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Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Die dunkle Seite des Sommers (German Edition)

Titel: Die dunkle Seite des Sommers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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verständliche Beispiele parat. Nur wenn er
merkte, dass jemand einfach zu faul war, seine Vokabeln zu lernen, wurde er
böse.
    Danach besuchten die Ermittler
Jonas’ Klasse. Der Unterricht wurde unterbrochen, die Schüler aufgeteilt. Jeder
der Beamten befragte nacheinander sechs oder sieben Jugendliche. Hackenholt
sprach mit Lisa, die im Unterricht neben Jonas saß, aber sie wusste nicht mehr
zu sagen, als dass Jonas schrecklich ordentlich war und man sich von ihm immer
einen gespitzten Bleistift ausborgen konnte. Nur seine Bücher, die verlieh er
nicht. Über Privates hatte sie noch nie mit ihm gesprochen, dafür war er ihr zu langweilig. Von einer anderen Mitschülerin erfuhr Hackenholt, eine gewisse
Jennifer aus der Zehnten sei heimlich in Jonas verliebt und könne ihm sicher
alles über ihren Schwarm erzählen. Dabei kicherte sie und machte Andeutungen,
dass das meiste davon aber wohl Wunschdenken und frei erfunden sei. Ein anderes
Mädchen hatte Jonas öfter mit Sara gesehen, die auch bei den Coolridern war.
    Während sich Hackenholts drei
Kollegen mit den anderen Jugendlichen der Coolrider-Gruppe nicht nur über
Jonas, sondern auch ganz allgemein über ihre Ausbildung und die bisherigen
Erlebnisse unterhielten, sprach der Hauptkommissar mit Sara. Sie war ein
auffallend hübsches Mädchen mit einer blond gelockten Mähne und unzähligen Sommersprossen
und sah der Biologielehrerin Anke Schilling sehr ähnlich. Vom ersten Moment an
merkte Hackenholt, dass Sara sich Jonas gegenüber extrem loyal verhielt. Seine
Fragen beantwortete sie sehr einsilbig, als habe sie Angst, sich zu
verplappern. Erst allmählich gelang es dem Beamten, sie aus der Reserve zu
locken.
    »Sara, wir haben schon ein paar
Dinge über Jonas herausgefunden. Zum Beispiel, dass er noch immer gerne in den
Garten seines Großvaters geht. Ich persönlich finde das gut. Er kann sich dorthin
zurückziehen, wenn er ein bisschen Abstand von seiner Familie braucht. Aber
inzwischen ist er seit drei Tagen verschwunden und seine Eltern machen sich
furchtbare Sorgen«, versuchte er sie zu überzeugen, gesprächiger zu werden.
    Sie warf ihm einen schneidenden
Blick zu. »Was wissen Sie denn schon über Jonas’ Eltern! Für sie ist er doch
nur ein Vorzeigeobjekt, mit dem sie im Bekanntenkreis angeben können. Die
interessieren sich für nichts als für sich selbst. Glauben Sie, die würden mal
mit Jonas den Großvater besuchen gehen? Nee! Stattdessen versuchen sie den
Schrebergarten so schnell wie möglich loszuwerden, damit nur ja nicht ein Euro
mehr als nötig gezahlt werden muss. Könnte ja alles von ihrem Erbe abgehen. Der
Opa ist bloß deswegen in so einem tollen Heim gelandet, weil nur dort ein
Zimmer frei war und die Eltern so kurzfristig nichts anderes bekommen haben.
Ständig sind sie am Jammern über die Kosten, obwohl der Großvater alles von
seinem eigenen Ersparten bezahlt. Jonas findet das zum Kotzen.« Sara hatte sich
so in Rage geredet, dass Hackenholt sich in Schweigen hüllte und hoffte, sie
würde in ihrer Wut noch ein paar weitere Details preisgeben. »Deswegen gibt
Jonas auch so viel Nachhilfe. Er will sein eigenes Geld verdienen und nicht von
seinem Vater abhängig sein. Jonas spart und spart. Und im Herbst, wenn er
achtzehn ist, will er den Schrebergarten unter seinem Namen pachten und mit dem
Opa hinfahren, sobald er den Führerschein hat.« Abrupt brach sie ab. Ihr Ärger
darüber, so viel ausgeplaudert zu haben, war ihr anzusehen. »Aber eigentlich
geht Sie das alles gar nichts an«, fügte sie trotzig hinzu.
    »Sara, wir wollen Jonas helfen.
Aber das können wir nur, wenn wir wissen, wo er sich aufhält.«
    »Ach wo! Das ist doch nur so
eine blöde Gesprächsstrategie von Ihnen, damit ich erzähle, was ich weiß. Das
haben die uns bei der Coolrider-Ausbildung auch versucht beizubringen.
Allerdings hat man Sie bestimmt ein bisschen besser geschult. Hat ja auch
funktioniert: Ich habe Ihnen schon total viel erzählt, was ich gar nicht sagen
wollte.« Energisch reckte sie ihr Kinn vor und blitzte Hackenholt mit ihren
braunen Augen an. »Das ist nämlich auch wieder so ein Quatsch, wissen Sie? Die
ganze Zeit halten die Coolrider-Leute ihre blöden Treffen ab und sagen uns,
wenn was ist, können wir jederzeit unseren Betreuer anrufen. Aber wenn man dann
wirklich mal einen braucht, dann ist er garantiert nicht zu erreichen! Und nur,
weil wir noch nicht volljährig sind, nimmt uns keiner für voll.« Sie lachte
bitter über ihr Wortspiel,

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