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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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ein Kauffahrer auf dem Weg nach Palästina, das andere hatte gerade erst festgemacht und würde nach einer Woche nach Venedig zurücksegeln.
    »Giuliano Dandolo im Auftrag des Dogen«, stellte er sich dem Kapitän vor. »Ich muss nach Venedig, um ihm so bald wie möglich Bericht zu erstatten.«
    »Ausgezeichnet«, sagte der Kapitän begeistert. » Willkommen an Bord. Ihr kommt früher, als ich erwartet hatte, aber das macht nichts. Boito wird sich freuen. Ihr könnt meine Kajüte haben, dort wird Euch niemand stören.«

    »Boito?«, fragte Giuliano verständnislos und vermutete, dass ihn der Kapitän mit einem anderen verwechselte.
    »Boito hat Briefe vom Dogen für Euch«, gab der Kapitän zurück. »Zweifellos hat er Euch auch noch anderes mitzuteilen, was zu kompliziert oder zu geheim ist, als dass man es niederschreiben würde. Er hat gesagt, er werde gleich heute nach Euch schicken, aber ich wusste nicht, dass er es bereits getan hat. Kommt mit.«
    Schon bald saß Giuliano in der kleinen, aber behaglich eingerichteten Kajüte des Kapitäns einem gut aussehenden Mann Anfang fünfzig gegenüber, der ein Beglaubigungsschreiben des Dogen vorlegte. Er dankte dem Kapitän und bat ihn, dafür zu sorgen, dass man ihn und Giuliano während des Gesprächs nicht störte.
    Sobald sich die Tür hinter dem Kapitän geschlossen hatte, sagte Boito mit ernster Miene: »Ich habe Euch früher schon einmal gesehen, zur Zeit des Dogen Tiepolo. Gewiss habt Ihr wichtige Nachrichten, dass Ihr gekommen seid, bevor ich Euch meine Ankunft habe mitteilen lassen. Berichtet mir über das venezianische Viertel der Stadt.« Mit erwartungsvoll leuchtenden Augen in seinem schmalen Gesicht sah er ihn an.
    Giuliano hatte seine Aufgabe gründlich erledigt, mit allen wichtigen Familien im venezianischen Viertel gesprochen und, was vielleicht noch wichtiger war, den Gesprächen der jüngeren Männer in den Lokalen am Hafen und seiner näheren Umgebung zugehört. Sie waren auf byzantinischem Gebiet geboren worden und wussten nicht so recht, auf welche Seite sie sich stellen sollten.
    » Wer noch Angehörige in Venedig hat, wird vermutlich treu zu uns stehen«, sagte er.
    »Und was ist mit den Jüngeren?«, wollte Boito wissen.

    »Von denen war so gut wie keiner je in Venedig, und die meisten sind inzwischen richtige Byzantiner. Sie sind hier zu Hause, treiben hier ihre Geschäfte, und manche haben einheimische Frauen geheiratet. Aber es ist durchaus möglich, dass sie, selbst wenn sie noch treu zu Venedig stehen sollten, der römischen Kirche im Ernstfall gehorsam wären.«
    Boito atmete langsam aus, seine Schultern entspannten sich kaum wahrnehmbar. »Und für wie wahrscheinlich haltet Ihr es, dass Konstantinopel der Union mit unserer Kirche zustimmt? Mir ist bekannt, dass sich ihr einige der Klöster verweigern werden, möglicherweise auch die meisten außerhalb liegenden Städte.«
    Als Venezianer musste Giuliano treu zu seiner Heimat stehen. Ganz davon abgesehen, hatte er das auch dem Dogen Tiepolo versprochen. Der Gedanke an seine Mutter war zu bitter, als dass er etwas für Byzanz hätte empfinden können, und ohnehin waren die meisten seiner Freunde Venezianer. Für ihn war Konstantinopel gleichbedeutend mit Zoe Chrysaphes und ihresgleichen. Nur Anastasios bildete eine Ausnahme. Doch man durfte um der Freundschaft zu einem einzelnen Menschen willen nicht in das Schicksal von Völkern oder den Verlauf des Kreuzzugs eingreifen, wie leidenschaftlich, großzügig oder verletzlich dieser Freund auch immer sein mochte.
    Andererseits hatte Anastasios, ohne im Geringsten zu zögern und ohne Giuliano zu fragen, ob er schuldig oder schuldlos war, das eigene Leben aufs Spiel gesetzt, um ihn vor einer Anklage wegen Mordes an Grigorios zu bewahren. Außerdem hatte er Zoe auf eine Weise angegriffen, die sie ihm nie verzeihen würde. Wie konnte man Schulden in zwei entgegengesetzte Richtungen begleichen?

    »Sie brauchen mehr Zeit«, sagte Giuliano und zwang sich, sich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. »Lasst ihnen Zeit, dann sehen sie vielleicht, wie weise eine solche Entscheidung wäre. Sie dürfen nicht den Eindruck gewinnen, dass sie den Glauben verraten, den sie verstehen. Man kann nicht erwarten, dass ein Mensch seinen Glauben verleugnet und anchließend dem Treue erweist, der ihn dazu veranlasst hat.«
    Boito legte seine langen, schlanken Finger aneinander und sah Giuliano nachdenklich an. »Viel Zeit können wir ihnen nicht lassen, ob uns

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