Die dunkle Villa: Ein Fall für Alexander Gerlach (Alexander Gerlach-Reihe) (German Edition)
Fragen gestellt. Die Militärs halten uns Journalisten ja gerne für Spione.«
»Angeblich?«
»Ich habe keinen Beleg dafür, dass seine Geschichte stimmt. Auf der anderen Seite aber auch nicht wirklich Grund, daran zu zweifeln. Er war mit einem irakischen Konvoi nach Bagdad zurückgekommen. Freddy war abgemagert, todmüde und nicht gerade bester Laune. Ein irakischer Oberst hatte ihm zweitausend Dollar dafür abgeknöpft, dass er ihn laufen ließ.«
»So viel Geld hatte er dabei?«
»Hatten wir immer. Wir hatten immer eine gewisse Summe Bares dabei für den Fall, dass mal was schiefläuft.«
»Er hätte sich für das Geld ebenso gut ein Flugticket nach Frankfurt kaufen können.«
»Theoretisch ja. Praktisch wäre das höchstens über Kuwait möglich gewesen. Wobei … von Basra nach Kuwait-Stadt sind es keine zweihundert Kilometer, und damals war die Grenze nach Süden noch offen. Der Ärger mit Kuwait fing ja erst in den Neunzigern an.«
»Wie ging die Geschichte später weiter?«
»Überhaupt nicht. Ich habe Freddy gesagt, er soll dringend in Heidelberg anrufen. Inzwischen hatte die Redaktion durchgegeben, es sei etwas mit seiner Frau. Danach ist er auf dem schnellsten Weg nach Deutschland gedüst und erst eine Woche später wiedergekommen. Ich selbst musste zurück nach Hamburg. Freddy ist in Bagdad geblieben. Wir haben uns nur noch ganz kurz gesprochen. Er war irgendwie …«
»Wie war er?«
»Verändert. Verstört. Komplett durch den Wind. Kein Wunder – nach allem, was passiert war.«
»Hat er von seiner Frau erzählt?«
»Oh ja, und wie. Angeblich war sie die schönste Frau der Welt und eine Atombombe im Bett. Er hat gerne mit ihr angegeben. Vor allem, wenn er getrunken hatte und das Heimweh ihn geplagt hat, da hat er seine Fotos ausgepackt. Manche davon waren – nun, nicht ohne. Sie war wohl recht freizügig, seine – wie hieß sie noch?«
»Viktoria.«
»Richtig. Vicky. Angeblich war sie Schauspielerin. Den Namen habe ich aber nie irgendwo gelesen oder gehört.«
War ich nun klüger als zuvor?, fragte ich mich, als ich langsam den Hörer auflegte. Ein wenig. Immerhin wusste ich jetzt, dass Fred Hergarden – zumindest theoretisch – die Möglichkeit gehabt hätte, heimlich nach Deutschland zu fliegen, dort seine Frau zu töten und wieder in den Irak zurückzukehren. Noch während ich überlegte, ob ich mein Glück noch einmal bei Machatscheck versuchen sollte, meldete sich mein Telefon erneut.
»Mir ist noch was eingefallen«, sagte Helge Haas, inzwischen hörbar in Zeitnot. »Suchen Sie mal nach einem Steffen Wiegand oder Wieland oder so ähnlich. Der war damals im selben Hotel wie wir. Für wen er gearbeitet hat, weiß ich nicht. Ich habe ihn oft mit Freddy zusammen an der Bar gesehen.«
»Und wo finde ich diesen Herrn Wiegand oder Wieland am besten?«
»Sie sind die Kripo, nicht ich. Vielleicht hilft Ihnen das weiter: Er war Journalist wie wir. Das Hotel Palestine war damals voll von Journalisten. Und die beiden haben sich in einem merkwürdigen Dialekt unterhalten. Freddy stammt doch aus der Ecke um Heidelberg, richtig? Da vermute ich, Steffen ist auch aus der Gegend.«
Und schon hatte Haas wieder aufgelegt. Vermutlich war er gerade damit beschäftigt, irgendwo in der Welt aufregende Geheimnisse aufzudecken, von denen ich demnächst in den Fernsehnachrichten erfahren würde. Ich beherzigte seinen Tipp, googelte den Namen Steffen Wiegand und wurde mit einer halben Million Treffer erschlagen. Ohne Hoffnung klickte ich einige Links an. Versuchte erfolglos, Machatscheck noch einmal zu erreichen. Starrte eine Weile trübsinnig aus dem Fenster. Was tat ich hier eigentlich? Sollte ich mich nicht besser um den Papierkram kümmern, der sich immer noch auf meinem Schreibtisch stapelte? Oder um die ungezählten Mails in meinem Posteingang?
Außerdem: Selbst wenn Hergarden damals heimlich über Kuwait nach Deutschland geflogen sein sollte – wie hätte er seine Frau ermorden können, wo doch sämtliche Fenster geschlossen waren und die Wohnungstür von innen verriegelt? Und vor allem: warum, wo er doch anscheinend so stolz auf sie war?
10
Manchmal klären sich gerade die schwierigsten Dinge ganz einfach.
Sönnchen klopfte an meine Tür. »Herr Gerlach?«
»Ja?«, brummte ich ungnädig.
»Sind Sie noch böse mit mir?«
»Ja.«
»Ich … Ich meine es doch nur gut mit Ihnen.«
»Meine Mutter hat es auch immer nur gut gemeint, wenn sie mich ins Bett gesteckt und gezwungen hat, heiße
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