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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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repariert – kein Wunder also, dass sich seine DNA in den Wohnungen findet. Das Argument ist hieb- und stichfest.«
    Mistral und Calderone blickten skeptisch drein.
    »Hatte er noch mehr Kundschaft in der Gegend?«
    »Ja, und nicht nur Frauen. Alle Befragten gaben an, dass Brial sich völlig normal verhielt und man nie Probleme mit ihm hatte. Er galt als fleißiger, ernsthafter, manchmal etwas mürrischer Einzelgänger, der seit etwa zwei Jahren in der Gegend wohnte und seiner Arbeit nachging.«
    »Was ist mit den Seneca-Zitaten?«
    »Brial liefert dazu keine Erklärung. Schließlich beteuerte er von Anfang an, nicht der Mörder zu sein. Von seinem Standpunkt aus ist die Weigerung verständlich. Wir haben übrigens auch Kopien der Zitate.«
    »Sein Alibi?«
    »Dazu sagt er nichts. Er erklärt nur immer wieder, dass früher oder später die Wahrheit ans Licht kommen wird und dass er das unschuldige Opfer eines Justizirrtums sei. Wie man eben so daherredet!«
    »Was sagt der Untersuchungsrichter dazu?«
    »Die Kollegen sagen, dass er sich sehr bedeckt hält. Auch er glaubt, dass Brial der Mörder ist, aber er ist nicht ganz so felsenfest überzeugt. Immerhin gibt es zwischen Glauben und Fakten massive Unterschiede. Unsere Fälle hier in Paris haben natürlich jetzt zu einer gewaltigen Verunsicherung geführt.«
    »Ich glaube, wir sollten dem Untersuchungsrichter recht bald einen Höflichkeitsbesuch abstatten«, sagte Mistral zu Calderone und Dalmate. »Der Inhalt unserer Akten dürfte ihn sicher interessieren.«
    »Wie sieht dieser Brial aus?«
    Dalmate hatte in seinen Notizen geblättert und die Frage gestellt.
    Roxane griff nach einem großen, braunen Umschlag, der von der Gendarmerie abgestempelt war und die Aufschrift »Bitte nicht knicken« trug.
    »Hier sind die Fotos.«
    Es waren zwei anthropometrisch bearbeitete Abzüge in Schwarz-Weiß im Format 13x18. Einer zeigte den Mann im Stehen. Er hielt eine Tafel in der Hand, auf der seine Daten standen. Name: Jean-Pierre Brial, Größe: ein Meter sechsundsiebzig, verhaftet am 2. November 2002, Grund: Mordverdacht. Das zweite Foto zeigte Brial in Großaufnahme im Sitzen, einmal von vorn und einmal von der Seite. Die Beamten betrachteten die Fotos genau, um sich ein Bild von dem Mann zu machen.
    Auf dem Foto im Stehen wirkte Jean-Pierre Brial gelangweilt. Ziemlich korpulent, unrasiertes Gesicht mit kleinen, in die Höhlen gesunkenen Augen. Dicke Wurstfinger mit schmutzigen Nägeln hielten die Tafel. Brial trug eine fleckige Hose und ein ungebügeltes Hemd. Im Profil fiel sein Doppelkinn auf. Seine langen, dunklen Haare waren zurückgekämmt und im Nacken mit einem Gummi zusammengehalten.
    Mistral stand auf, betrachtete Brials Fotos neben denen seiner Opfer und malte unter die Bilder der beiden Pariser Opfer.
    Anschließend begutachteten alle zusammen die Fotos von den Tatorten. Um den Tisch herum herrschte konzentriertes Schweigen. Calderone legte die Bilder der Tatorte in Pontoise neben die aus Paris.
    »Auf den ersten Blick wirkt die Inszenierung fast identisch. Gleiche Lagerung der Leiche, ein Tuch über dem Gesicht, Spiegelscherben in Mund und Hals. Wir haben allen Grund, uns Sorgen zu machen«, brach Mistral das Schweigen.
    »Und es stimmt einen sehr nachdenklich«, fügte Calderone hinzu. »Wenn wir nicht wüssten, dass der Täter seit den drei ersten Morden im Gefängnis sitzt, müssten wir annehmen, dass er nach Paris gekommen ist.«
    »Genau das denke ich auch«, nickte Mistral. »Ich lese mir heute Abend noch einmal den Verfahrensablauf durch. Mal sehen, was die Kollegen über den Kerl zu berichten haben.«
    Die Beamten leerten ihre Coladosen und verließen nach und nach das Büro. Dalmate drehte sich auf der Schwelle noch einmal um. Mistral warf ihm einen fragenden Blick zu.
    »Ich weiß, dass wir mit den beiden Morden unter gehörigem Druck sind. Die Bereitschaft endet Sonntagabend, und wir haben Grund zu der Annahme, dass es einen dritten Mord geben könnte. Das aber steht noch in den Sternen. Ich habe ein Problem. Bei mir liegt eine seit langer Zeit feststehende familiäre Verpflichtung an. Wäre es möglich, dass mich hier jemand vertritt?«
    »Bisher gibt es keinen Hinweis auf einen dritten Mord«, antwortete Mistral. »Vincent, wer könnte ihn am Wochenende vertreten?«
    Calderone blickte auf die Uhr.
    »Wir haben Freitagabend, Viertel nach zehn. Es dürfte nicht leicht sein, auf die Schnelle eine Vertretung zu finden. Im schlimmsten Fall übernehme

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