Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
sicherlich
den Schluss ziehen, dass Gott ihn nicht verlassen würde?
Vor allem bestand seine Aufgabe jetzt darin, Zoe Chrysaphes in den Arm zu fallen. Zwar war es ihm einmal gelungen, sie durch Gottes Hand niederzustrecken, doch jener eitle, oberflächliche und pflichtvergessene Anastasios hatte sie geheilt.
Er musste sie am späten Abend aufsuchen, wenn er sicher sein durfte, sie allein vorzufinden. Sein Entschluss stand unerschütterlich fest. Er konnte nicht zulassen, dass das Schicksal von Gottes Volk auf Erden in Zoe Chrysaphes’ unzuverlässigen Händen lag.
Es war eine dunkle Nacht. Der Himmel war bedeckt, und der kräftige Wind trieb auf den Straßen allerlei Abfall vor sich her. Am liebsten hätte er das Haus nicht verlassen, aber die Aufgabe, die er zu erfüllen hatte, duldete keinen Aufschub. Vielleicht war eine solche Nacht für diese Art von unumkehrbarer Entscheidung genau richtig.
Man ließ ihn nur zögernd ein und führte ihn in den Empfangsraum mit dem alten Mosaikboden, von wo es in Zoes Privatgemächer ging. Nur unter Androhung, auch sie zu exkommunizieren, brachte er ihre Diener, die ihm nach seinem vorigen Besuch nicht mehr trauten, dazu, ihn mit ihr allein zu lassen.
Danach war ihm nur noch Anastasios im Weg.
»Ich will unter vier Augen mit ihr sprechen«, sagte der Bischof entschlossen. »Darauf hat sie einen Anspruch. Wollt Ihr etwa schuld daran sein, dass sie die Sterbesakramente nicht empfangen kann? Könntet Ihr dann noch vor Gottes Angesicht treten?«
Zögernd ging Anastasios, und Konstantinos schloss eigenhändig die Tür hinter ihm.
Der große Raum war so prächtig wie immer. Das gelbliche Licht der Fackeln in ihren kunstvoll verzierten Haltern ließ ihn warm und friedvoll wirken, wie ein mit Goldstaub bedecktes Gemälde im Goldrahmen. Das große Kruzifix hing an der gewohnten Stelle. So herrlich es war, Bischof Konstantinos fühlte sich bei seinem Anblick unbehaglich. Es kam ihm vor, als wehe ihn etwas nahezu Barbarisches an.
Hinter Zoe, die in einem großen Sessel saß, bedeckte ein mit Bronzefäden durchwebter herrlicher Teppich in allerlei Rot- und Lilatönen die Wand. Von ihm hob sich ihre feuerrote Dalmatika deutlich ab, die sowohl ihre goldtopasfarbenen Augen als auch ihr Gesicht zur Geltung kommen ließ, das nicht so abgezehrt war, wie man es nach ihrer schweren Krankheit hätte annehmen sollen.
»Ich weiß, was Ihr getan habt, Zoe Chrysaphes«, sagte er mit fester Stimme. »Und auch, was Ihr zu tun gedenkt.«
»Ach, wirklich?« Es schien sie kaum zu berühren.
Er beugte sich zu ihr vor. »Der Himmel hat Pläne, von denen die Erde nichts weiß«, fuhr er fort. »Glauben heißt darauf vertrauen, dass Gott uns alles schickt, was wir brauchen. «
Ihre schmalen Brauen hoben sich. »Und davon seid Ihr überzeugt?«
»Aus tiefstem Herzen«, sagte er.
»Wollt Ihr damit sagen, dass ich Eure Haltung nicht beeinflussen kann?«, fragte sie.
»Nicht im Geringsten.« Er lächelte.
»Wie unerschütterlich Euer Glaube doch ist!« Sie sprach langsam, mit einer Stimme, die beinahe wie eine Liebkosung klang.
»Ja, das ist er«, bestätigte er.
»Warum seid Ihr dann gekommen?«
Er spürte, wie es ihn heiß überlief. Beinahe hätte sie ihn in die Falle gelockt.
»Um Eure Seele zu retten, Weib!«, gab er zurück.
»Ihr habt mir doch gesagt, dass ich sie bereits verloren habe«, erinnerte sie ihn. »Werdet Ihr mir jetzt doch vergeben? «
»Ja, vorausgesetzt, Ihr bereut und wendet Euch als gehorsame Tochter wieder der Kirche zu«, teilte er ihr mit. »Widerruft alles, was Ihr zur Unterstützung der Union mit Rom gesagt habt, vergebt Euren Feinden, erstattet der Kirche das Geld zurück, das Ihr genommen habt, unterwerft Euch ihrer Zucht und verbringt den Rest Eurer Tage im Gebet zur Heiligen Jungfrau. Sofern Ihr all das tut, könnte es sein, dass Eure Seele reingewaschen wird.«
»Und das alles, bevor Charles von Anjou unsere Stadt abermals niederbrennt?«, fragte sie mit einer Stimme, in der Spott und Ungläubigkeit lagen.
»Gott ist allmächtig!«, sagte er mit Nachdruck. »Bereut und gehorcht.«
»Ich glaube Euch nicht«, sagte sie leise. »Wir müssen uns selbst helfen.«
»Ihr lästert Gott!«, rief er aus, aufgebracht und zugleich verblüfft. »Er wird Euch zu Boden strecken!« Er hob die Hand und stieß mit dem Zeigefinger nach ihr wie mit einer Waffe.
Das Lächeln, mit dem sie ihn ansah, war ein wenig schief, weil sie die Muskeln ihrer rechten Gesichtshälfte noch
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