Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
Vom Netzwerk:
verlassen hätten, durch das Fenster, durch das er wohl auch gekommen war, in die Nacht verschwinden.
    Künftig würde sie dafür sorgen, dass alle Fenster und Türen sicher verschlossen wurden.
    Zwei Tage später schlug Zoe die Augen auf. Sie schien verwirrt und verängstigt zu sein. Als sie zu reden versuchte, kamen nur unverständliche Laute aus ihrem Mund. Thomais hielt ihr etwas zum Schreiben hin, Zoe ergriff es ungeschickt, versuchte einige Worte zu krakeln und gab es dann auf.
    Man teilte Helena mit, dass ihre Mutter wach sei, aber nicht sprechen könne. Sie kam, sah Zoe mit einem Ausdruck sonderbarer Befriedigung an, wandte sich dann ab und eilte davon. Kurz darauf kam das erste verständliche Wort aus Zoes Mund. Klar und deutlich sagte sie: »Anna …«
    Langsam stellten sich Fortschritte ein. Bis zum Abend hatte Zoe einige weitere einfache Wörter und Namen gesagt, Bitten geäußert und ihre Hände etwas sicherer bewegt. Beim Anblick des Entsetzens in ihren Augen empfand Anna unwillkürlich ein tiefes Mitgefühl. Sicher wäre es für Zoe besser gewesen, infolge des Schlaganfalls gleich zu sterben, statt jetzt Schritt für Schritt dahinzuschwinden. Anna war sich bewusst, dass der spitzbärtige Mann zurückkehren würde, falls sich Zoe erholte, und diese ihm dann den Befehl erteilen würde, Giuliano zu töten. Auch wenn sie Zoe nicht daran hindern konnte, hatte sie vielleicht eine Möglichkeit, den Spitzbärtigen ausfindig zu machen und ihm
in den Arm zu fallen. Es gab einen Menschen, dem sie vertrauen konnte und der die Macht hatte, ihr dabei zu helfen – Nikephoros.
    Es war schon spät und regnete in Strömen, als sie den Kaiserpalast erreichte. Erst nach einer Weile konnte sie die Wachen überreden, sie einzulassen und bei Nikephoros anzumelden.
    Er sah beunruhigt aus; auf seinem müden Gesicht lag der Ausdruck tiefen Ernstes.
    »Was gibt es?«, fragte er besorgt. »Ist Zoe tot?«
    »Nein«, gab Anna zurück. »Es ist durchaus möglich, dass sie sich vollständig erholt. Es geht mit ihr rasch aufwärts, und sie hat einen eisernen Willen.«
    Sie berichtete knapp den Vorfall, dessen Zeugin sie geworden war, teilte ihm die Annahme des Eindringlings mit, dass Zoe ihn hören könne, und dessen Absicht, Giuliano zu töten, sobald sie es ihm gebot. »Dandolo versucht in Sizilien einen Aufstand gegen Charles von Anjou anzuzetteln … vermute ich«, fügte sie hinzu. »Das macht ihn aber doch zum Verbündeten von Konstantinopel. Wenn wir diejenigen töten, die uns helfen, oder zulassen, dass man sie tötet, werden wir nicht viele finden, die künftig bereit sind, uns in Gefahren beizustehen.«
    Nikephoros lächelte. »Bei dem Mann, den Ihr beschrieben habt, dürfte es sich um Scalini handeln. Ich werde nicht zulassen, dass man Dandolo tötet – zumindest nicht auf Zoes Betreiben hin. Was ihm, davon abgesehen, in Sizilien zustößt, liegt außerhalb meiner Macht. Ich denke, dass Scalini seine Aufgabe erfüllt hat. Im Übrigen ist er Zoes Kreatur, nicht unsere.«
    »Tatsächlich?«, fragte sie rasch.
    »O ja«, sagte er mit betrübtem Gesicht. »Aber ich weiß,
wo man ihn finden kann. Ich bürge Euch dafür, dass er Konstantinopel nicht verlassen wird.«
    »Ich bin Euch aufrichtig dankbar«, sagte sie, und es war ihr ernst damit.
    Zoes Erholung schritt rasch voran. Schon wenige Tage später konnte sie Sätze bilden, auch wenn ihr noch so manche Wörter Mühe bereiteten. Sie begann zu essen und trank den Kräuterabsud, den Anna für sie zubereitete. Sie war eine überraschend gefügige Patientin, befolgte jede Anweisung und kam auf diese Weise bald wieder auf die Beine.
    Zwei Wochen nach Zoes Schlaganfall erklärten die vier Brüder Skleros in aller Öffentlichkeit, dass sie Kaiser Michaels Bemühungen zur Rettung des Reiches rückhaltlos unterstützen würden. Fortan gaben sie statt der beträchtlichen Zuwendungen an die Kirche einen großen Teil ihres Vermögens an Zoe, damit im Herrschaftsgebiet des Charles von Anjou der Aufruhr geschürt werden konnte.

KAPİTEL 89
    Den Blick auf den Springbrunnen gerichtet, stand Bischof Konstantinos allein im Hof. Vor seinem inneren Auge schrumpfte alles zu einem winzigen Bild zusammen, das so scharf und klar war wie der Nordwind. Sein ganzes Leben, alles Gute und Böse darin, war auf diesen Zeitpunkt zugelaufen, da ihn das Verstehen wie ein Lichtstrahl getroffen hatte. Trotz allen Verrats, der verübt worden war, hatte er die Sache nicht verlorengegeben. Daraus durfte er doch

Weitere Kostenlose Bücher