Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
panisch. »Guter Gott, wenn sie Sie hören! Haben Sie eine Ahnung, wie das klingt?«
Ich lachte wieder. »Ziemlich komisch, jetzt wo ich drüber nachdenke. Und es wird noch schlimmer, weil ich nämlich in deinem Zimmer kampieren werde. Besorg mir einfach nur eine Decke und ein Kissen. Vielleicht erzählen wir uns sogar Gespenstergeschichten.«
»Sie wollen in meinem Zimmer schlafen? Ist das nicht … irgendwie schwul?«
»Nein. Wenn ich vorgeschlagen hätte, in Unterhosen Twister zu spielen, das wäre schwul. Jetzt hör auf mit dem Gerede, beschaff mir eine Decke und nimm mich mit in dein Zimmer. Duhast doch ein eigenes Zimmer, oder? Kein Gitterbettchen am Fußende von Sheilas und Burts Bett oder so was …?« Ich weiß, ich war ein bisschen gemein zu dem Jungen, aber ich traute ihm immer noch nicht und wollte sehen, ob ich ihn provozieren konnte.
Er starrte mich nur finster an. »Sie halten sich für witzig, Bobby, sind’s aber nicht.«
»Ich sehe furchtbar gern einen Nachwuchsengel schmollen«, erklärte ich. »Das riecht nach Sieg. Jetzt trink deine Milch aus und lass uns schlafen gehen. Klein-Clarence hat eine anstrengende Nacht vor sich.«
25
FALSCH IN ERINNERUNG
D er Junge und ich trafen uns in den Gefilden. Ich hatte schon eine ganze Weile auf Clarence gewartet, als er schließlich über die Kuppe eines grünen elysischen Hügels kam, mit den Händen fuchtelnd wie ein nostalgischer Winkeralphabet-Fan. Ich war nicht erbaut, nicht wegen des Wartens als solchem, sondern weil es mir Zeit zum Nachdenken gab und weil nachdenken hieß, an Caz zu denken. Das wollte ich im Moment gar nicht, nicht zuletzt, weil ich sie ohnehin schon schmerzlich vermisste. Das ganze Thema war einfach zu verwirrend und ließ die wenigen Optionen, die ich hatte, noch zehnmal so beschissen erscheinen. Entweder hatte ich den Himmel verraten, oder ich hatte mich in ein Wesen verliebt, das ich so wenig lieben durfte, dass daneben Dantes unerreichbare Beatrice wie eine Nutte vom Straßenstrich in Vegas wirkte.
»Sorry!«, sagte der Junge. »Konnte nicht einschlafen!«
»Wir haben einen langen Fußmarsch vor uns. Warst du schon mal hier?«
Er plusterte sich entrüstet auf. »Natürlich! Mehr als einmal!«
Ich war wider Willen amüsiert. Es war wirklich wie mit einem Halbwüchsigen. Vielleicht war er ja ein mieser Spitzel und Verräter, eigens in den Ganzen Kaputten Chor eingeschleust, um jede himmelskritische Äußerung meinerseits weiterzumelden,aber wenn seine grünschnabelige Art, sich und die Welt furchtbar ernst zu nehmen, nur Fassade war, dann eine sehr gute. Ich wollte ihn immer noch mögen und konnte nicht umhin, mich zu fragen, was ich mir damit einhandeln würde. Hatte Caesar etwa Brutus gern geneckt, bis ihn sein bester Kumpel schließlich erstochen hat?
Wir machten uns auf den Weg durch die leuchtend grünen Gefilde unter der unsichtbaren Sonne, die alles im Himmel erwärmt. Was mir an Clarence auf jeden Fall gefiel, war, dass er genauso viele Fragen stellte wie ich. Was mir nicht gefiel, war, dass er sie laut stellte. Er war neugierig wie immer, was die Mechanismen hinter den Kulissen unserer Engelstätigkeit auf Erden anbelangte – er fragte mich sogar, wie die Reißverschlüsse und das Außerhalb funktionieren, was etwa so ist, wie von einem Glühwürmchen zu erwarten, dass es einem die Biolumineszenz erklärt.
»Okay, auch wenn Sie nicht wissen, wie es funktioniert«, bohrte er weiter, »kann denn auch jemand anders als ein Anwaltsengel einen Reißverschluss aufmachen? Und was ist, wenn jemand den Reißverschluss hinter einem zumacht? Sitzt man dann drüben fest?«
»Jeder Engel kann das – hat Sam es dir noch nicht gezeigt?«
»Er hat gesagt, er würde es tun, ist aber noch nicht dazu gekommen.«
Wahrscheinlich, damit du möglichst wenig Unheil anrichten kannst , dachte ich, sagte es aber nicht. »Tut er bestimmt noch.«
»Hoffentlich wird er wieder gesund. Er sah schrecklich aus. Schläuche in der Nase und in der Kehle …«
Mich überkamen heftige Schuldgefühle, weil ich Sam nicht im Krankenhaus besucht hatte – obwohl es ja so gewesen war, dass man es mir quasi verboten hatte. »Und zu der Frage, ob man im Außerhalb festsitzen kann – nein, das kann nicht passieren, nicht ohne dass es einen interjenseitigen Zwischenfall auslöst.Da sind die Regeln sehr streng, sie müssen einen großen Teil der Konventionsverhandlungen darauf verwandt haben, das alles auszudiskutieren.«
»Inter … was?«
Ich
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