Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
hatte, bat er Calderone in sein Büro. Er erklärte, was bei der Stimmenanalyse herausgekommen war. Verblüfft musterte Calderone abwechselnd die junge Frau und Mistral.
Gemeinsam hörten sie sich zunächst die gefilterte Passage an, in der die Dimitrova von der Uniform sprach, und anschließend den Satz, den laut Maréchal der Mörder während der Untersuchungen am Tatort gesprochen hatte.
Ebenso wie Mistral schüttelte auch Calderone den Kopf.
»Die Stimme sagt mir überhaupt nichts.«
»Mir auch nicht«, meinte Mistral enttäuscht. »Da die Dimitrova allerdings von einer Uniform sprach, müssen wir uns fragen, wer in der Wohnung anwesend war und eine Uniform trug.«
»Die Feuerwehrleute und die Streifenpolizisten aus dem Viertel«, antwortete Calderone.
»Richtig«, stimmte Mistral zu. »Élisabeth, könntest du uns eine Kopie dieser Aufzeichnung überlassen? Natürlich inoffiziell!«
Die junge Frau lächelte. »Ich habe erwartet, dass du mich darum bitten würdest, und daher zwei Kopien von allen Mitschnitten gemacht. Einschließlich derjenigen von FIP und aller Analysen.«
»Ihnen ist klar, was Sie jetzt zu tun haben«, wandte sich Mistral an Calderone.
»Als Erstes werden sich Dalmate und sein Team mit der Aufzeichnung beschäftigen. Anschließend stellen wir fest, welche Feuerwehrleute und uniformierte Streifenpolizisten anwesend waren. Das dürfte relativ einfach sein, weil in allen drei Fällen die gleichen Leute dabei waren, denn ...«
Calderone brach ab und musterte Mistral, der offenbar angestrengt nachdachte.
»Was habe ich gerade gesagt?«
»Sie sagten, es wäre nicht schwer, die Leute zu identifizieren.«
»Ach ja, natürlich.«
»Entschuldigen Sie, Vincent, aber meine Gedanken überstürzen sich gerade. Ich bin fast sicher, dass der Täter die Frauen ganz bewusst innerhalb dieser einen Woche ermordet hat, um bei jeder Ermittlung in der Wohnung anwesend sein zu können.«
»Durchaus möglich. Zumal er wissen musste, dass von allen Anwesenden DNA-Tests und Fingerabdrücke abgenommen werden. Wenn sich also seine Fingerabdrücke am Tatort befanden, wurden sie automatisch nicht weiterverfolgt.«
»Ganz genau. Die infrage kommende Woche entspricht im Großen und Ganzen dem Bereitschaftsdienst der verschiedenen Dienststellen. Das hat mir übrigens sowohl der Feuerwehrhauptmann als auch der Chef der Streifenpolizisten bestätigt.«
»Und ich werde mich umgehend mit der Polizei in Pontoise in Verbindung setzen.«
Élisabeth Maréchal verfolgte aufmerksam den Wortwechsel der beiden Kommissare.
»Ich halte es für kaum durchführbar, Polizisten und Feuerwehrleute vorzuladen, ohne die jeweilige Führungsetage eingehend zu informieren. Wir begeben uns da auf äußerst dünnes Eis, vor allem, wenn wir ihnen sagen, warum sie vorgeladen werden.«
»Ganz sicher. Außerdem müssen wir jemanden finden, der sich nicht gern im Spiegel sieht«, fügte Calderone hinzu.
»Und der höchstens Mitte bis Ende dreißig ist, Alkohol oder Medikamente zu sich nimmt und Élisabeth zufolge sowohl intelligent als auch zu allem entschlossen ist«, ergänzte Mistral.
»Auf den ersten Blick schränkt das die Zahl der möglichen Kandidaten auf höchstens acht oder neun ein.«
Mistral nickte und wandte sich wieder an Élisabeth Maréchal.
»Dann werden wir uns also in den nächsten Tagen mit den Feuerwehrleuten und den Polizisten befassen. Die Staatsanwältin brauchen wir nicht zu überprüfen, weil sie eine Frau ist. Und dass wir uns dabei auf dünnem Eis bewegen, brauche ich eigentlich nicht zu wiederholen. Wie muss ich vorgehen, um einen Stimmenvergleich durchzuführen?«
»Ganz einfach. Du rufst mich an, und ich komme mit dem notwendigen Material.«
»Wenn du Hilfe brauchst, kann dich einer meiner Jungs am Bahnhof abholen. So, meine Liebe, es ist gleich halb zwei. Was würdest du gern essen? Ich kann dir französische, spanische, italienische, chinesische und japanische Küche anbieten.«
»Ist mir völlig egal. Hauptsache, das Restaurant besitzt eine Klimaanlage.«
26
A M GLEICHEN T AG
Roxane Félix und Ingrid Sainte-Rose fuhren auf einer schmalen Landstraße hinter dem dunkelblauen Dienstfahrzeug der Gendarmerie her. Sie hatten den Auftrag, in den Häusern der drei im Département Oise ermordeten Frauen zu überprüfen, ob Spiegel bedeckt worden waren. Den Gendarmen erschien diese Idee ein wenig seltsam, auch wenn sie es gegenüber den beiden Frauen von der Pariser Kriminalpolizei nicht äußerten.
Im
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