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Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)

Titel: Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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– sie waren wichtige Leute gewesen.
    Ich spürte ein Kribbeln meine Wirbelsäule emporsteigen. Wissenschaftler, Professoren, Unternehmer, sogar ein Geistlicher. Ich ging die Liste noch einmal durch, und jetzt, da ich danach Ausschau hielt, blinkte es mir förmlich entgegen: Sie waren nicht alle so reich gewesen wie Edward Walker, aber allesamt fähige Leute, die ihren Weg gemacht hatten, und zwar sehr erfolgreich. Herausragende Individuen, die stolz auf sich waren und Grund dazu hatten – gescheite, tatkräftige und wahrscheinlich auch eloquente Menschen.
    Stolz.
    Einer plötzlichen Eingebung folgend, wählte ich eine Nummer, die ich schon eine ganze Weile nicht mehr angerufen hatte – das Walkersche Haus. Ich hatte Glück: Garcia Birkling nahm ab.
    »Yo. Hier G-Man.«
    »Bobby Dollar. Du musst mir einen Gefallen tun.«
    »Geil! Wird erledigt, Boss.«
    Boss? Hielt er sich jetzt für meinen Gehilfen oder, schlimmer noch, für meine rechte Hand? »Äh, gut. Also, wenn Posie zu Hause ist, musst du sie bitte für etwa zwei Stunden aus dem Haus schaffen. Kriegst du das hin? Ich mache mir nämlich Sorgen. Ich glaube … dass sie zu Hause in Gefahr ist.« Ich habe Ihnen ja schon erklärt, dass auch Engel die Wahrheit manchmal ein bisschen strapazieren müssen, oder? »Gib mir zwei Stunden, ich sage dir dann Bescheid, wenn ihr wieder zurückkönnt.« Ich erklärte ihm, dass es am besten wäre, wenn sie für den Nachmittag ganz aus Posies Wohngegend verschwinden könnten.
    Er versprach, es zu probieren. »Ich sag ihr einfach, es gibt eine Bombendrohung oder so.«
    Das war kein besonders guter Vorwand, aber sie war ja offenbar auch keine besonders scharfsinnige junge Dame. Ichbeschloss, mich nicht in die Details einzumischen. »Danke … G-Man. Ich melde mich dann wieder.«
    Ob ich ein schlechtes Gewissen hatte? Gute Frage, aber ich brachte ihn und Posie ja nicht in Gefahr – eher im Gegenteil: Ich war auf dem Weg zum Walkerschen Haus, und je weiter sie von mir wegblieben, desto größer waren ihre Chancen auf ein langes, glückliches Leben, da ich im Moment ja so eine Art Unheilmagnet war.
    Ich parkte den geliehenen Benz um die Ecke vom Walkerschen Anwesen und betrat das Grundstück durch das Seitentor. Das Haus war leer, was hieß, dass G-Man seinen Job gemacht hatte. Ich hatte ihn nicht gebeten, die Haustür für mich unverschlossen zu lassen, weil zu befürchten stand, dass er, wenn er wüsste, dass ich hier war, zurückkommen würde, um mir zu helfen. Außerdem kann jeder, der bei den Harfenmännern war, ein Schloss mit verbundenen Augen und gefesselten Händen knacken. Ich versuchte jedoch nicht, zusätzliche Schwierigkeitsgrade einzubauen, und war daher binnen einer Minute im Haus. Dort hatte sich nichts verändert, nur dass sich auf den Büchern und Kunstgegenständen noch mehr Staub abgelagert hatte. Es wirkte, als ob Posie hier eher in Hausbesetzermanier kampierte als wirklich wohnte. Vielleicht sollte das Haus ja verkauft werden, weshalb es noch wichtiger war, dass ich heute hier fand, was ich suchte.
    Ein Problem gab es allerdings: Ich wusste nicht wirklich, was ich suchte. Als ich Fatbacks Material über die hiesigen Seelenentführungsopfer noch mal durchgesehen hatte, war ich mir immer sicherer geworden, dass ein erfolgreicher, weithin bekannter Mann wie Edward Lynes Walker – außer er wäre schwer depressiv – nicht einfach Selbstmord begehen würde, ohne zumindest den Versuch einer Erklärung zu hinterlassen, und sei es nur aus Gründen der Selbstrechtfertigung. Aber Walker hatte offenbar nie an Depressionen gelitten, und nach der Berichterstattungüber seinen Tod zu urteilen, waren alle, die ihn gekannt hatten, erstaunt, dass er sich das Leben genommen hatte. Ein Beweis ex negativo ist natürlich problematisch – das Nichtvorhandensein eines Abschiedsbriefs deutete noch lange nicht auf Mord hin –, aber wenn ich einen Abschiedsbrief fände, der anderen entgangen war, oder sonst irgendetwas, das seine Geistesverfassung in den letzten Tagen seines Lebens erhellte, konnte ich vielleicht wenigstens Fremdeinwirkung ausschließen und mich auf das konzentrieren, was nach seinem Tod passiert war.
    Der einzig glückliche Umstand war, dass sich Edward Walkers berufliches Leben auf den Raum beschränkt zu haben schien, den er vermutlich sein »Arbeitszimmer« genannt hatte, den eine spätere Generation aber als Büro bezeichnet hätte, einen großen sonnigen Raum im Obergeschoss, zentriert um einen hübschen

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