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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Hilferuf.«
    »Gut möglich. Der Kerl hat von einer Telefonzelle am Bahnhof Montparnasse angerufen. Interessant wäre es, alle Nummern vor und nach diesem Anruf zu ermitteln, und zwar im Zeitraum von vierundzwanzig Stunden.«
    Mistral wandte sich an Farias.
    »José, sie fahren mit dem nächsten TGV nach Lyon und bringen die Aufzeichnung zur genauen Untersuchung ins sprachtechnische Labor im Technikzentrum der Polizei. Die haben da alle Möglichkeiten, einen gut vertuschten Dialekt oder eine Stimmenverstellung herauszufinden.«
    »An wen soll ich mich wenden?«
    »An die Leiterin Élisabeth Maréchal. Sie ist jung und sehr kompetent. Falls Sie nicht in Urlaub gefahren ist, grüßen Sie sie herzlich von mir.«
    Nachdem alle Denkmodelle im Fall Norman ausgereizt waren, widmete sich Mistral den Beurteilungsgesprächen. Es gehörte zu den Privilegien seiner leitenden Funktion, sich Zeit für seine Leute nehmen zu können, um festzustellen, ob es irgendwo Probleme gab. Am Ende des Nachmittags zeigte er sich sehr zufrieden mit den Gesprächen und der Offenheit, mit der sie geführt worden waren.
    Anschließend widmete er sich wieder dem Fall Norman. Er rief das Labor an und fragte nach den DNA-Analysen. »Die können wir Ihnen erst in einigen Tagen liefern«, war die Antwort. »Wir hängen ohnehin schon hinterher. Wir haben viel zu viel zu tun, es ist August, die Hitzewelle hat uns voll im Griff, und die Hälfte unserer Angestellten ist in Urlaub.« Schlecht gelaunt legte Mistral auf.
    Das Team von Dalmate hatte am Ende des ersten Ermittlungstags kein greifbares Ergebnis vorzuweisen. Ingrid Sainte-Rose hingegen war bei der Zentraldirektion gewesen, hatte ihren Bericht zusammengestellt und sonnte sich in der allgemeinen Erwartung. Ehe sie zu sprechen begann, leerte sie genüsslich ein großes Glas Wasser.
    »Im September vergangenen Jahres wurden drei junge Frauen ermordet und vergewaltigt. Man hat sie zusammengeschlagen, erwürgt und anschließend Spiegelscherben in Mund und Hals gesteckt. Alle drei wurden nackt aufgefunden, alle drei hatten ein Handtuch über dem Gesicht und die Hände mit Kordel hinter dem Rücken gefesselt. Außerdem hatten alle drei ein Blatt Papier mit Auszügen aus den Briefen von Seneca auf dem Bauch, in denen die Rede von Todesfurcht und Gladiatorenkämpfen ist. Die Verbrechen geschahen in drei kleinen Dörfern im Département Oise, nicht weit entfernt von Creil. Alle drei Morde fanden innerhalb einer Woche im Abstand von je zwei Tagen statt. An sämtlichen Tatorten fand man den gleichen genetischen Fingerabdruck, einmal eine winzige Blutspur, ansonsten Kontaktspuren. Alle Frauen wurden vergewaltigt, doch der Mörder benutzte immer ein Präservativ; von daher gab es keine Spermaspuren, die man hätte analysieren können. All diese Informationen ließ mir der Gendarm zukommen, der die Ermittlungen geleitet hat. Aber das ist noch nicht alles.«
    Während Ingrids Bericht war es in Mistrals Büro mucksmäuschenstill. Niemand schimpfte über die Hitze. Ingrid trank ein weiteres Glas Wasser und fuhr fort:
    »Zwei Monate später, im November, nahm die Polizei einen Betrunkenen fest, der auf einer Baustelle Werkzeug gestohlen hatte. Man entnahm eine DNA-Probe – und Bingo! Es war der genetische Fingerabdruck des gesuchten Mörders. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung fanden die Gendarmen nicht nur ein Stück der Kordel, mit der die Hände der Opfer gefesselt worden waren, sondern auch den Schreibblock, auf dem die Nachrichten notiert worden waren.«
    »Na toll«, seufzte Mistral. »Im Gegensatz dazu haben wir hier eine Gleichung mit fünfundzwanzig Unbekannten. Keine Ahnung, ob so etwas existiert – in Mathe war ich immer eine Niete. Aber Ihrem Gesicht nach zu urteilen«, wandte er sich an Ingrid, »haben Sie noch mehr auf Lager.«
    Ingrid nickte. »Der Kerl beteuert immer noch seine Unschuld. Er gibt zu, bei allen drei Frauen in der Wohnung gewesen zu sein. Daher die DNA-Spuren auf Türen und Fenstern. Er ist von Beruf Gärtner und springt bei allen Aufgaben rund ums Haus ein. Die Kordel stammt aus dem Baumarkt, der das Zeug kilometerweise verkauft. Das Gleiche gilt für den Schreibblock. Der Typ hat kein richtiges Alibi, behauptet aber, jeden Abend der betreffenden Woche zu Hause verbracht zu haben. Allerdings kann das niemand bestätigen und auch nicht bestreiten.«
    »Was halten die Gendarmen von unserem Mord?«, wollte Calderone wissen.
    »Sie ärgern sich. Wenn die Öffentlichkeit Wind von unserem

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