Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
einer Woche statt. Wegen genauerer Informationen muss ich gleich zur Zentraldirektion.«
»Wer hat die Ermittlungen geleitet?«, fragte Mistral.
»Ein Ermittlerteam aus Pontoise. Die Morde fanden in einer ländlichen Region statt, deswegen war die Gendarmerie involviert.«
»Lassen Sie sich die Namen und Telefonnummern geben. Sobald Sie von der Zentraldirektion zurück sind, rufen Sie die Leute an.«
»Was hat das zu bedeuten?«
Dalmate blickte von Mistral zu Calderone.
»Solange wir nicht wissen, was genau in den Berichten der Gendarmen steht, können wir keine Rückschlüsse ziehen«, erklärte Calderone. »Möglicherweise hat irgendwer etwas in der Presse oder im Internet gelesen und sich ein Vergnügen daraus gemacht, die Morde zu kopieren. Aber vielleicht ähneln sich die Fälle auch nur zu Beginn, und dann zeigen sich Unterschiede.«
Mistral nickte.
»Richtig ist, dass man mit solchen Informationen vorsichtig umgehen muss. Wirklich interessant wird es erst, wenn man die Gerichtsakten liest. Wie ist der Typ festgenommen worden? Was für ein Mensch ist er? Wie verliefen die Verhöre? Passt es zu unserem Fall? Und so weiter. Okay. Was haben wir noch?«
»Von dem Notar, bei dem Élise Norman gearbeitet hat, haben wir nur ihre Handynummer bekommen«, berichtete Sébastien. »Die GPS-Überprüfung hat nichts ergeben. Die letzte Ortung war in der Nähe ihrer Wohnung. Seither nichts mehr, als wäre sie vom Erdboden verschluckt. Jetzt warten wir auf die Anrufliste, um die Kontakte zu überprüfen. Abgesehen davon war sie die ideale Angestellte: pünktlich, diskret und seriös. Sie war die Triebfeder der Kanzlei. Unauffälliges Privatleben, Ferien mit der Familie, ab und zu ein Abend in der Oper. Keine persönlichen Feinde. Das alles bringt uns nicht weiter.«
»Schon möglich. Trotzdem hat der Mörder sie aus irgendeinem Grund ausgewählt. Also muss es etwas geben, wovon wir nichts wissen. Etwas, das den Kerl an dieser offensichtlich so unscheinbaren Frau interessiert hat. In ihrem Hals steckten Spiegelscherben, und ihre Hände waren mit Klebeband gefesselt. Das heißt, dass der Mörder zu ihr nach Hause gegangen ist und seine Utensilien mitgebracht hat. Wir haben es also mit einem methodisch vorbereiteten Verbrechen zu tun, nicht mit einem Zufallstäter. Wurde die Familie benachrichtigt?«
»Ja, ihre Eltern und ihr Bruder«, bestätigte Dalmate. »Sie kommen heute Nachmittag. Farias und Morin werden mit ihnen sprechen.«
Nachdem Dalmate und ein Teil seiner Gruppe gegangen waren, setzten Mistral und Calderone das Gespräch fort.
»Heute Nachmittag rufe ich im Labor an und versuche, ein bisschen Druck zu machen. Vielleicht wurden ja DNA oder verwertbare Fingerabdrücke gefunden.«
»Ich will Ihnen nicht den Tag verderben, Ludovic, aber meine Jungs drängen mich wegen der Beurteilungen. Natürlich das ist weniger spannend als die Ermittlungen, aber leider können nur Sie diese Aufgabe erledigen.«
Calderone, der genau wusste, dass Mistral den administrativen Aufgaben wenig Begeisterung entgegenbrachte, lächelte seinen Vorgesetzten an.
»Schon verstanden, Vincent. Sobald mir ein wenig Zeit bleibt, mache ich damit weiter. Aber vorher möchte ich schon wissen, wohin uns der Fall Norman führt. Lassen Sie uns noch einmal die Aufzeichnung der Stimme des mutmaßlichen Mörders anhören.«
Erneut ließen die Kriminalbeamten die CD abspielen.
»Guten Tag. Ich möchte Ihnen mitteilen, dass eine gute Bekannte von mir, Madame Élise Norman, nicht mehr auf Anrufe reagiert. Als ich bei ihrer Arbeitsstelle anrief, teilte man mir mit, sie fehle seit zwei Tagen, habe sich jedoch nicht gemeldet. Ich mache mir Sorgen, denn normalerweise sollte sie zu Hause sein. Ihre Adresse ist Rue Madame 108.«
Danach hatte der Anrufer sofort aufgelegt und seinem Ansprechpartner keine Zeit gelassen, die üblichen Fragen zu stellen.
Calderone spielte die Aufzeichnung mehrmals ab.
»Die Stimme klingt irgendwie verstellt, aber nicht so, als ob der Mann Angst hätte.«
»Vielleicht hat er sich etwas vor den Mund gehalten. Außerdem stört mich, dass es ganz und gar nicht nach einem Hilferuf klingt. Der Kerl zögert kein einziges Mal. Die Nachricht klingt, als läse er sie ab oder habe sie auswendig gelernt. Und Sie haben recht: Man hat keinesfalls den Eindruck, als ob er beunruhigt wäre.«
»Genau. Es hört sich an, als wüsste er, dass die Frau tot ist, und wollte der Feuerwehr nur einen Hinweis geben. Eher eine Information als ein
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