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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Ganz im Gegenteil.«
    Und wieder einmal vertieften sich die beiden Kommissare in die beiden Fotoalben.
    Paul Dalmate sah, dass Odile Brial sich langsam beruhigte. Ihre Wut wich einer tiefen Niedergeschlagenheit. Die alte Frau sank auf ihrem Stuhl in sich zusammen und weinte still vor sich hin. Sie schniefte. Paul Dalmate hielt ihr ein Päckchen Taschentücher hin. Odile Brial streifte ihn mit einem hasserfüllten Blick und begann mit abgehackter Stimme zu sprechen.
    »Du hast versucht, mich zu verarschen, Herr Pfarrer. Das ist nicht nett. Eigentlich bist du eher ein Teufel. Ja, das ist es: ein Teufel!«
    »Hat Ihr Sohn Ihnen gesagt, dass man mich den Seminaristen nennt? Als er mit seinem dunkelfarbigen Auto bei Ihnen war?«
    »Gib dir keine Mühe mit deinen Fragen, Satan. Ich sage gar nichts mehr.«
    »Das ist nicht weiter schlimm. Ich werde Ihnen stattdessen eine Geschichte erzählen. Die Geschichte von der DNA. Und dann die, was man alles über ein Handy in Erfahrung bringen kann. Sie werden sehen, das ist wirklich interessant. Und wenn ich damit fertig bin, werde ich an Ihrer Stelle reden. Dann erzähle ich Ihnen die Geschichte von Thomas.«
    Dalmate konnte Odile Brial ansehen, dass die Frau ihn für völlig übergeschnappt hielt.
    Dalmate sprach ruhig und ohne die Stimme zu erheben, wie es die Geschichtenerzähler früher am Kamin machten. Er wandte seinem Computer den Rücken zu, bot Odile Brial ein Glas Wasser an, lehnte sich zurück und begann geduldig mit seiner Geschichte.
    Als Ingrid Sainte-Rose, die bei dem Verhör zugegen war, später Sébastien Morin darüber berichtete, sagte sie: »Ich dachte zunächst, Paul wäre verrückt geworden. Er tat, als hätte er völlig vergessen, dass er sich mit einer Frau in Polizeigewahrsam in einem Büro der Kripo befand. Je länger er jedoch redete, desto mehr veränderte sich Odile Brials Gesicht. Es war wirklich beeindruckend.«
    Gérard Galtier saß mit verschränkten Armen auf einer Tischkante und wartete, dass Viviane Brial sich wieder unter Kontrolle bekam.
    »Hier haben wir die klassische Haltung einer Person, die keine andere Möglichkeit mehr sieht, als zu schreien«, sagte er in bewusst vertraulichem Tonfall zu José Farias. »So verhält man sich nur, wenn man nicht mehr weiterweiß.«
    Viviane Brial reagierte sofort.
    »Aber ich habe Ihnen nichts zu sagen. Absolut nichts. Das sage ich auch dem Untersuchungsrichter. Die Konsequenzen sind mir völlig gleich. Aber dass Sie meine Schwester festhalten, ist einfach nur gemein. Hundsgemein!«
    Galtier setzte sich an seinen Computer und las das, was er eintippte, für Viviane Brial laut vor.
    »Ich möchte Sie über die Resultate der DNA-Analysen in Kenntnis setzen, die anlässlich dreier Mordfälle in Paris sichergestellt wurden.«
    »Geben Sie sich keine Mühe mit diesem wissenschaftlichen Humbug – ich höre Ihnen nicht einmal zu.«
    José Farias sollte später bei einem Besuch bei Sébastien Morin Folgendes berichten:
    »Es lief nicht gut. Galtier hat ihr großes Kino geboten, mit den sechs Morden, der identischen DNA und Gott weiß was noch. Innerhalb einer Stunde hatte er Viviane Brial so weit, dass sie weinte. Nicht aus Wut, sondern aus Traurigkeit. Das hört sich ganz anders an. Daraufhin schwieg Galtier und bot Viviane Brial großzügig ein Glas Wasser an, worauf sie zum ersten Mal in sechsunddreißig Stunden Danke sagte. Während Brial ihr Gesicht in den Händen verbarg, drehte sich Galtier zu mir um und zwinkerte mir zu. Aber eins darfst du mir glauben, Kumpel – er hatte sich zu früh gefreut.«
    20.30 Uhr. Ludovic sprach lange mit seiner Mutter, die sehr beglückt darüber war, dass er ihren Geburtstag nicht vergessen hatte. Schon am Morgen hatte er über das Internet Blumen bestellt und liefern lassen. Tief bewegt beschrieb sie ihm den Strauß. Im Anschluss hatte er eine lange Diskussion mit seinen Söhnen, die am Samstag heimkommen sollten. Das Ende der Ferienzeit nahte mit Riesenschritten.
    Ein weiterer Anruf galt Clara. Er wollte sie beruhigen und ihr mitteilen, dass er nicht mit ihr zu Abend essen könne. Mistral vermutete, dass die kommende Nacht eine Entscheidung bringen würde. Clara verzichtete darauf, ihn zu bitten, vorsichtig zu sein.
    22.30 Uhr. Innerhalb von zwanzig Minuten verdrückten Mistral und Calderone zwei Sandwichs, zwei Bier und zwei doppelte Espressi ohne Zucker, die sie aus einem Café gegenüber hatten kommen lassen. Die Hitzewelle war vorüber, nun herrschten wieder normale

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