Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
Vom Netzwerk:
die am Abend einen Mann beim Verlassen des Hauses beobachtet hatten, auf den die Beschreibung von Émery passte. Die beiden Mädchen kicherten ständig nervös und fummelten an ihren Handys herum. Sie hatten nicht gesehen, dass der Mann mit dem malträtierten Gesicht zurückgekommen wäre. Seit zwei Tagen kam er jeden Abend an dem Grüppchen vorbei, wenn er das Haus verließ. Ihre Kumpel fanden sein Benehmen unverschämt, weil er nie die Augen senkte und sie ungeniert musterte. Nachdem die beiden jungen Mädchen gegangen waren, verfolgte Calderone über Funk den langsamen Abstieg des Einsatzteams durch die Stockwerke. Die Männer notierten die Lage der Wohnungen ohne Namensschild, um später zurückzukommen und die Bewohner zu identifizieren.
    Drei junge Männer von etwa zwanzig Jahren verabschiedeten sich lautstark von den Insassen eines Autos, das sie vor der Haustür abgesetzt hatte. Auf dem Weg zum Eingang sahen sie drei Polizisten auf sich zukommen. Die untere Gesichtshälfte eines der jungen Männer war mit Pflastern bedeckt.
    Calderone präsentierte seinen Dienstausweis, was eigentlich nicht nötig war. Die jungen Männer hatten ihn längst als Polizisten erkannt. Calderone zeigte ihnen das Phantombild. Die drei wechselten einen raschen Blick.
    »Klar, den Kerl kennen wir.«
    »Wohnt er hier?«
    »Vermutlich schon. Aber erst seit ein paar Tagen. Wir haben ihn zweimal gesehen.«
    »In welchem Stockwerk lebt er?«
    »Keine Ahnung. Aber der Kerl ist gefährlich. Heute Abend hat er meinen Kumpel angegriffen. Wir waren gerade ganz gemütlich unterwegs und haben Radio gehört, als die Sau meinen Kumpel anrempelte. Wir haben eine Entschuldigung verlangt, weil das keine Art ist, und da zückt der Kerl doch glatt sein Rasiermesser – so schnell, dass wir gar nicht wussten, wie uns geschah – und schlitzt meinem Kumpel das Gesicht auf. Wir kommen gerade aus dem Krankenhaus zurück. Sein Kinn musste mit fünfzehn Stichen genäht werden. So viel dazu.«
    »Wenn sich die Sache wirklich so abgespielt hat, sollten Sie den Mann unbedingt anzeigen.«
    Die drei jungen Männer zögerten und vermieden es, einander anzusehen.
    »Ja natürlich. Das hatten wir auch vor. Aber so eilig ist die Sache nun wieder nicht. Morgen ist auch noch ein Tag. Wir brauchen jetzt erst einmal eine Mütze Schlaf. Warum suchen Sie ihn?«
    »Wir wollen ihm ein paar Fragen stellen. Haben Sie einen Ausweis bei sich? Sie werden Ihre Aussage zu Protokoll geben müssen.«
    Zögernd zückten die jungen Männer ihre Ausweise. Calderone notierte die Daten in sein Heft. Die drei Jugendlichen verschwanden im Hochhaus. Das Einsatzteam im Treppenhaus meldete über Funk, dass es mit der fünfundzwanzigste Etage fertig war.
    1.30 Uhr. Da sie nicht wussten, ob Olivier Émery bereits in seine Wohnung zurückgekehrt war, entfernten sich die drei Kommissare etwa dreißig Meter vom Haupteingang und verbargen sich hinter einem Lieferwagen. Durch die Seitenfenster konnten sie verfolgen, ob jemand das Haus betrat oder verließ, was angesichts der vorgerückten Stunde selten vorkam. Calderone verfolgte den Funkverkehr im Hochhaus über Kopfhörer.
    Olivier Émery beobachtete seit einigen Minuten den Eingang des Hochhauses. Alles schien ruhig zu sein. Mehrfach rieb er sich Nacken und Augen. Der Faustschlag hatte zwar keinen Anfall ausgelöst, doch der Schmerz war geblieben. Er atmete einige Male tief durch und löste sich aus dem Winkel, in dem er sich verborgen hatte. Im Laufschritt überquerte er die Straße. Die Eingangstür war nur noch zwanzig Meter entfernt. Immer noch blieb alles ruhig. Er rannte weiter. Nun waren es nur noch zehn Meter. In dem Augenblick, als er das Haus betreten wollte, blieb er abrupt stehen. Er durfte keinesfalls gerade jetzt in die Falle tappen. Der Eingangsbereich wurde nur von wenigen intakten Lampen beleuchtet und lag fast im Finstern. Émery spähte ins Haus. Drinnen war niemand zu sehen.
    Vorsichtig drehte er sich ein letztes Mal um. Im Schein der Straßenlaterne sahen die Polizisten sein Gesicht und erkannten ihn sofort. Olivier Émery betrat das Haus. Sobald er außer Sichtweite war, rannten Mistral, Calderone und Dalmate hinter ihm her. Émery hatte nichts bemerkt. In der Eingangshalle stellte Calderone fest, dass alle sechs Aufzüge im Erdgeschoss waren. Hastig drückte er sämtliche Knöpfe. Die Schiebetüren öffneten sich geräuschvoll. Doch die Aufzüge waren leer.
    Mistral und Dalmate öffneten vorsichtig die Tür zur Nottreppe und

Weitere Kostenlose Bücher