Die dunklen Gassen des Himmels: Bobby Dollar 1 (German Edition)
herumschlagen müssen, Bobby.«
»Mir auch, George, mir auch.« Ich wusste ihn wirklich zuschätzen, war aber im Moment nicht im Vollbesitz meiner Geduld. »Irgendwas Brauchbares?«
»Auch da nicht viel. Kommt nicht häufig vor, so was. Allu oder Ghallu ist die genaueste Entsprechung, die ich finden kann …«
»Das habe ich schon in Erfahrung gebracht. Eine Art Mietlingsgeist. Sehr alt, vorchristlich …«
»Ja. Und ausgesprochen übel.«
»Auch das wusste ich schon.«
»Das Problem ist, dass sie nicht oft auftauchen, deshalb gibt es kaum jüngere Informationen als aus dem neunzehnten Jahrhundert. Nur jemand mit viel Macht kann so ein Dingelchen für sich arbeiten lassen.«
»Verdammt, George, das ist mir alles bekannt – ich muss wissen, was ich dagegen tun kann! Wie kann man so was töten oder zumindest loswerden?«
»Ich weiß nicht, Bobby. Die letzte gesicherte Sichtung war in den Achtzigerjahren in Syrien.«
»Tja, mir hat gesicherterweise neulich Abend eins von den Dingern den Arsch in Brand zu stecken versucht, als es mich über den Camino Real gejagt hat, also brauche ich schon etwas mehr als das.«
Längeres Schweigen am anderen Ende. Als er wieder etwas sagte, war irgendetwas Seltsames mit seiner Stimme. »Ich – ich …«
»George, sind Sie okay?«
»Ng-ng.« Er konnte jetzt nur noch grunzen. Ich blickte zu meinem Fenster und sah zwischen den Vorhängen einen Grauschimmer. Tagesanbruch. »Nnngg …« Das nächste Grunzen war mit einem kleinen Jammern untermischt – vermutlich der letzte menschliche Teil von ihm, der nicht loslassen wollte.
»Okay, danke für den Anruf, George.« Ich legte auf und kroch wieder ins Bett, kein schlechterer Ort zum Sterben als irgendein anderer.
Damit ich auch bestimmt nicht zu viel Schlaf bekam, gab mir Alice gegen acht Uhr einen Klienten. Ich musste ohne Frühstück los, zum Sequoia Hospital, wo ich immerhin das Glück hatte, eine nette alte Dame zu vertreten, die ihr Leben darauf verwandt hatte, in die Kirche zu gehen und sich um ihre Familie und große Teile der Nachbarschaft zu kümmern – Mutter Teresa ohne die Publizitätsgeilheit. Sie friedlich und glücklich ins Licht gehen zu sehen, erinnerte mich daran, dass ein beträchtlicher Teil meines Tuns darin bestand, dafür zu sorgen, dass gute Menschen ihre verdiente Belohnung erhielten. Als ich fertig war, war fast schon Mittagessenszeit. Ich hatte schon ein paar Tage nicht mehr das Compasses aufgesucht und hatte allmählich Heimweh, also rief ich dort an. Chico stellte das Telefon auf die Theke und ermöglichte so ein Konferenzgespräch mit den anwesenden Chormitgliedern: Walter Sanders, Sweetheart, Jung Elvis und noch ein paar anderen – keine Monica, kein Sam.
»Was ist los, Bobby?«, fragte Kool Filter. Er hatte eine Stimme wie Louis Armstrong, wenn er versuchte, nicht zu husten, und er klang fast immer amüsiert. »Hab gehört, so ein hässliches altes Mistvieh jagt dich durch die Gegend.«
»Nichts, was ich nicht unter Kontrolle habe.« Was glatt gelogen war, aber ich hasse Mitleid. »Sam gesehen?«
»Er war gestern Abend da«, vermeldete Jung Elvis. Den Namen hat er übrigens wegen seiner Frisur. Ich habe nie einen Lebenden so viel Zeit auf die Pusselei an seinem Haar verwenden sehen, wie es dieser Engel tut. Seinetwegen ist der Toilettenspiegel im Compasses immer von Haarspraynebel beschlagen. Aber er hat wirklich eine spektakuläre Tolle, das muss ich zugeben, er sieht aus wie der King in seiner besten Lederjackenzeit. Unser Elvis trägt auch gern dieses Rockabilly-Zeug, mit Cowboystiefeln und allem Drum und Dran.
»Hey, weiß jemand von euch zufällig, wo ich die Sollyhull-Schwestern derzeit finde?«
Kool gluckste. »Shit, du bist echt Masochist, B. Ich glaube, jemand hat mal gesagt, sie verkehren zurzeit in so einem Diner am anderen Ende der Stadt.«
» Superior Grill , am Highway 84«, sagte Walter Sanders auf seine hochmütige Art. »Jedenfalls waren sie da vor einer Woche. Haben mir mein ansonsten absolut mediokres Mittagessen verdorben.«
Ich dankte ihnen und legte auf. Ich vermisste es, mit dem Ganzen Kaputten Chor herumzuhängen, aber die nächsten Tage zumindest würde ich die Jungs auf keinen Fall sehen. Wenn es nicht zu lange dauerte, dem Vermieter der Magianischen Gesellschaft einen Besuch abzustatten, und wenn sonst nichts dazwischenkam oder mich zu töten versuchte, würde ich am Abend wohl noch die Schwestern konsultieren. Sie konnten mir Sachen sagen, die nicht mal
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