Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
habe nicht allzu lange gesucht, zugegeben. Aber gefunden habe ich bisher nichts.«
»Will sehen, was sich machen lässt. Sie hören von mir. Kann aber ein Weilchen dauern.«
Es wurde früher Nachmittag, bis Machatscheck zurückrief. Da ich die Hand gerade am Telefon hatte, nahm ich beim ersten Klingeln ab.
»Donnerwetter«, begrüßte er mich launig. »Wusste gar nicht, dass der vielgeschmähte deutsche Beamte so reaktionsschnell sein kann.«
»Ihr vielgeschmähter Beamter ist hart am Rande des Beamtenbeleidigtseins, und das ist strafbar. Sie haben was für mich?«
»Also, die Sache ist die …«, begann er. »Ich habe den Namen Fred Hergarden in einem Nachrichtenbeitrag der ARD aus dem Jahr 1985 gefunden.«
»Darauf haben Sie einfach so Zugriff?«
Er lachte gemütlich. »Sagen wir so: Ich habe Zugriff auf Leute, die Zugriff auf dieses Archiv haben.«
Fred Hergarden war von Beruf Kameramann. Im Spätsommer des Jahres 1985 hatte er ein Angebot der ARD angenommen, am Studio Bagdad zu arbeiten. Damals hatte gerade der Krieg zwischen Iran und Irak getobt, und sein Vorgänger war während eines Drehs im Norden des Irak zusammen mit einem jungen Journalisten und einem einheimischen Fahrer unter Artilleriefeuer geraten und ums Leben gekommen. Vermutlich war die Bezahlung, die man Hergarden bot, aus diesem Grund fürstlich gewesen. So hatte er in den folgenden Monaten die meiste Zeit in Bagdad, Teheran oder sonst irgendwo im nahen Osten verbracht und seine junge Ehefrau nur alle paar Wochen für wenige Tage gesehen.
»Anfang November, als seine Frau starb, war er im Grenzgebiet im Süden unterwegs«, berichtete Machatscheck. »In der Nähe von Basra. Damals hat gerade der Noricum-Skandal gekocht.«
»Noricum?«
»Eine österreicherische Waffenfabrik, die den Irak – mit Umweg über Jordanien und natürlich höchst illegal – mit modernsten 155-Millimetergeschützen beliefert hat.«
»Wie sicher ist die Information, dass er Anfang November im Irak war?«
»Warum ist das so wichtig?«
Im Hintergrund hörte ich Möwen kreischen. Der Journalist schien sich am Meer aufzuhalten. Ich fragte nicht nach, da ich ohnehin keine ehrliche Antwort erhalten hätte. Machatscheck legte großen Wert darauf, dass sein Aufenthaltsort nicht bekannt wurde. Im Lauf seines bewegten Lebens hatte er mehr als einen Mordanschlag überlebt. Einmal, damals hatten wir uns gerade erst kennengelernt, hatte man ihm das Haus angezündet, um sein darin befindliches privates Archiv und die Ergebnisse seiner aktuellen Recherchen zu vernichten. Was allerdings nicht geklappt hatte.
»Weil er vor einer Woche bei mir war«, beantwortete ich seine Frage, »und behauptet hat, er hätte am neunten November fünfundachtzig seine Frau ermordet.«
»Das ist nach Lage der Dinge unmöglich. Was ich weiß, wissen Sie jetzt ebenfalls. Mehr habe ich leider nicht zu bieten. Ich kann Ihnen höchstens noch die Nummer eines Kollegen geben, der damals mit Hergarden zusammengearbeitet hat. Vielleicht kommen Sie über den weiter. Aber das interessiert mich jetzt doch: Weshalb behauptet der Mann, er hätte seine Frau umgebracht, wenn er es doch nicht gewesen sein kann?«
»Das ist auch eine der Fragen, die mich zurzeit brennend interessieren.«
»Und das war leider eine sehr schlechte Antwort, lieber Herr Gerlach.« Machatscheck lachte wieder. »Aber mit guten Fragen fängt ja nun mal jede gute Story an. Es gibt wirklich nichts für mich zu verdienen dabei?«
»Warum sind Sie nur immer so hinter dem Geld her?«
»Weil ich mit warmen Dankesworten mein Haus nicht heizen kann. Gute Taten machen eine glatte Haut, habe ich festgestellt, aber sie machen nicht satt.«
»Wenn ich irgendeine Chance sehe, hören Sie von mir.«
»Der übliche Deal: Ich bin der Erste, den Sie kontaktieren, sobald es etwas für die Öffentlichkeit gibt? Zwölf Stunden Vorlauf, bevor Sie das Material der Meute zum Fraß vorwerfen?«
»Ganz großes Beamtenehrenwort.«
Der Name des Fernsehjournalisten, dessen Hamburger Telefonnummer Machatscheck mir diktiert hatte, war Helge Haas. Unter der Nummer meldete sich seine etwas begriffsstutzige Frau. Ich erklärte ihr, wer ich war und was ich wollte.
»Helge ist zurzeit im Ausland. Für die BBC. Mehr darf ich Ihnen leider nicht verraten.«
»Sie haben aber doch bestimmt eine Nummer, unter der ich ihn erreichen kann?«
Die durfte ich auch nicht wissen.
»Würden Sie ihm ausrichten, dass er mich bitte anrufen soll? So rasch wie möglich? Sagen
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