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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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Mensch …«
    »Waren die beiden Freunde?«
    »Ja. Aber Antonios trank und spielte, er liebte Gesellschaften, Pferde und so weiter. Er war mit Andronikos befreundet, dem Sohn des Kaisers – wenn auch wohl nicht so eng wie Esaias. Zwar war Ioustinianos ebenfalls ein glänzender Reiter, war aber klüger als er und hat viel gelesen, sich mehr für geistige Dinge interessiert. Er hatte eine Ader für Architektur, Mosaiken, Philosophie und alles Schöne.« Einen Augenblick lang trat der Ausdruck eines aufrichtigen tiefen Bedauerns auf ihr Gesicht.
    Anna war gerührt, empfand Mitleid und eine solche Nähe, dass sie sich kurzzeitig in ihrem Kummer mit Helena eins fühlte.
    Dann schlug die Stimmung um, bevor sie sich auf diesen plötzlichen Wechsel einstellen konnte.
    »Ihr habt Recht«, sagte Helena mit belegter Stimme. »Ihr müsst Euch um mich kümmern. Ich habe weit mehr gelitten, als sich die meisten vorstellen können. Seht nicht so mutlos drein; Ihr seid ein guter Arzt.«
    Mit Mühe gelang es Anna, in die Gegenwart zurückzukehren. »Ich wusste nicht, dass Ioustinianos Euch geliebt hat«, sagte sie und hörte, wie gekünstelt ihre Stimme klang. Sie erinnerte sich daran, wie Konstantinos’ gesagt hatte, Helenas Annäherungsversuche hätten Ioustinianos angewidert und er sei nicht darauf eingegangen. Das entsprach doch sicherlich der Wahrheit? »Ihr vermisst ihn wohl sehr?«, fragte sie.

    »Gewiss«, gab Helena mit einem halb verkniffenen, halb strahlenden Lächeln zurück, das Anna nicht so recht zu deuten vermochte, doch war sie sicher, dass sich etwas dahinter verbarg. In Helenas Augen war Anna ein Eunuch und so etwas wie ein Diener – warum sollte sie etwas preisgeben, was sie nicht zu zeigen brauchte?
    »Und sicher auch Euren Gatten«, fügte Anna hinzu.
    Helena zuckte die Achseln. »Sein pausenloses Gerede über Religion und Politik hat mich angeödet. Die halbe Zeit hat er bei dem verdammten Bischof gehockt.«
    »Konstantinos?«, fragte Anna überrascht.
    »Wem sonst?«, blaffte Helena. Sie sah auf das Glas in ihrer Hand. »Das schmeckt zwar ekelhaft, aber es geht mir eigentlich ganz gut. Ihr braucht nicht länger zu bleiben. Kommt in drei Tagen wieder. Ich bezahle Euch dann.«
    Drei Tage später war Anna noch nicht lange im Hause, als eine weitere Besucherin angekündigt wurde, Eulogia Mouzakios. Helena konnte nicht umhin, sie sogleich hereinzubitten, als sie wieder angekleidet war, auf die Gefahr hin, dass Eulogia die Anwesenheit des Arztes mitbekam. Es wäre gefährlich gewesen, sie annehmen zu lassen, ein anderer Besucher sei anwesend, von dem Helena nicht wollte, dass sie ihm begegnete.
    »Sofern Ihr Euch erdreistet, ihr zu sagen, weshalb Ihr mich behandelt, werde ich Euch nie wieder rufen lassen«, herrschte Helena Anna an. »Habt Ihr das verstanden?«
    »Sagt, dass Ihr Euch den Knöchel verstaucht habt«, riet Anna ihr. »Bestimmt riecht sie die Salbe. Ich werde Euch auf keinen Fall widersprechen.«
    Ohne ihr zu antworten, ordnete Helena ihre Tunika.
    Eulogia kam wenige Augenblicke später herein. Sie war eine elegante, blonde und schlanke Frau, eine halbe Handbreit
größer als Helena. Ihr Gesicht kam Anna so bekannt vor, dass sie zusammenfuhr. Verzweifelt suchte sie in ihrem Gedächtnis, kam aber nicht darauf, wo sie ihr begegnet sein mochte.
    Nachdem Helena die Besucherin begrüßt und deren Geschenk, in Honig eingelegte Früchte, entgegengenommen hatte, wies sie mit einem unendlich herablassenden Lächeln auf Anna und sagte: »Mein Arzt Anastasios.« Eulogia sollte sogleich begreifen, dass es sich um einen Eunuchen handelte, eine weibische, geschlechtslose Gestalt, die den Namen eines Mannes trug.
    Einen Augenblick lang musterte Eulogia Anna, dann sah sie wieder Helena an und unterhielt sich so ungezwungen mit ihr, als sei außer ihnen beiden niemand anwesend.
    Mit einem Mal fiel es Anna wie Schuppen von den Augen: Die Besucherin war Katharinas Schwester. Sie waren einander vor vielen Jahren mehrfach in Nikaia begegnet, als Katharina noch lebte. Kein Wunder, dass Eulogia anfangs angesichts der Züge, die wohl auch in ihr ungenaue Erinnerungen geweckt haben mochten, verwirrt gewesen zu sein schien.
    Anna brach der Schweiß aus, und ihr Atem ging stoßweise. Ihre Hände zitterten. Sie musste sich unbedingt zusammennehmen; auf keinen Fall durfte Eulogia merken, dass sie Ioustinianos’ Schwester vor sich hatte.
    Anna hatte die Medizin für Helena noch nicht zubereitet, und daher wäre es dieser

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