Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
Vom Netzwerk:
bereits bekannt?«
    »O ja, ausgesprochen gefährlich«, sagte sie kaum hörbar. »Aber tut nicht so, als wüsstet Ihr, wovon Ihr sprecht«, gab sie mit bösem Lächeln zurück. »Ich darf Euch versichern, dass das nicht der Fall ist.«
    Was mochte der Grund für die unverhohlene Schadenfreude sein, mit der sie ihn ansah?
    »Es hat ganz den Anschein«, gab er ihr Recht und senkte den Blick, als sei er tief bedrückt.
    Helena stieß ein grausames Lachen aus. »Ich merke schon, dass meine Mutter Euch nicht in das Geheimnis eingeweiht hat«, erklärte sie. »Sie ist dahintergekommen, dass der von Euch so sehr bewunderte einzigartige Eunuch ein ausgemachter Schwindler ist! Sein ganzes Leben und alles, was damit zusammenhängt, ist eine einzige Lüge.«
    Palombara erstarrte und spürte, wie Zorn in ihm aufstieg.

    Helena sah ihn höhnisch an. »Um genau zu sein, müsste ich ›ihr ganzes Leben‹ sagen«, fuhr sie fort. »Anna Zarides ist – jedenfalls dem Gesetz nach – eine Frau wie ich. Doch scheint irgendetwas Widerwärtiges in ihrem Wesen sie veranlasst zu haben, sich all die Jahre als Mann auszugeben. Würdet Ihr nicht sagen, dass das Sünde ist? Was sollte ich Eurer Ansicht nach tun, Ehrwürdigste Exzellenz? Sie etwa bei ihrer Täuschung unterstützen? Ließe sich das moralisch rechtfertigen?«
    Er war so fassungslos, dass er kaum ein Wort herausbrachte. Er zweifelte nicht an dem, was Helena sagte, und begann sie zu verabscheuen, als er ihr gehässig verzogenes Gesicht sah.
    Dann lächelte er. Auf ihren Zügen war blanker Neid zu erkennen. Zoe lebte nicht mehr, und jetzt konnte Helena ihren Triumph nicht bis zur Neige auskosten. Er war nur halb so viel wert, wenn Zoe nichts davon mitbekam. Aber zumindest konnte sie jenen Anastasios vernichten, die Tochter, die Zoe ihr vorgezogen hatte.
    Er erkannte die nackte Wut in Helenas Augen. »Mein herzliches Beileid«, sagte er noch einmal, verabschiedete sich und ging.
    Draußen auf der Straße verschwand das Hochgefühl, das er empfunden hatte, schlagartig, und an seine Stelle trat Furcht. Sofern Anastasios tatsächlich eine Frau war, schwebte sie in höchster Gefahr, wenn ein Mensch wie Helena das wusste. Zwar war ihm nicht bekannt, mit welcher Art von Strafe der Eunuch rechnen musste, wenn Helena das öffentlich bekanntmachte, doch sie wäre mit Sicherheit grausam.
    Zoe hatte das Geheimnis des Arztes gekannt und für sich behalten. Allein das war schon bemerkenswert. Es konnte
nur heißen, dass sie vor dieser Frau große Achtung hatte, wenn nicht gar eine gewisse Zuneigung zu ihr empfand.
    Er schritt rascher aus. Der Wind wehte ihm ins Gesicht. Je länger er über Helenas Worte nachdachte, desto mehr nahmen seine Befürchtungen zu. Er erwog, Anna Zarides aufzusuchen und zu warnen. Doch was würde das nützen? Das Einzige, was sie tun konnte, wäre zu fliehen, wie so viele andere. Aber würde sie das tun? Das brachte ihn zu der Frage, was der Grund für ihr Verhalten sein mochte.
    In Frauenkleidern sähe sie sicherlich blendend aus. Warum also hatte sie sich über Jahre hinweg auf diese Weise verleugnet? Welches Ziel hatte sie um diesen hohen Preis verfolgt?
    Um Näheres zu erfahren, suchte er einen Mann auf, den er gut kannte und dessen Arzt Anastasios längere Zeit gewesen war. Von ihm erfuhr er, dass der Arzt in seinem Zusammenwirken mit Bischof Konstantinos zahlreiche Menschen kostenlos behandelt hatte.
    Es entstand das Bild einer Frau, die sich voll Begeisterung der Medizin verschrieben hatte, aber keineswegs ohne Schwächen war. Sie hatte Situationen falsch eingeschätzt, und sie konnte aufbrausend sein. Ihm kam der Gedanke, dass sie ein schlechtes Gewissen haben müsse, auch wenn er nicht hätte sagen können, weshalb. Je mehr er über sie erfuhr, desto mehr faszinierte sie ihn und desto mehr drängte es ihn, sie zu beschützen.
    Seine Nachforschungen ergaben, dass sie sich mit großem Eifer und eindringlich nach dem Mord an Bessarion Komnenos erkundigt hatte.
    Ob zwischen den beiden eine Beziehung bestanden hatte? Aber nein, sie war früher nie in Konstantinopel gewesen, und Bessarion hatte die Stadt seit seiner inzwischen
fast zwanzig Jahre zurückliegenden Rückkehr aus dem Exil kein einziges Mal verlassen. Es musste um einen anderen gehen. Eigentlich konnte das nur Ioustinianos Laskaris sein, der Mann, den Kaiser Michael im Zusammenhang mit dem Mord an Bessarion verbannt hatte. Im Laufe der Zeit erfuhr Palombara auch, wohin – irgendwo in Judäa. Welche

Weitere Kostenlose Bücher