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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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nichts mehr übrig.
    »Sie … Sie haben ja recht. Es
ist nur … Ich fühle mich so hilflos.« Er räusperte sich. »Möchten Sie, dass ich
Ihnen Jonas’ Zimmer zeige?«
    Hackenholt nickte. Gemeinsam
stiegen sie die Treppe hinauf. Der gesamte zweite Stock, das Dachgeschoss des
Reihenhauses, war zu einem einzigen großen Raum ausgebaut, von dem lediglich
ein kleines Badezimmer abgetrennt war. Durch die Dachfenster flutete Licht
herein. Sämtliche Möbel waren aus hellem Holz. Auf der einen Seite stand ein
großes Bett frei im Raum, auf der anderen ein Schreibtisch samt dazugehörigem
Bürostuhl, unter der Dachschräge ein Sofa. Das Zimmer war zweifelsohne
geschmackvoll eingerichtet, ordentlich, sauber, aber gerade deshalb wirkte es
nicht wie das von einem Jugendlichen. Weder hingen Poster von Popgruppen an den
Wänden, noch lagen auf dem Boden zusammengeknüllte Klamotten herum. Auch der
Schreibtisch war nicht mit Stapeln von Schulbüchern übersät.
    »Wir werden das Zimmer jetzt
untersuchen. Vielleicht finden wir ja einen versteckten Hinweis darauf, wo
Jonas sich aufhält. Das Ganze wird einige Zeit dauern. Am besten wäre es, wenn
Sie und Ihre Frau in der Zwischenzeit eine Liste machen würden, wo Jonas sich
gerne aufhält.«
    Herr Petzold nickte und ließ die
Beamten allein. Hackenholt und Wünnenberg durchsuchten das Zimmer aufs
Gründlichste, ohne jedoch den geringsten Anhaltspunkt zu finden. Es gab keinen
Hinweis, wo sich Jonas versteckt haben könnte, und auch keinen darauf, warum er
überhaupt weggelaufen sein sollte. Andererseits entdeckten sie auch keinen
Abschiedsbrief oder ein anderes Zeichen dafür, dass der Junge sich mit
Selbstmordgedanken herumgeschlagen hatte. Aber auch das Handy lag nirgendwo im
Zimmer.
    Wieder im Wohnzimmer fragte
Hackenhold die Eltern wie schon am Vormittag noch einmal explizit nach dem
Mobiltelefon.
    »Jonas hat sein Handy meistens
dabei«, sagte die Mutter erstaunt, »auch wenn er es nicht oft nutzt.«
    Hackenholt wiegte den Kopf. »Wir
müssen zweifelsfrei wissen, dass es sich nicht hier befindet. Deshalb würden wir
uns gerne im restlichen Haus umsehen, wenn Sie einverstanden sind. Vielleicht
hat er es doch irgendwo hier liegen lassen.«
    Frau Petzold erhob sich
zögerlich vom Sofa. »Die Wäsche. Vielleicht ist es ja im Korb mit der
Schmutzwäsche.« Dann rannte sie plötzlich den Beamten voran die Treppe hinab
ins Untergeschoss, wo sich die Waschküche befand. Vor einem Korb ging sie in
die Hocke und zerrte ein Kleidungsstück nach dem anderen heraus, während ihre
Hand in jede Tasche glitt. Hackenholt sah sich derweil um. Auf einer Leine im
hinteren Teil des Raums hing schief und unordentlich eine Jeansjacke.
    »Was ist mit der Jacke dort
drüben? Ist das Ihre, oder gehört sie Jonas?«, fragte er Frau Petzold, ging
aber, ohne auf eine Antwort zu warten, hinüber und nahm das Kleidungsstück
herunter. Die Mutter sah ihn verwirrt an.
    »Die ist von Jonas. Er muss sie
selbst hier aufgehängt haben. Ich benutze immer einen Bügel.« Sie hielt inne.
Ihrem Gesicht war anzusehen, dass sie angestrengt nachdachte. Dann schüttelte
sie den Kopf. »Ich kann mich nicht erinnern, wann er das getan haben sollte.«
    Hackenholt nahm die Jacke von
der Leine, ging zur Waschmaschine und leerte dort eine Tasche nach der anderen
aus. Ein Kugelschreiber kam zum Vorschein, eine Packung Kaugummis, ein
benutztes Taschentuch, ein Zehncentstück, jede Menge Dreck, Minikopfhörer für
einen MP 3-Player und zu guter
Letzt, in der Innentasche, ein ausgeschaltetes Klapphandy. Nachdem Hackenholt
es eingeschaltet hatte, wofür zum Glück keine PIN nötig war, erschien auf dem Display die Anzeige: »35 Anrufe in Abwesenheit«.
Sie stammten alle von derselben Rufnummer und legten ein stummes Zeugnis davon
ab, wie verzweifelt Frau Petzold versucht hatte, ihren Sohn zu erreichen.
Hackenholt gab das Telefon an Wünnenberg weiter, der es in einen mitgebrachten
Asservatenbeutel fallen ließ. Zusammen gingen sie zurück ins Wohnzimmer, wo der
Vater noch immer unverändert auf dem Sofa saß.
    Erneut sprachen sie alle
Möglichkeiten durch, was passiert und wohin Jonas gegangen sein könnte. Die
Eltern blieben dabei: Es hatte keinen Streit gegeben, alles war wie immer
gewesen. Während die Beamten mit der Durchsuchung des Zimmers beschäftigt
gewesen waren, hatten die Petzolds tatsächlich eine Liste mit allen Orten
erstellt, an denen Jonas sich in der Vergangenheit gerne aufgehalten hatte.
Auch wo die Familie die

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