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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sommerliche Temperaturen. Die Gegend rings um die Place Saint-Michel war jetzt, da sich die Ferien dem Ende zuneigten, schwarz von Menschen. Lärmende Touristen bevölkerten die Bateaux-Mouches, die langsam auf der Seine entlangtuckerten und in verschiedenen Sprachen auf die Sehenswürdigkeiten an den Ufern hinwiesen. Der Kontrast zum Quai des Orfèvres, der nur dreihundert Meter entfernt lag, hätte größer kaum sein können.
    Die Projektoren der Bateaux-Mouches erleuchteten die Seine-Ufer. Touristen standen auf den Decks und fotografierten den durch Georges Simenon berühmt gewordenen Quai des Orfèvres. Im Innern des Präsidiums rangen zwei Frauen darum, nicht von der Last eines sechsfachen Mordes zermalmt zu werden.
    Als Mistral einmal kurz sein Büro verließ, sah er auf den Besucherstühlen im Eingangsbereich jemanden sitzen. Es war Jacques Thévenot, der seine Aktentasche auf den Knien hielt.
    »Man hat mir gesagt, dass ich hier auf Sie warten könne.«

36
    I N DER GLEICHEN N ACHT
    23.00 Uhr. Mistral und Calderone saßen mit Jacques Thévenot am Konferenztisch. Vor dem Psychiater lagen die kopierten Seiten aus den Fotoalben, von denen einige mit Post-its in unterschiedlichen Farben markiert waren. Die beiden Polizisten betrachteten sie konzentriert. Ehe Jacques Thévenot jedoch mit seinen Erklärungen begann, holte er eine noch nicht angebrochene Flasche Porto aus der Tasche.
    »Das ist mein Lieblingsportwein. Ich glaube, Ludovic, Sie haben ihn bei mir schon einmal probiert. Gläser habe ich nicht mitgebracht; ich dachte, Sie hätten hier alles, was man so braucht.«
    Die Kriminalbeamten schmunzelten.
    »In dieser Geschichte hier geht es immer wieder um Spiegel. Und ich glaube, dass ich in einem Spiegel die Antwort gefunden habe. Ich möchte Sie bitten, sich aufmerksam diese Fotos zu betrachten, die ich mit Gelb markiert habe.«
    Mistral und Calderone nahmen die Fotos, die der Psychiater ihnen reichte, und betrachteten sie eingehend. Alle drei Männer schwiegen.
    Es dauerte einige Minuten, ehe die beiden Polizisten den Psychiater stirnrunzelnd ansahen.
    »Und?«, fragte Thévenot.
    »Also, auf den ersten Blick fällt es nicht besonders auf«, begann Calderone. »Auf einem Bild sitzt François mit einem Stift und einem Heft an einem Tisch. Er hält den Stift in der rechten Hand. Das Foto auf der nächsten Seite ist zwar identisch, aber hier hält er den Stift in der Linken.«
    Jacques Thévenot war begeistert.
    »Nicht schlecht! Und Sie, Mistral?«
    »Es ist ähnlich wie bei der Bilderfehlersuche in manchen Zeitschriften. Der Stift ist mir auch aufgefallen, aber ich glaube nicht, dass Sie darauf hinauswollen.«
    »Haben Sie einen Spiegel hier?«, fragte der Psychiater.
    »In den Toiletten«, antwortete Calderone.
    »Gehen wir hin.«
    Thévenot nahm die Fotos, und die drei Männer begaben sich zur Toilette.
    Im Waschraum hielt Thévenot eine der Albumseiten vor den Spiegel.
    »Was sehen Sie?«
    »Das Gleiche. Nur umgekehrt«, antwortete Mistral lächelnd.
    »Perfekt! Soeben haben Sie Ihren Fall gelöst. Wir können jetzt wieder in Ihr Büro zurückgehen.«
    Weder Mistral noch Calderone hatten wirklich begriffen, worauf der Psychiater hinauswollte.
    Thévenot legte die Fotokopien vor sich auf den Tisch.
    »Sie sehen hier eines der großen genetischen Geheimnisse, die nur extrem selten vorkommen. Bei den Jungen auf den Bildern handelt es sich um Spiegelzwillinge.«
    Er tippte mit seinem Stift auf die Fotos.
    »Der eine ist Rechtshänder, der andere Linkshänder. Der eine trägt den Scheitel rechts, der andere links. Der eine hat ein winziges Muttermal unter dem rechten Nasenflügel, der andere unter dem linken. Es handelt sich um ein einziges Individuum in zwei Exemplaren. Wenn Sie sich im Spiegel betrachten, Ludovic, sehen Sie sich seitenverkehrt, so wie jeder andere Mensch auch. Ein Mensch, ein Bild. Aber in diesem Fall hier« – Thévenot klopfte auf das Album – »ist es nicht so. Ein Bild, aber zwei Menschen. Sie sind nicht nur eineiige Zwillinge, sondern obendrein ist einer das Spiegelbild des anderen.«
    Mistral und Calderone bemühten sich, die Entdeckung des Psychiaters in Zusammenhang mit ihren bisherigen Ermittlungen zu bringen.
    »Wenn sie einander gegenübersitzen, ist es also, als betrachteten sie sich in einem Spiegel.«
    »Ganz genau! Schwindelerregend, nicht wahr?«
    »Und sie haben das gleiche Erbgut?«
    »Absolut identisch, bis auf die Fingerabdrücke.«
    Mistral nickte langsam und dachte an

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