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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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gründlich ab. Es war das erste Mal, dass man ihn einigermaßen höflich behandelt hatte, was ihn mit einer gewissen Zuversicht erfüllte.
    Die Telefonistin wandte sich an den zuständigen Techniker.
    »Glaubst du, das war der Irre, der ständig hier anruft?«
    »Ganz bestimmt. Ich habe das Gespräch übrigens komplett aufgezeichnet. Auch die Nummer, von wo er angerufen hat, ist uns bekannt.«
    »Ob er wohl noch einmal anruft?«
    »Mit Sicherheit. Die Verwaltung möchte, dass wir ihm erklären, wir würden seine Bitte weiterleiten.«
    »Ich fand ihn irgendwie traurig. Verzweifelt. Merkwürdig. Was machst du mit der Aufzeichnung?«
    »Morgen kommt die Polizei und holt die CDs ab. Übrigens ein ordentliches Paket! Die werden ihren Spaß mit dem Schlauberger haben!«
    »Na, hoffentlich haben sie Erfolg. Irgendwie habe ich immer ein bisschen Angst vor diesen Kerlen, die sich hinter dem Telefon verstecken. Es gibt nichts Schlimmeres als eine bedrohliche Stimme, mit der man kein Gesicht verbinden kann. Widerlich, diese Typen!«
    »Aber vor denen braucht man sich wenigstens nicht zu fürchten. Die Gefährlichen sind die, die nicht reden, sondern handeln. Der Kerl da quatscht nur. Also keine Panik. Und wenn du Angst hast – du hast ja immer noch mich ...«
    »Ja, ja, netter Versuch ... Aber ich denke, du hast recht. Bei dem Kerl besteht kein Risiko, also brauchst du mich auch nicht zu beschützen!«
    Der Mann stieg wieder in sein Auto. Der zarte Hoffnungsschimmer, den das »Ich werde Ihre Bitte weitergeben« in ihm geweckt hatte, ließ ihn ruhiger werden. Er erinnerte sich an einen Tag – es war noch gar nicht so lang her –, als ihn eine plötzliche Lust überkam, sich vor dem Maison de la Radio zu verstecken und die Frauen abzupassen, die möglicherweise Moderatorinnen bei FIP waren. Als er jedoch das riesige, runde Gebäude mit seinen vielen bewachten Eingängen und dem ständigen Kommen und Gehen vor sich erblickte, hatte ihn der Mut verlassen. Es war unmöglich, und schlimmstenfalls wäre er obendrein noch aufgeflogen. Und das war das Letzte, was er brauchte.
    Ludovic und Clara saßen auf der Terrasse eines italienischen Restaurants im 6. Arrondissement. Wortreich lobte Ludovic die Vorzüge italienischer Küche, sprach über die Kinder und über das Buch Nachtflug , das ihm die schönsten Ferien mit seinem Vater beschert hatte, über die Morde, die ihn beunruhigten und die genau in dem Arrondissement stattgefunden hatten, wo sie gerade zu Abend aßen. Er tat sein Möglichstes, um seine Frau daran zu hindern, das prekäre Thema seiner Schlaflosigkeit anzuschneiden. Nach dem Essen verzichtete er sogar darauf, einen Espresso zu bestellen, um nur ja keinen Vorwand für ein Gespräch über Schlaf zu bieten. Hingegen sprach er über den Flohmarkt und die Touristen, die viel zu viel für vermeintliche Fundstücke bezahlten. Schon glaubte er, die Partie gewonnen zu haben, zumal Clara ihm begeistert über Parfüms und Düfte zu berichten begann. Plötzlich jedoch entstand eine kurze Gesprächspause. Clara trank einen Schluck Wasser, wischte sich diskret die Lippen ab und musterte ihren Mann.
    »Ludovic, ich kenne dich«, sagte sie schließlich in verändertem Tonfall. »Du hast mir heute Abend tausend Geschichten erzählt. Du hast klare Vorstellungen – ich aber auch. Die Augen fallen dir fast aus dem Gesicht, und du bist blass wie ein Leichentuch.«
    Aha, jetzt ist es also so weit, dachte Mistral. Wenn sie mich bei meinem Kosenamen nennt, ist alles in Ordnung, aber wenn sie den ganzen Vornamen benutzt, ist es nicht so toll. Er setzte eine bedeutungsvolle Miene auf. »Das bildest du dir nur ein«, erklärte er, spielte mit dem Salzstreuer und wartete auf die Fragen, die sicher rasch kommen würden.
    »Wie groß bist du?«
    »Einen Meter zweiundachtzig.«
    »Und wie viel wiegst du?«
    »Keine Ahnung. Ich interessiere mich nicht für mein Gewicht – das ist eher Frauensache.«
    »Ludo, ich habe gehört, wie du heute Morgen in aller Herrgottsfrühe im Bad auf die Waage gestiegen bist. Also?«
    »Siebzig Kilo. Du solltest mit mir zusammenarbeiten; ich denke, du könntest bei Verhören Angst und Schrecken verbreiten.«
    Mistral lachte über den Scharfsinn seiner Frau.
    »Darüber reden wir später. Also, siebzig Kilo bei einer Größe von eins zweiundachtzig – das ist einfach zu dünn. Ich habe dich noch nie so erlebt, Liebling. Verstehst du? Deine Kleider schlottern nur so um dich herum. Und ich habe gesehen, wie sehr du dich

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