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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Genesungsurlaubs in Patagonien aufgenommen. Ludovic wirkte viel stiller als sonst. Besorgt beschloss sie, ihn vorläufig nicht auf diese Veränderung anzusprechen.
    Der Mann fuhr langsam und mit heruntergekurbelten Fenstern. Er passte sich dem spärlicher werdenden Verkehr an. Der Wagen war viel zu alt für eine Klimaanlage. Die Luft stand in den Straßen. Sein schweißnasses Hemd klebte ihm am Körper. Es lag sowohl an der Hitze als auch an dem, was er getan hatte. Er rief sich die letzten in der Wohnung verbrachten Minuten ins Gedächtnis zurück. Eine Art Checkliste. Ehe er ging, hatte er überprüft, ob alles stimmte, und noch einmal nachgeschaut, ob die Fenster wirklich einen Spalt offen standen.
    Seine Müdigkeit brauchte er nicht vorzuschützen: Er war sowohl körperlich als auch psychisch völlig erschöpft. Seitdem diese Geschichte begonnen hatte, fragte er sich unablässig, ob er sie wirklich zu Ende bringen konnte. Sich monatelang zu kontrollieren! Doch dann entsann er sich der Worte seines Spiegels und wollte ihn nicht enttäuschen. Abgesehen davon wäre es zu gefährlich gewesen.
    Im Autoradio lief FIP, wie immer. Es war kurz vor halb zehn. Die Jazz-Sendung neigte sich dem Ende zu. Ungeduldig erwartete der Mann das weitere Programm. Vor allem liebte er die Stimmen der Moderatorinnen. Sie entführten ihn geradezu in den Himmel, und das nicht erst seit Kurzem. Manchmal träumte er, dass die Stimmen sich ausschließlich an ihn wandten. Vor einigen Jahren hatte er den Sender mehrmals angerufen und versucht, mit einer der jungen Frauen zu sprechen, doch man hatte ihn jedes Mal höflich abgewiesen. Er nahm sich fest vor, es gleich morgen erneut zu versuchen.

A USZUG AUS DEN T RAUM - UND T AGEBÜCHERN DES J.-P. B.
    1975
    Zum zehnten Geburtstag habe ich einen Hund bekommen. Er heißt Tom und ist dunkelbraun und klein. Mutter sagt, dass er mit mir zusammen wachsen würde. Ich habe weder Bruder noch Schwester und keinen Vater, mit denen ich meine Erlebnisse und Geschichten teilen könnte. Ich glaube, meiner Mutter ist es völlig egal, was ich mache. Sie mag es nicht, wenn ich sie nach meinem Vater frage. Sie mag es auch nicht, wenn ich wissen will, warum ich keine Geschwister habe. Sie zuckt immer nur die Schultern und sagt: »Du reichst mir schon. Noch einer wie du, und ich würde verzweifeln. Lass mich mit deinen Fragen in Ruhe.« Ich kenne die Antworten auswendig, denn es sind immer die gleichen. Manchmal schreit sie mich auch an.
    Wenn wir Pause haben, sehe ich meine Mutter auf einer Straßenbank hinter dem Schulgitter sitzen. Sie raucht und beobachtet mich, weil sie will, dass ich mit ihr rede. Ich kann nicht mit den anderen Kindern spielen. Sie bringt meinen Hund mit, denn so kann sie sicher sein, dass ich ans Gitter komme.
    Mutter erlaubt nicht, dass ich mit den Eltern meiner Klassenkameraden spreche. Sie sagt, dass sie nur versuchen, mir die Würmer aus der Nase zu ziehen. Ich weiß nicht, was das bedeutet. Ich schaue jeden Tag in den Spiegel, um nachzusehen, ob ich Würmer in der Nase habe.
    Ich schreibe gern. Niemand weiß, dass ich nach der Schule heimlich schreibe. Meine Mutter ganz bestimmt nicht. Es ist mein Geheimnis.
    Ich habe oft Bauchschmerzen. Mutter behauptet, dass ich mir zu viele Geschichten ausdenke. Sie erzählt mir nie welche.
    Ich habe schon öfter geträumt, dass ich ertrinke. Zu Anfang wachte ich immer auf, weil ich keine Luft mehr bekam. Aber jetzt habe ich keine Angst mehr, weil es mir vorkommt, als ginge ich auf die andere Seite. Ich kann das nicht erklären. Ich schreibe meine Träume gern auf, auch wenn es schwierig ist, zu erklären, wie es auf der anderen Seite ist. Ich spreche mit Leuten, die ich nicht kenne und die dann wieder verschwinden. Ein Kumpel hat mir gesagt, das wäre normal. In allen Träumen ist es gleich. Manchmal kann ich mich nicht erinnern, was ich geträumt habe. Ich versuche es zwar, aber es klappt nicht. Ich habe Mutter gefragt, warum das so ist, aber sie hat nur die Schultern gezuckt und gesagt: »Was scheren mich Träume? Schon für Erwachsene sind sie albern, also für Knirpse wie dich erst recht. Ist doch egal.«
    Wenn ich meine Träume nachlese, habe ich weniger Angst vor Albträumen. Eines Abends hat Mutter zu mir gesagt: »Als du klein warst, hast du nachts Angstzustände bekommen und laut geschrien. Ich konnte dich aber nicht wecken, und am Morgen wusstest du nichts mehr davon. Aber mit zunehmendem Alter wurde es besser. Du schreist zwar manchmal

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