Die dunkle Seite des Spiegels - Thriller
seines Versprechens und rief seine Frau an.
Mit einiger Mühe verlieh er seiner Stimme einen entspannten Klang, versicherte ihr, dass es ihm gut
gehe, und bat sie nochmals, nicht mit dem Abendessen auf ihn zu warten.
Calderone und die drei Beamten, die in Lora Dimitrovas Wohnung dabei gewesen waren, betraten Mistrals Büro.
»Gibt es etwas Neues?«, fragte Mistral schmunzelnd. »Ihr wirkt so eifrig.«
»Fangen wir am besten mit dem Einfachsten an«, gab Calderone zurück und forderte Ingrid und
Roxane auf zu berichten.
»Zunächst habe wir etwas über Lora Dimitrovas Beruf herausgefunden. Sie war tatsächlich Journalistin, arbeitete aber freiberuflich. Meist bot sie Fernsehsendern aktuelle Themen an. Wir haben Honorarabrechnungen von unterschiedlichen Stellen gefunden, auf denen die Titel von Reportagen vermerkt sind.«
»Irgendwelche besonderen Themen?«
»Nach allem, was wir in der Kürze herausgefunden haben, befasste sie sich hauptsächlich mit gesellschaftlichen Themen – Obdachlose, Jugendbanden in den Vororten, Steuerparadiese, Korruption und solchen Dingen. Noch wissen wir nicht sehr viel über die Einzelheiten. Wir haben einfach alles, was nach Arbeit aussah, aus der Wohnung mitgenommen. Zum Ordnen hatten wir noch keine Zeit; es sind immerhin zwei große Tüten. Bald werden wir mehr wissen.«
»Aber es gibt noch etwas Besseres«, warf Calderone ein. »José, du bist dran.«
Neugierig sah Mistral auf.
»Bitte schön«, sagte Farias und legte etwas Kleines, Schwarzes auf Mistrals Schreibtisch.
»Ein Diktafon«, nickte Mistral. »Ist mir bekannt. Und weiter?«
»Es gehörte Lora Dimitrova. Es lag auf einem schwarzen Buch in der Nähe des Eingangs, etwa einen Meter von der Leiche entfernt und war leicht zu übersehen.«
Schweigend wartete Mistral auf die Fortsetzung.
»Es handelt sich um ein digitales Diktafon, dessen Aufzeichnung durch Geräusche ausgelöst wird. Wenn es still ist, bleibt es stehen, wenn jemand spricht, schaltet es sich ein. Ein ausgesprochen hochwertiges Gerät mit einem äußerst sensiblen Mikrofon, das bis zu zwanzig Stunden in bester Qualität aufzeichnen kann.«
Mistral öffnete den Kühlschrank und bot Getränke an. Die Beamten tranken langsam und schweigend, ehe Farias seinen Bericht fortsetzte.
»Ich habe das Ding einfach einmal abspielen lassen. Ich kenne mich mit der Technik aus, habe dabei also garantiert nichts gelöscht. Am Schluss hörte ich Stimmengewirr und begriff, dass wir es waren, die das Gerät ausgelöst hatten. Man hört übrigens klar und deutlich, wie Sie alle rausgeschmissen haben. Natürlich wurde ich neugierig und habe das hier gefunden.«
Farias drückte einen Knopf und drehte am Lautstärkeregler des kleinen Gerätes. Zunächst hörte man Musik und verschiedene Geräusche. Farias ließ die Aufzeichnung ein Stück vorlaufen und legte das Diktafon wieder auf Mistrals Schreibtisch.
»Jetzt kommt es.«
Alle hielten den Atem an. Man hätte eine Stecknadel fallen hören.
Das Läuten, das aus dem Gerät ertönte, ließ Mistral zusammenzucken. Die Musik in Lora Dimitrovas Wohnung wurde leiser gedreht. Man hörte das Geräusch eines Riegels und eine Frauenstimme, die »Ja bitte?« fragte. Dann knallte die Tür heftig zu, es folgten erstickte Schreie, ein dumpfes Geräusch und das Fallen eines Körpers. Farias hielt die Aufzeichnung an.
»Der Mörder ist in die Wohnung gekommen«, murmelte Farias. »Alles, was Lora Dimitrova erleiden musste, was sie vor ihrem Tod gesagt hat und auch die Worte des Mörders sind von dem kleinen Gerät eingefangen worden. Wir haben hier die Aufzeichnung eines Mordes und des Todeskampfes dieser Frau. Ich glaube, keiner von uns hat je so etwas erlebt.«
Wie betäubt hatte Mistral dem Beginn der Aufzeichnung gelauscht. Ehe er Farias jedoch fortfahren ließ, musste er eine Frage stellen.
»Wissen wir schon die Uhrzeit, zu der Lora Dimitrova getötet wurde?«
»Nach den Angaben im Diktafon hat sich das Gerät am Donnerstagabend nach 20.00 Uhr eingeschaltet.«
»Ich habe geahnt, dass es einen dritten Mord geben würde, und konnte absolut nichts dagegen unternehmen. Wir wissen nicht, was die Opfer miteinander verbindet, es gibt da keinerlei Hinweise. Wie hätten wir die Tat verhindern können?«
»Niemand hier hat sich etwas vorzuwerfen«, tröstete Calderone ruhig. »Wir haben gut und gründlich gearbeitet. Es gab drei Morde innerhalb von sechs Tagen, wir haben keine verwertbaren Indizien, und der Mörder hätte schon
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