er ungläubig den Kopf. »Auch da sind keine Freunde dabei. Fast alle Nachrichten
drehen sich um Nachhilfestunden. ›Ich kann heute nicht. Kannst du morgen?‹
Oder: ›Bin heut krank. Nächste Woche wieder.‹ In zweien geht es um ein Treffen der
Coolrider, zu dem er anscheinend nicht hingegangen ist. Das war erst kürzlich.«
Wünnenberg blickte zu Hackenholt auf. »Verstehst du das? Keine einzige private
Verabredung? Kein ›Kommst du heute Abend mit ins Kino?‹, oder was man sonst so
schreibt.«
    »Na ja, eigentlich heißt das
doch nur, dass er tatsächlich anders ist als die meisten heutigen Jugendlichen
in seinem Alter. Vielleicht hat er sich bisher wirklich nichts aus Mädchen
gemacht. Oder er verabredet sich lieber persönlich oder ruft vom Festnetz aus
an. Wenn wir morgen mit ein paar Lehrern und seinen Mitschülern sprechen,
werden wir sicher recht schnell herausfinden, was Sache ist.«
    Es war nach neun Uhr abends,
als Hackenholt endlich nach Hause kam. Sophie war nicht da, stattdessen lag auf
dem Tisch in der Diele, den sie als Schlüsselbundablage nutzten, eine
Nachricht: »Bin mit meiner Schwester unterwegs. Im Kühlschrank sind noch kalte
Bratwürste von vorgestern. Lass sie dir schmecken. Kuss, S.«
    Hackenholt war enttäuscht. Er
hatte sich auf Sophie und ihre Schwester gefreut. Darauf, dass sie ihn mit
ihrem munteren Geplapper von seinen Fällen ablenkten. Eigentlich hatte er auch
vorgehabt, Sophies Schwester zu fragen, wie sich normale Jugendliche heutzutage verhielten. Soweit er
wusste, engagierte sie sich immer noch im Jugendkeller der Kirchengemeinde.
Wenn er selbst mit Teenagern zu tun hatte, dann stammten sie so gut wie immer
aus irgendwelchen völlig aus den Fugen geratenen Familien und waren zumeist
schon öfter straffällig geworden.
    Allein gelassen aß er in der
Küche ein Brot mit Bratwürsten und setzte sich dann mit einem Buch in den
Garten. Gegen elf fielen ihm fast die Augen zu, sodass er ins Bett ging. Von
Sophie war noch nichts zu sehen oder zu hören. Als sie endlich heimkam, schlief
Hackenholt schon tief und fest und merkte nicht mehr, dass sie sich an ihn
kuschelte.

Donnerstag
    Als erste Amtshandlung des
Tages rief Hackenholt bei Familie Petzold an, um zu fragen, ob Jonas in der
Zwischenzeit etwas von sich hatte hören lassen. Das war leider nicht der Fall.
Die Eltern klangen, als hätten sie nun schon die zweite Nacht kein Auge
zugetan. Der Hauptkommissar legte Frau Petzold ans Herz, ihren Hausarzt
anzurufen und sich ein leichtes Schlafmittel verschreiben zu lassen.
Schließlich war niemandem damit gedient, wenn sie jetzt auch noch
zusammenbrach. Schon gar nicht Jonas. Denn sobald er zurückkam, würden

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