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Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller

Titel: Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Irren, der nicht einmal normal vögeln« könne. Als die Ampel wieder grün zeigte, fuhr der Mann langsam an. Zwar verstand er die Worte der Prostituierten nicht, doch er begriff ihren Sinn. Er blickte sich zu ihr um und fuhr sich in einer knappen, schnellen Geste mit dem Daumen über den Hals. »Ich krieg dich noch«, sollte das bedeuten. Erleichtert sah die junge Frau dem Auto nach, dessen Nummer sie nicht entziffern konnte und dessen Marke ihr fremd war.
    Der Mann hörte FIP. Die Rue La Fayette war leer. Der Mann blinkte links und ordnete sich ein. Am Straßenrand stand ein einsamer Andenkenverkäufer. Nur zweihundert Meter von seiner Wohnung entfernt fand der Mann einen Parkplatz. Im Radio intonierte die Gruppe Eagles ihre Live-Version von Hotel California mit einem Trompetenintro. Der Mann drehte das Radio lauter, parkte den Wagen, schaltete Licht und Motor aus, schloss die Augen, zündete eine Zigarette an und hörte das Stück in voller Länge, ehe er nach Hause ging. Sieben Minuten und einundfünfzig Sekunden.
    Mistral hörte das gleiche Lied und drehte ebenfalls das Radio lauter. Nach dem langen, musikalischen Intro erfüllte Don Henleys Stimme den Wagen: » On a dark desert highway, cool wind in my hair ... «
    Clara, die ihrem Mann folgte, hörte keine Musik. Sie dachte besorgt nach. Schließlich griff sie zum Telefon und wählte die Nummer der Auskunft. Eine weibliche Stimme meldete sich.
    »Guten Abend. Ich hätte bitte gern die Nummer eines Monsieur Jacques Thévenot. Er ist Psychiater in Paris.«
    »Soll ich Sie gleich weiterverbinden?«, erkundigte sich die Telefonistin.
    »Nein danke, dazu ist es schon viel zu spät. Geben Sie mir bitte einfach nur die Nummer.«
    »Ich schicke Sie Ihnen per SMS. Auf Wiederhören, Madame.«

A USZUG AUS DEN T RAUM - UND T AGEBÜCHERN DES J.-P. B.
    1983
    M ÄRZ 1983
    Jetzt bin ich achtzehn Jahre alt. Volljährig. Der Geburtstag war ein Scheißtag. Ein paar Typen, die ich kenne und die noch verrückter sind als ich, haben mir lachend gratuliert. Sie hatten ein Mofa besorgt und es mir geschenkt. Dabei haben sie mir allerdings verschwiegen, dass sie es einem Kerl an einer roten Ampel unter dem Hintern weggeholt haben. Vierzehn Tage später wurde ich kontrolliert, und siehe da, das Ding war als geklaut gemeldet. Ich musste mit zur Wache. »Diebstahl mit Gewaltanwendung«, hat mir der Bulle erklärt. »Das kommt dich teuer zu stehen, mein Lieber.« Aber was konnte ich denn dafür? Schließlich war ich nicht dabei gewesen. Der Bursche, dem sie das Mofa geklaut haben, kam zur Gegenüberstellung, hat mich aber nicht erkannt. Ganz klar! Ich habe den Bullen erklärt, ich hätte das Ding für ganz wenig Geld gekauft, aber sie wollten mir nicht glauben. Natürlich hatten sie recht, aber ich habe mich weiter an die Geschichte mit dem Kauf von Unbekannten gehalten.
    Schließlich hatten sie mich wegen Hehlerei am Schlafittchen, aber ich bin mit einer Rechtsbelehrung davongekommen. Das hört sich zwar bombastisch an, hat aber nichts zu bedeuten. Die Richter schauen dich groß an, drohen dir mit dem Finger und sagen mit feierlicher Stimme: »Vorsicht, mein Junge. Sie haben noch mal Glück gehabt. Bisher sind Sie noch nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen. Beim nächsten Mal aber wird es kritisch. Immerhin sind Sie jetzt volljährig.« Ich habe so getan, als hätte ich Angst. Als sie mich laufen ließen, habe ich mich artig bedankt. »Vielen Dank für Ihre Freundlichkeit, Herr Richter. Sie haben mir sehr geholfen.« Gedacht habe ich natürlich etwas ganz anderes. »Ich darf mich nicht mehr erwischen lassen, wenn ich Mist baue. Aber das werde ich natürlich weiter tun.« Etwas anderes kann ich überhaupt nicht – ich vertreibe mir die Zeit damit, Mist zu bauen.
    So viel Scheiße in einem Monat – aber das wusste ich ja zu Beginn noch nicht.
    Meinen Geburtstag haben die Kumpels und ich mit lauwarmem Bier begossen. Nach dem dritten drehte sich mir der Kopf. Aber richtig schlimm wurde es erst, als die Jungs anfingen, Joints zu drehen. Ich wusste zwar, was es war, hatte so etwas aber noch nie geraucht. Ich bin fast abgenippelt. Eine total miese Erfahrung; ich habe gekotzt wie ein Reiher.
    A PRIL 1983
    Einen Monat später war ich dran gewöhnt und habe jeden Tag zwei bis drei Joints geraucht. Am schönsten ist es immer abends. Die Jungs und ich rauchen und kippen uns ein paar hinter die Binde. Meine Kumpels sind genauso verrückt wie ich. Sie lungern den ganzen Tag nur herum und besorgen

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