Die dunklen Farben der Begierde (German Edition)
Sein Ellbogen bewegte sich mit trägem Nachdruck.
Clarissa schluckte und bemühte sich, das Flattern in ihrem Schoß zu ignorieren. Lucy schüttelte jetzt ihren Kopf, ob aus Protest oder als Verneinung einer Frage, konnte Clarissa nicht erkennen. Aber was immer es auch sein mochte, ihr sich windender Körper und die Leidenschaftlichkeit, die auf ihrem Gesicht lag, sprachen eine andere Sprache. Dann nickte Lucy plötzlich mit dem Kopf, und ihr Mund formte ‹ja, ja›. Und der Mann, der seinen Arm immer noch sanft rhythmisch vor und zurück bewegte, lachte sie aus. Seine weißen Zähne blitzten auf, seine Schultern bebten, und sein Adamsapfel zitterte und hüpfte.
Auf einmal hörte sie ein metallisches Klacken am Tor. Clarissa zuckte zusammen. Ihr Kopf schnellte herum, und sie sah auf das dunkle Ende des Durchgangs und von dort wieder auf die Szenerie im Haus. In der Bibliothek bewegte sich der rote Rock eines Soldaten durchs Bild. Ihr Blut raste. Wie viele Leute befanden sich in dem Raum? Erneut drehte sie sich um. Ganz am anderen Ende des Ganges konnte sie jetzt Schatten und unterdrücktes Gekicher ausmachen. Sie blickte zurück zum Fenster. Der Mann in Uniform stand breitbeinig über Lucys Schoß und machte sich an seinem geschwollenen Schritt zu schaffen. Hinter ihr stand der dunkle Mann mit der Narbe und drückte ihren Kopf abwärts.
Clarissa schnappte nach Luft, ihr Herz raste. Die Schatten und das Kichern kamen näher. Sie wagte einen allerletzten Blick. Jetzt pumpten die Hüften des Mannes vor und zurück, und sein steifer, entflammter Penis stieß immer wieder in Lucys Mund.
Sie trat vom Fenster zurück und keuchte. Ein Aufschrei ertönte und ein Laut der Beschwichtigung. Mit gesenktem Kopf und brennenden Wangen stolperte Clarissa über ein Paar lacklederne Schnürstiefel und den hochgerutschten Saum eines gerüschten Unterrocks, bevor sie durch das Tor stürzte.
Oh, Kusine Lucy hatte sich schändlich betragen. Wie konnte sie einem Mann gestatten, ihr so etwas anzutun, wenn so viele Augen zusahen. Es war beleidigend, erniedrigend. Clarissa lehnte sich an die Hauswand und atmete tief die Nachtluft ein. Sie spürte ein stetiges, nachdrückliches Pochen in ihren Lenden, und der Mann, wie er Lucy auslachte, war in ihr Gedächtnis eingebrannt.
Irgendetwas, das jetzt in ihr aufkeimte, musste auch Lucy dort festgehalten haben, gefangen von der Verachtung des Mannes. Was es genau war, konnte Clarissa nicht sagen. Aber sie wusste, dass es ihr Angst machte.
«Miss Longleigh», ertönte eine dunkle, weibliche Stimme. «Was, um Himmels willen, tut Ihr denn hier im Dunkeln? Eure Freunde haben schon überall nach Euch gesucht.»
Olivia bewegte sich auf sie zu, langsam und majestätisch. Clarissa begrüßte sie mit einem matten Lächeln. «Ich brauchte ein wenig frische Luft», sagte sie ruhig.
Die Frau sah sie einen Augenblick lang schweigend und mitleidvoll an. «Eure Kusine musste schon vor einer ganzen Weile aufbrechen», sagte sie. «Schreckliche, scheußliche Kopfschmerzen, fürchte ich. Armes Ding. Zu viel Champagner.» Sie strich eine lange dunkle Locke von Clarissas Schulter. «Vielleicht solltet Ihr dasselbe tun. Ihr seht nicht sehr wohl aus. Ich könnte Euch eine Kutsche rufen lassen.»
Clarissa nickte gehorsam. «Ja», flüsterte sie. «Ich denke, das wäre gut.»
Kitty trödelte in Clarissas Zimmer. Mit einem Seufzer setzte sie ihren Eimer ab und streckte, die Hände in die Hüften gestemmt, ihren Rücken. Immerhin würde sie heute Tante Hesters Zimmer nicht sauber machen müssen, weil die alte Jungfer immer noch im Bett lag. Und möge sie noch lange dort bleiben, dachte sie und trottete hinüber zum großen Standspiegel.
Kitty hob ihre Röcke an und drehte sich vor dem Spiegel hin und her. Ja, die roten Strümpfe von Mrs. Longleigh waren wirklich eine Sünde wert. Sie sollte sie für sonntags aufheben und schonen, aber es war so schwer, ihnen zu widerstehen. Sie wünschte, es wäre immer Sonntag, wenn nicht der Gang zur Kirche wäre.
Besser noch, sie wäre reich. Dann hätte sie Spitzenunterröcke, ein mohnrotes Kleid aus Seide und eine dazu passende Straußenfeder in ihrem Haar. Und die Männer, die hinter ihr her wären, wären nicht bloß blöde Knechte; das wären dann echte Gentlemen, die ihr Pelze und Schmuck schenken würden.
Ihre Augen durchstreiften den Raum, suchten nach einer Inspiration, womit sie ihre hochfliegenden Träume illustrieren könnte. Über einer Sessellehne lag ein
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