Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
stand offen und brachte uns lautlos hinauf.
Der Hotelangestellte, mit dem wir verabredet waren, trug einen hellgrauen Anzug und hatte fast weißblondes Haar. Er wechselte einige launige Worte mit Vangelis, die ich nicht verstand. Offenbar war er trotz der hellen Haare ebenfalls Grieche. Man lachte. Wir schüttelten Hände. Er öffnete eine Tür, und wir betraten ein Treppenhaus, das nicht annähernd so nobel war wie der Rest des Fünfsternehotels. Wir mussten bis ganz nach oben, zur Penthousesuite. Die beiden unterhielten sich weiter und lachten viel. Ich verstand nicht ein Wort und fühlte mich in diesen Sekunden weniger als Chef denn als geduldeter Mitläufer.
Dann standen wir wieder auf dickem Teppichboden, der jegliches Geräusch aufzusaugen schien. Eine Codekarte, ein Pieps, und wir betraten Marcel Grafs derzeitiges Reich. Atemberaubender Luxus umgab uns. Glänzendes Parkett, edles weißes Mobiliar, Licht überall. Wir befanden uns direkt unter dem Dach, fast alle Wände waren schräg, aber dem Innenarchitekten war es gelungen, den Eindruck zu erzeugen, als wäre dieser Umstand gewollt. Die Suite war vermutlich doppelt so groß wie meine eigene Vierzimmeraltbauwohnung.
»Voilà«, sagte der Grieche strahlend zu mir. »Hier wären wir.«
Das Erste, woran mein Blick hängen blieb, waren drei noch originalverpackte Cognacflaschen auf einem Sideboard. Alle von der Marke, die ich zuletzt auf Rosalie Jordans Küchentisch gesehen hatte. Daneben protzte ein riesiger Blumenstrauß, von dem schon das eine oder andere Blütenblatt abgefallen war.
»Im Prinzip kommt jeder zumindest bis vor die Tür«, sagte ich zu dem Griechen, dessen Vorname Andreas zu sein schien.
Er nickte zuvorkommend. »Wenn Sie durch die Tiefgarage kommen, müssen Sie an zwei Überwachungskameras vorbei. Aber auf die Monitore sieht kaum mal jemand. Schon gar nicht, wenn an der Rezeption Stoßzeit ist. Wenn Sie erst mal im Lift sind, kommen Sie problemlos bis ins dritte OG. Erst für das letzte Stockwerk brauchen Sie dann die Codekarte zur Suite, damit hier oben nicht Kreti und Pleti auf dem Flur herumläuft.«
»Aber übers Treppenhaus kommt man problemlos hinauf.«
Er rieb seine schlanken Hände aneinander, als wäre ihm kalt. »Da hängt natürlich auch wieder eine Kamera, aber wie schon gesagt …«
»Wenn Herr Graf hier ist, stehen dann gewöhnlich seine Leibwächter vor der Tür?«
»Soweit ich weiß, nein. Die beiden haben Zimmer auf demselben Stock, und ich habe noch nie einen hier stehen sehen.« Er zuckte lächelnd die Achseln unter dem perfekt sitzenden Jackett und rieb sich immer noch die Hände.
Einen anderen Weg als Lift und Treppenhaus gab es nicht, stellten wir fest.
»Wenn er ein gutes Gewehr mit Zielfernrohr hätte«, überlegte Vangelis mit Blick auf die breite Glastür zur Dachterrasse. Wir traten hinaus in die Sonne, die schon seit dem Morgen schien. Der Tag war fast so schön wie der Samstag vor zwei Wochen, als das ganze Elend begann.
»Da braucht er aber ein verdammt gutes Gewehr«, stellte ich fest, nachdem ich in die Runde geschaut hatte. »Und dann müsste er immer noch Präzisionsschütze sein.«
»Graf wird spätabends vermutlich nicht mehr auf die Terrasse gehen.«
»Es sei denn, er raucht.«
Wir sahen uns nach dem obligatorischen Aschenbecher um. Natürlich gab es gleich zwei. Einen Standaschenbecher direkt links neben der Glastür und einen weiteren auf dem sehenswerten Rattantisch, der aussah wie ein umgedrehter und in den Terrassenboden gerammter Kegel. Beide wirkten nicht, als wären sie schon einmal benutzt worden. Aber vermutlich wurden Aschenbecher in einem Haus wie diesem stündlich gereinigt und desinfiziert.
Wir gingen wieder hinein.
»Wir stellen zwei gute Leute ins Treppenhaus«, entschied ich. »Und Graf frage ich nicht um Erlaubnis.«
»Die Direktion müsste man aber schon …«, warf der Mann im hellen Anzug ein.
Das Büro des Hoteldirektors, eines smarten Mannes Anfang vierzig mit unruhigen Glupschaugen, wirkte auf mich wie ein hanseatisches Seefahrtskontor. Das Gespräch verlief überraschend problemlos.
»Unser Gast wird wirklich nichts davon bemerken?«
»Meine Leute werden so diskret wie nur irgend möglich sein.«
»Sie verstehen, dass wir Herrn Graf in keiner Weise beunruhigen möchten.«
»Er wird sie nicht einmal zu Gesicht bekommen. Sie werden sich die meiste Zeit eine halbe Treppe tiefer aufhalten. Von dort kriegt man besser mit, wenn weiter unten eine Tür zum
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