Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
Heidelberg habe ich eine offizielle Anfrage geschickt«, erklärte er mir knurrig. »Aber bisher ist nicht mal eine Antwort gekommen.«
»Ich kümmere mich gleich darum. Sie kriegen, was wir irgendwie entbehren können.«
»Na hoffentlich. Meine Leute sind nämlich auch froh, wenn sie mal ein freies Wochenende haben.«
Die Zuschauer wurden erst eine Dreiviertelstunde vor Beginn der Show ins Gebäude gelassen, erfuhr ich. »Dann werden die eine halbe Stunde lang bespaßt und müssen üben, auf Kommando zu lachen und zu klatschen. Wissen Sie überhaupt, wie diese Fernsehfritzen die Leute im Publikum unter sich nennen?«
Nein, das wusste ich nicht.
»Klatschvieh! Da sind die Leute stolz, dass sie einmal im Leben im Fernsehen kommen, und ziehen sich fein an und freuen sich wochenlang einen Wolf, und dann … Klatschvieh! Ich weiß überhaupt nicht …«
»Hergarden ist in einer Verfassung, in der ihm alles egal ist«, unterbrach ich seine verständliche Empörung. »Wahrscheinlich gibt er Graf jetzt auch noch die Schuld am Tod seines Bruders.«
Und lag damit vielleicht nicht ganz daneben.
Nachdem ich das Handy auf den Beifahrersitz zurückgelegt hatte, überlegte ich, was ich tun würde, wäre ich Fred Hergarden. Graf innerhalb des Pfalzbaus aufzulauern, war praktisch unmöglich, das hatte ich inzwischen eingesehen. Der Showstar wurde perfekt abgeschirmt, der Garderobenbereich war für nicht Autorisierte unerreichbar, schon um Graf das liebe »Klatschvieh« vom Hals zu halten. Selbst eine Waffe in den Saal zu schmuggeln, war nach Lage der Dinge ausgeschlossen. Später allerdings, nach der Show, würde Graf in der Tiefgarage in einen Wagen steigen, um sich zum Hotel fahren zu lassen. Auch dort gab es wieder eine Tiefgarage mit Lift direkt zur Etage, wo seine Suite lag.
Tiefgaragen waren nicht gut.
Tiefgaragen waren unübersichtlich, schlecht beleuchtet, hatten meist mehrere Ein- und Ausgänge. Zudem würde sich in Ludwigshafen dort unten nach der Veranstaltung eine Menge Menschen aufhalten. Aufgekratzte, gut gelaunte Menschen, ein großes Durcheinander von Fahrzeugen, die alle zur Ausfahrt drängelten – eine Horrorvorstellung für jeden Personenschützer. Ich beschloss, die Kollegen zu bitten, unmittelbar nach der Sendung ein besonders scharfes Auge auf den Fernsehstar zu haben und ihn wenn irgend möglich festzuhalten, bis die Tiefgarage sich geleert hatte, ob es diesem nun in den Kram passte oder nicht.
Während Grafs nächtlicher Fahrt von Ludwigshafen nach Heidelberg würde es für Hergarden eher schwierig sein, etwas zu unternehmen. Außer, er eröffnete unterwegs das Feuer auf Grafs Wagen. An einer roten Ampel zum Beispiel, irgendwo in Mannheim. Auf die Gefahr hin, dass die Leibwächter zurückschossen, was diese sicherlich tun würden. Beide waren im Besitz eines Waffenscheins. Beide schossen wahrscheinlich besser als der potenzielle Attentäter. Obwohl Hergarden im nahen Osten möglicherweise einige Erfahrung mit Handfeuerwaffen gesammelt hatte.
Ich überlegte, ob es Umwegstrecken gab, wo Grafs Wagen nicht so oft würde anhalten müssen. Das Problem, das wirklich große Problem bei allem war: Fred Hergarden hing nicht mehr am Leben. Er wollte jetzt nur noch eines, Rache. Der Albtraum jedes Personenschützers.
Vielleicht im Hotel?
Natürlich im Hotel!
Wäre ich Fred Hergarden, dann würde ich mir Zutritt zu Grafs derzeit verwaister Suite verschaffen, was sicherlich nicht einfach, aber auch nicht unmöglich war. Dort könnte ich dann stundenlang und seelenruhig warten, bis mein Todfeind auftauchte. Schon hielt ich das Handy wieder in der Hand.
33
Olivia Opelt konnte sich nur mit Mühe das Lachen verkneifen. Sie klang sehr viel entspannter als noch vor wenigen Stunden.
»Sie wollen was?«
»Sie haben mich schon richtig verstanden.«
»Nun gut. Ich werde Marcel Ihren Vorschlag unterbreiten. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass er gesteigerten Wert darauf legt, seine Räume von der Polizei filzen zu lassen.«
»Sie haben verstanden, dass Hergarden im Besitz einer Schusswaffe ist? Und vermutlich auch damit umgehen kann?«
»Herr Gerlach, ganz ehrlich, wir wissen Ihre Fürsorge zu schätzen. Es ist wunderbar, dass es Menschen wie Sie gibt, die ihre Aufgabe selbst am Wochenende so ernst nehmen. Aber Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen zu machen. Herr Graf wird bestens bewacht.«
»Können Sie mir wenigstens versprechen, dass die Suite von den Leibwächtern durchsucht wird,
Weitere Kostenlose Bücher