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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Minuten standen sie vor der Wohnungstür von Élise Norman, die Éric Sartet Zentimeter für Zentimeter absuchte. Er benutzte eine forensische Lichtquelle, die Unmengen von Spuren sichtbar machte.
    »Das ganze Zeug hier ist nicht zu gebrauchen«, sagte Sartet und zeigte auf die Fingerabdrücke. »Aber es ist ganz normal. Solche sind auch auf deiner Tür.«
    Endlich richtete Sartet den Lichtstrahl auf einen Abdruck, den Farias erst nach einigen Sekunden erkannte.
    »Ist das der Abdruck eines Ohrs?«
    »Genau. Es sind sogar zwei, im Abstand von einigen Millimetern. Jetzt müssen wir nicht nur den Abdruck abnehmen, sondern auch die hinterlassenen DNA-Spuren.«
    Zwanzig Minuten später setzten die beiden Polizisten ihre Untersuchungen vor der Wohnungstür von Chantal Colomar fort. Sartet entdeckte einen weiteren Ohrabdruck, der allerdings durch einen zweiten teilweise verwischt worden war. Er maß die Höhe, in der sich die beiden Abdrücke befanden. Sie befanden sich fast auf dem gleichen Niveau wie die bei Élise Norman.
    »Leider können wir die Abdrücke nicht mit den anderen vergleichen. Allerdings wird uns die DNA verraten, ob es sich um den gleichen Lauscher handelt.«
    Auch die Abdrücke an der Wohnungstür von Lora Dimitrova waren fast vollständig verwischt.
    »Hier gilt dasselbe wie bei der Colomar«, sagte Sartet achselzuckend. »Ein Vergleich ist nicht mehr möglich, aber die DNA-Spuren können uns weiterhelfen. Bald werden wir wissen, ob es immer die gleiche Person war, die ihr Ohr an die Türen gelegt hat.«
    Wieder im Präsidium dankte Mistral Sartet für seine Bemühungen und rief umgehend im Labor an, um sicherzustellen, dass die entnommenen DNA-Proben bevorzugt behandelt wurden. Die Antwort des Laborchefs fiel süß-sauer aus. Mistral hütete sich allerdings, Balmes einzuweihen, weil der ihn sonst ständig mit Fragen bombardiert hätte.
    Calderone verbrachte den ganzen Tag mit Dalmate, der kein Wort über seinen Wochenendausflug nach Andreville im Département Seine-et-Marne verlor. Sie identifizierten einen guten Teil der Nummern in der Anruferliste der Dimitrova. Es handelte sich ausschließlich um Personen, die der Polizei nicht bekannt waren. Anschließend konzentrierten sie sich auf Odile Brial. Sie war die acht Jahre jüngere Schwester von Viviane Brial, deren Sohn in Pontoise im Gefängnis saß.
    Bei der Kripo beschloss man den Tag auf fröhliche Weise. Mistral ließ ein paar Flaschen Champagner springen, um die Festnahme des flüchtigen Fahrers angemessen zu feiern, der Morins Unfall verschuldet hatte.
    Als Mistral nach Hause fuhr, fühlte er sich entspannter als sonst, was mit Sicherheit auf den Champagner zurückzuführen war. Er öffnete alle Fenster seines Autos – nicht nur der Luftzirkulation wegen, sondern auch, um nicht am Steuer einzuschlafen. Er schloss den Kopfhörer seines Handys an und telefonierte mit Clara, bis er zu Hause angekommen war. Clara bemerkte, dass es ihrem Mann ein wenig besser zu gehen schien, sagte aber nichts dazu.
    Es war bereits dunkel. Olivier Émery parkte sein Auto einige Hundert Meter vom Haus entfernt. Er bewegte sich so ungezwungen wie ein Mann, der gerade Brot oder eine Zeitung geholt hat. Die Straßen waren voll. Obwohl die Hitze hier nicht ganz so drückend war wie in Paris, trieb es die Menschen in der Hoffnung auf einen frischen Luftzug nach draußen.
    In Küche und Wohnzimmer des kleinen Hauses brannte Licht. Alle Fenster standen offen. Die sechs oder sieben Meter lange Hecke vor dem Eingang wirkte trotz der Trockenheit gut gepflegt. Der Baum, an dem vor langer Zeit einmal eine Schaukel hing, war gefällt worden. Émery, der diese Bilder in sich aufnahm, zögerte mit einem Mal. Nicht, dass er Angst gehabt hätte. Doch er fragte sich, wozu die Maskerade gut war. Hastig wühlte er in den Taschen seiner Jeans nach einem Papiertaschentuch. Sollte er zur Unzeit Nasenbluten bekommen, wollte er es kontrollieren können. Beruhigt zündete er eine Zigarette an und lehnte sich an einen Laternenmast auf der anderen Straßenseite gegenüber dem Haus. Dutzende Insekten, die von dem gelblichen Licht angelockt wurden, klebten an der leuchtenden Kugel. Olivier Émery verjagte Mücken, die seinen Ohren zu nahe kamen.
    Die Tür wurde geöffnet, und eine Frau erschien auf der Schwelle.
    »Warum kommst du nicht ins Haus, Jean-Pierre? Es ist Zeit für das Abendbrot.«
    »Ich wollte nur meine Zigarette zu Ende rauchen, Mama. Bin schon unterwegs.«

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    D IENSTAG , 19. A

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