Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
»Bisschen chillen.«
Dann waren sie auch schon weg, und die Wohnungstür knallte ins Schloss. Theresa rutschte zu mir herüber auf die Couch und kuschelte sich an mich.
»Du hast sie bestochen«, sagte ich und streichelte ihren Rücken.
Sie machte nicht einmal den Versuch zu leugnen.
»Wie viel hast du ihnen gegeben?«
»Zehn Euro pro Nase. Sie haben versprochen, nicht vor elf zurück zu sein.«
»Du bist völlig unmöglich.«
»Ich weiß«, hauchte sie und drückte mir einen heißen Schlafzimmerkuss auf den Mund. Ich horchte auf meinen Kopf. Er schien keine Einwände zu haben. Seufzend begann ich, ihre Bluse aufzuknöpfen.
»Das wird das erste Mal, dass ich auf diesem Sofa mit einer Frau schlafe.«
»Irgendwann ist immer das erste Mal«, philosophierte sie verträumt, während sie an meinem Gürtel herumfummelte.
Später, als wir geduscht und wieder anständig bekleidet waren, öffnete ich feierlich die Sektflasche, die Theresa am Sonntag mitgebracht hatte. Wir saßen eng beisammen, plauderten über dies und das, und natürlich wollte Theresa wissen, weshalb ich heute schon wieder im Büro gewesen war. Ich erzählte ihr von der toten Frau in der Gundolfstraße und meiner Fahrt in den Odenwald. Fast alles erzählte ich. Nur den Peilsender unterschlug ich, ebenso wie meinen Verdacht, Hergarden könnte Zeuge meines Fahrradunfalls gewesen sein. Ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen.
»Gundolfstraße«, sagte Theresa an meiner Schulter, »die ist bei uns gleich um die Ecke. Der Nummer nach müsste es einer von diesen Fünfzigerjahrewohnblocks sein. Und jetzt taucht nach drei Jahrzehnten aus dem Nichts der Witwer auf und behauptet, die Frau ermordet zu haben? Vielleicht hat ihn all die Jahre sein Gewissen gequält, und er will reinen Tisch machen?«
»Ich habe das Protokoll gelesen und mir die Tatortfotos angesehen. Sie war allein in der Wohnung. Er kann sie nicht umgebracht haben.«
Bald kamen wir überein, alte Akten alte Akten sein zu lassen und uns mehr um die Leerung der Sektflasche zu kümmern. Am Ende wäre es um ein Haar erneut zu Tätlichkeiten gekommen. Aber da war es schon weit nach zehn, und bald würden Sarah und Louise wieder auftauchen.
9
»Sie schon wieder.« Sönnchen rollte theatralisch die Augen, als ich am Freitagmorgen mein Vorzimmer betrat, ersparte mir jedoch weitere Kommentare.
»Haben Sie schon irgendwas gehört von dem Kerl mit der Lederjacke?«
»Verrat ich nicht.«
»Also nicht.«
Verdutzt sah sie in mein Gesicht. »Wie kommen Sie darauf?«
»Weil Sie im anderen Fall unmöglich den Mund halten könnten. Hat jemand aus Erbach für mich angerufen?«
Ihr »Nein« klang glaubhaft.
»Elisabeth Holland?«
»Gibt’s nicht. Nirgends.«
»Würden Sie sicherheitshalber mal nachprüfen, ob es in Heidelberg einen Arzt gibt, der Hagen Baumbusch heißt?«
»Wer soll das sein?«
»Der Notarzt, der damals den Totenschein ausgefüllt hat.«
»Dieser Uwe Hergarden, der in Mannheim wohnt, kann übrigens nicht der Richtige sein.«
»Warum nicht?«
»Weil er nie verheiratet war. Da kann er ja schlecht seine Frau …«
Es gab im Umkreis von Heidelberg niemanden mit dem Namen des damaligen Notarztes, fand Sönnchen rasch heraus. Dreißig Jahre waren eben doch eine kleine Ewigkeit. Damals war ich noch zur Schule gegangen, wurde mir bewusst. Und hatte noch keinen Schimmer gehabt, was ich mit dem Abi anfangen würde, sollte ich es überhaupt schaffen. Ich hatte es geschafft, wenn auch nicht mit Bravour. Und war bei der Polizei gelandet, weil mein Vater meinte, als Beamter werde man zwar nicht reich, habe dafür aber manche Sorgen nicht, die andere Menschen so hatten.
Sönnchen hatte mir heute ohne Widerspruch meinen Morgencappuccino gemacht. Aber sie war immer noch alles andere als herzlich zu mir. Vermutlich war sie gekränkt, weil ich ihre Fürsorge so hartnäckig ignorierte. So hielten wir an diesem Vormittag Abstand wie ein zerstrittenes Ehepaar. Irgendwann legte sie mir die unvermeidliche Unterschriftenmappe auf den Schreibtisch und verschwand wortlos wieder im Vorzimmer.
Ich ließ die Mappe liegen, weil mir plötzlich eine Idee gekommen war, griff wieder einmal zum Hörer, wählte die Nummer des Roten Kreuzes.
»Hagen Baumbusch? Wann soll das gewesen sein?«, fragte mich eine junge und für die Uhrzeit ungewöhnlich mürrische Telefonistin. »Haben Sie dreißig Jahre gesagt, oder hab ich mich verhört?«
»Knapp dreißig Jahre, habe ich gesagt.«
»Also, eine Akte habe ich
Weitere Kostenlose Bücher