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Die dunklen Engel (German Edition)

Die dunklen Engel (German Edition)

Titel: Die dunklen Engel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susannah Kells
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Habe ihm mit meinem eigenen Messer den Bauch aufgeschlitzt.» Er schaute sie an, als wartete er auf eine Reaktion. Sie schwieg, und er lächelte. «Also habe ich mir Arbeit irgendwo im Stall gesucht. Ich konnte gut mit Pferden umgehen. Plötzlich wollten mich die Leute.»
    «Sie wollten Sie?»
    «Um ihre Pferde schneller zu machen. Und andere Leute wollten mich daran hindern. Ich wurde besser im Umgang mit dem Messer und lernte, wie man mit Schusswaffen und Degen umgeht. Leute von vornehmem Stand bezahlten mir ein Vermögen, wenn ein von mir trainiertes Pferd ein Rennen gewann.» Er zuckte die Achseln. «Irgendwann fing es an, mich zu langweilen, also machte ich mich auf den Weg nach Italien.»
    «Warum nach Italien?»
    «Warum nicht?» Er lächelte. «Der Klang gefiel mir. Ich war achtzehn, Mylady, und mit achtzehn denkt man, die Welt gehört einem und die Straßen haben kein Ende.»
    «Wovon haben Sie gelebt?» Sie war fasziniert. Wenn die Lazenders reisten, dann mit dreißig und mehr Dienstboten, ihren eigenen Köchen, die die Küchen der Gasthöfe übernahmen, und ihren eigenen läusefreien Betten, die in die besten Zimmer gebracht wurden.
    Er lächelte. «Ein guter Pferdemeister kann sich immer seinen Lebensunterhalt verdienen, ein guter Dieb verdient noch mehr, und wir haben ein Sprichwort, das besagt, das beste Brot sei geklautes Brot. Ich bin über die Runden gekommen.»
    Sie lachte. Es kam ihr ganz natürlich vor, sich mit ihm zu unterhalten. In einer Mischung aus Aufregung und Scham war sie hierhergekommen, ohne zu wissen, was sie erwartete. Sie hatte nur gewusst, dass es zwischen ihnen einen großen Abgrund gab, der für einen geziemenden Abstand zwischen ihnen hätte sorgen sollen. Obwohl sie immer noch aufgeregt war, fühlte sie sich in seiner Gegenwart seltsam wohl und glücklich. «Wohin in Italien sind Sie gegangen?»
    «Venedig, Padua, Florenz, Rom, Neapel.» Er zuckte die Achseln. «In Neapel bin ich Graf Skavadale begegnet. Haben Sie von ihm gehört?»
    «Er war einmal hier.» Sie lächelte. «Als ich noch sehr klein war.»
    Die Zigarette des Zigeuners glühte in einem harten, strahlenden Rot. «Ich mochte Skavadale. Er hat römische Relikte ausgegraben. Sie haben wahrscheinlich einige?»
    Sie nickte. In den herrschaftlichen Häusern war eine unersättliche Leidenschaft für die Relikte des alten Rom ausgebrochen, eine Leidenschaft, die Edward Gibbons Buch Verfall und Untergang des Römischen Reiches bis zur Weißglut angeheizt hatte. Lazen war nicht dagegen gefeit gewesen. Wagen hatten alte, teure, lädierte Statuen gebracht, die immer noch in den unmöglichsten Ecken und in den abgelegeneren Schlafzimmern standen. Der Zigeuner nahm einen Schluck, dann lehnte er den Kopf an die Säule. «Jemand hat Skavadale bestohlen, und ich habe dafür gesorgt, dass das aufhörte. Er war mir dankbar, und er hat mir das Lesen beigebracht. Dann hat er mich zu seinem ersten Assistenten gemacht, seinem Wächter, seinem Pikör.» Er lächelte. «Als er herausfand, dass ich nicht getauft war, hat er einen anglikanischen Geistlichen aufgetrieben, der die Ruinen besichtigte, und mich in den Überresten eines römischen Bads taufen lassen.»
    «Auf welchen Namen?», fragte sie rasch.
    Er wandte sich ihr zu und sah sie an. «Christopher Skavadale.»
    «Gefällt mir.»
    Er zuckte die Achseln. «Es ist nicht mein richtiger Name. Mit zwanzig nimmt man keinen neuen Namen mehr an.»
    «Warum nicht? Von Frauen erwartet man das dauernd.»
    Er lachte. «Stimmt.» Er erhob sein Glas auf sie. «Lady Campion Culloden?»
    Sie überlegte, wie die Namen Lazender und Skavadale wohl aussehen würden, wenn sie von weißem Feuer umkränzt nächtens auf einem Zaun aufleuchteten. Dann verdrängte sie den Gedanken. «Was geschah dann?»
    «Vor fünf Jahren hat er mich nach London geschickt. Er bat mich, ein Geschenk mitzunehmen.» Er hielt ihr seine Zunderbüchse hin. «Eine römische Lampe, etwa von dieser Größe, eine Öllampe mit einem Schnabel für die Flamme und einem Deckel, der die halbe Schale bedeckte. Auf dem Deckel war ein Flachrelief. Es zeigte einen Mann und eine Frau. Sie haben das gemacht, was, glaube ich, zwei Ihrer Gäste gerade im Graben treiben.»
    Sie lachte. «Sie haben sie auch gehört?»
    «Das halbe Land muss sie gehört haben. Als ich vorbeikam, war ein Menschenauflauf da, der sie beobachtete.»
    Sie mochte die Art, wie er das sagte. Ihr Onkel, auch wenn er ihr sehr teuer war, hätte das Paar nicht erwähnen

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