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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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»Mordfälle C/X« – hier handelte es sich um die Aufzeichnung von Anrufen bei der Feuerwehr. Auf der dritten DVD befand sich die Aufnahme von einem Diktafon, das man nach der Ermordung einer gewissen Lora Dimitrova am Tatort gefunden hatte.
    In seinem beigefügten Schreiben, das liebe Grüße an sie enthielt, hatte Ludovic Mistral darauf hingewiesen, dass die DVD mit den Anrufen bei der Feuerwehr und die Aufzeichnung des Diktafons denselben Fall betrafen. Der Schlusssatz lautete: »Ich sollte Dich vielleicht darauf hinweisen, dass die Bandaufnahmen harter Tobak sind. Hals- und Beinbruch!« Maréchal musste angesichts der Worte unwillkürlich lächeln. Seine Schrift wird von Mal zu Mal schlimmer , dachte sie. Aber immerhin bleibt er dem Füllfederhalter treu .
    Sie begann mit den Anrufen beim Radiosender. Das geht wahrscheinlich schneller als eine Analyse für die Kripo , dachte sie.
    Im Anschreiben wurde darauf hingewiesen, dass der Sender innerhalb von elf Tagen zweiundfünfzig Anrufe von einem nicht identifizierten Mann erhalten hatte. Fast fünf pro Tag , rechnete Maréchal kurz nach. Nicht schlecht. Der Mann weiß, was er will .
    Sie legte die DVD ein, stellte die entsprechenden Geräte ein und setzte ihren Kopfhörer auf. Mit geschlossenen Augen lauschte sie der Stimme. Die Kurven auf den Monitoren oszillierten je nach Intonation. Nachdem sie sich etwa dreißig Anrufe angehört hatte, von denen keiner länger als zwanzig Sekunden dauerte, drückte sie die Pausentaste und hielt die ersten Erkenntnisse auf einem Block fest. »Anrufer ist männlich und spricht Französisch als Muttersprache; kein erkennbarer Akzent; relativ neutrale Aussprache. Alter zwischen dreißig und vierzig. Benutzt ein wenig abwechslungsreiches Vokabular; höhere Schulbildung ausgeschlossen. Wirkt besessen, leidend (woran?), möchte gern einzigartig sein, ist cholerisch, weiß es und versucht, sich zu kontrollieren.«
    Élisabeth Maréchal nahm den Kopfhörer ab, fuhr sich durch die Haare und las, was sie geschrieben hatte. Ihr Kommentar ging weit über die angeforderte Stimmenanalyse hinaus. Doch dank fünfzehn Jahren Berufserfahrung war es ihr möglich, viele Einzelheiten psychologisch zu deuten. Ihr Urteil jedoch teilte sie den Ermittlern nur inoffiziell mit.
    Élisabeth setzte die Kopfhörer wieder auf und widmete sich der zweiten Hälfte der Aufzeichnungen. »Der Unbekannte trinkt«, notierte sie. »Könnte Alkoholiker sein. Drei Anrufe in den Abendstunden. Trinkt möglicherweise, um sich Mut zu machen. Drückt sich manchmal auch morgens umständlich aus. Kater? Medikamente?« Am Schluss der DVD kam der Anruf, bei dem die Polizisten versucht hatten, dem Anrufer eine Falle zu stellen. Nach mehrmaligem Hören schrieb sie: »Vorsicht! Der Unbekannte ist klüger, als er zugibt. Ist immer auf der Hut und misstrauisch. (Warum?) Hat die Falle sofort gewittert.« Élisabeth Maréchal stoppte die Aufzeichnung, druckte das Stimmendiagramm aus, notierte ihre Beobachtungen und schloss mit der Feststellung, dass es keine Übereinstimmung der Stimme des Unbekannten mit den in der Datenbank registrierten Stimmen gab.
    Sie bereitete alles für die Analyse des nächsten anonymen Anrufers vor – einem Unbekannten, der bei der Feuerwehr anrief und dessen Fall von Mistral bearbeitet wurde. Ehe sie weitermachte, brühte sie sich eine Tasse Tee auf.
    Im Präsidium am Quai des Orfèvres stand Paul Dalmate leicht vornübergebeugt vor seinem Schreibtisch und starrte seit mehreren Minuten auf eine Seite der Anruferliste von Lora Dimitrova.
    Ludovic Mistral durchforstete für einen irritierten und ungeduldigen Bernard Balmes die Akten aus Pontoise und Paris in alle Richtungen.
    Ingrid Sainte-Rose und Roxane Félix bemühten sich nach Kräften, den flüchtigen Autofahrer zu finden.
    Sébastien Morin hatte das Stöhnen seiner Mitpatienten satt und verbrachte seine Tage und Nächte mit einem Kopfhörer auf den Ohren und seinem Laptop auf den Knien. Die Hitze war schier unerträglich. Die Haut unter seinem Gips juckte wie verrückt, und er konnte nichts dagegen tun. Sehnsüchtig zählte er die Tage, die er noch im Krankenhaus bleiben musste. Jeden Tag kam einer seiner Kollegen und erzählte von den Fortschritten in den drei Mordfällen. Morin ärgerte sich, dass er nicht dabei sein konnte, und wollte stets Genaueres wissen.
    José Farias und ein Team der Kripo bemühten sich, neuen Spuren zu folgen, um ein Motiv für die Mordserie zu finden, in deren Zentrum

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