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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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– angeblich hat er mit seinen Narben zum Fürchten ausgesehen und war mager und sehr aggressiv geworden. Gleichaltrige gingen ihm aus dem Weg. Und eines schönen Tages ist er verschwunden. So weit der Lehrer.«
    »Das ist ja unglaublich interessant. Wir müssen auf jeden Fall in dieses Dorf, schon um uns den Bericht von den anderen Zeugen bestätigen zu lassen. Und für eine Befragung von Odile Brial haben wir jetzt genügend Material in der Hand. Abgesehen davon dürfte es interessant werden, in unserem Fall nach einem Kerl mit Narben im Gesicht zu suchen.«
    »Ich habe Farias auf die Spur dieses François Brial gesetzt.«
    »Sehr gut. Und am Montag reden wir ein paar Takte mit Odile Brial. Morgen brauchen wir erst gar nicht zu fahren, weil wir sie nicht übers Wochenende in Gewahrsam nehmen können und nichts aus ihr herausbekommen würden. Außerdem müssen wir sicher sein, dass sie zu Hause ist.«
    Dalmate kratzte sich umständlich am Hals, ehe er das Wort ergriff.
    »Sie ist zu Hause. Zumindest war sie es am vergangenen Wochenende.«
    Mistral und Calderone starrten ihn verblüfft an. Wie von Calderone befürchtet explodierte Mistral sofort.
    »Woher haben Sie diese Information?«
    »Ich war am vergangenen Wochenende dort.«
    Mistral sprang bleich vor Zorn auf die Füße und baute sich vor Dalmate auf.
    »Und das sagen Sie uns erst heute? Wo bleibt Ihr Verantwortungsgefühl? Und was war Ihre Absicht? Dass ich Sie aus dem Polizeidienst werfen lasse? So etwas habe ich noch nie erlebt! Ich will eine Antwort, und zwar schnell!«
    Dalmate, der immer noch saß und seltsam ruhig wirkte, ließ einige Sekunden verstreichen, ehe er antwortete.
    »Ja, also ... ich wollte sichergehen, dass sie zu Hause ist, falls wir mit ihr reden müssten.«
    »Das ist doch völliger Quatsch. Aber da wir gerade dabei sind – wieso hat die Dimitrova Sie fünfmal auf Ihrem Handy angerufen? Ich könnte mir mit Fug und Recht Gedanken über Ihre Verwicklung in diese Mordfälle machen. Falls es Ihnen entfallen sein sollte: Sie sind mit der Aufklärung des Mordes an der Frau betraut. Ich höre!«
    Calderones Blick glitt von Mistral, der zitternd vor Wut seine Beschuldigungen ausstieß, zu Dalmate, der sich in seinen Sessel kauerte und offenbar nach Worten rang.
    »Ich habe Lora Dimitrova vor zwei Jahren mehr oder weniger zufällig anlässlich einer Reportage beim Geheimdienst kennengelernt«, sagte er schließlich. »Sie hatte sich im Stockwerk geirrt, und weil man Zugangsausweise für die Türen braucht, habe ich sie in das Büro begleitet, wo sie ihren Termin hatte. Sie gab mir ihre Karte, und da sah ich, dass sie einen bulgarischen Namen trug.«
    Mistral stand unbeweglich vor Dalmate, der mit monotoner Stimme fortfuhr:
    »Ich kenne Bulgarien. Während meiner Zeit im Priesterseminar war ich anlässlich eines ökumenischen Austauschs mit der orthodoxen Kirche in Sofia. Die Dimitrova interessierte sich für meine eher untypische Laufbahn vom angehenden Priester zum Polizisten beim Nachrichtendienst. Der Wechsel amüsierte sie.«
    Calderone verließ das Büro und kehrte mit drei Bechern Kaffee zurück. Die kurze Verschnaufpause wirkte beruhigend. Mistral hatte sich ein wenig beruhigt.
    »Wir haben uns dann außerhalb des Büros wieder getroffen. Zunächst tranken wir nur zusammen Kaffee und unterhielten uns, doch dann stellten wir fest, dass wir ungeheuer viel gemeinsam hatten. Unsere Treffen wurden immer länger, und wir fühlten uns sehr wohl dabei.«
    Mistral trank seinen Kaffee in kleinen Schlucken und ließ einen nachdenklichen Blick auf Dalmate ruhen. Calderone sah, dass Mistrals Wut verraucht und einer gewissen Verwunderung gewichen war.
    »Später gingen wir zwei bis drei Mal in der Woche miteinander essen. Ich erwartete diese Abende mit zunehmender Ungeduld. Irgendwann wurde mir klar, dass es tiefere Gefühle zwischen uns gab, die ich jedoch nicht zulassen durfte. Ich schützte Arbeit vor, um weiteren Treffen aus dem Weg zu gehen, und bat um die Versetzung in eine andere Abteilung. Vier Monate später kam ich zu Ihnen. Sie hat mich noch mehrmals auf meinem Handy angerufen, aber ich habe nie mehr reagiert.«
    Das nun folgende Schweigen wurde weder von Mistral noch von Calderone unterbrochen.
    »Als ich am Montag schließlich erfuhr, dass sie ermordet worden war, fiel es mir ungeheuer schwer, das zu begreifen. Ich konnte es einfach nicht fassen. Es war schrecklich, die Tatortfotos zu sehen. Je mehr Zeit verstrich, desto mehr verließ mich

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