Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman
Finsternis in ihr, vor der Erinnerung an den Hass.
Mit freundlicher Stimme sagte Konstantinos rasch, als könne er spüren, wie aufgewühlt sie war, auch wenn er den Grund dafür nicht kannte: »Seid stark. Ihr habt Großes zu tun. Gott wird Euch beistehen, wenn Ihr nur im Glauben fest seid.«
Verblüfft fragte sie: » Wie denn? Ich bin zu nichts berufen. «
»Doch«, sagte er. »Ihr seid ein Heiler. Ihr als die linke Hand des Priesters lindert Schmerzen, kuriert den Leib und besänftigt Ängste. Sagt allen, denen Ihr helft, die Wahrheit. Gottes Wort kann jegliche Krankheit heilen, vor der Finsternis in der Welt und mehr noch vor der in unserem Inneren schützen.«
»Das will ich tun«, flüsterte sie. » Wir können den Dingen eine Wendung geben. Wir wollen den Blick auf Gott richten und nicht auf Rom.«
Der Bischof lächelte. Er hob seine große weiße Hand zum Kreuzzeichen.
Der schmächtige junge Priester hinter ihm tat es ihm nach.
»Wenn Euer Bruder hier wäre, wüssten wir, was wir zu tun hätten«, sagte Simonis mit grimmiger Miene, als Anna später in der warmen, vom Duft nach Würzkräutern erfüllten Küche stand und ihr berichtete. »Es ist eine Schande, schlimmer – es ist Gotteslästerung.« Tief Luft holend, wandte sie sich vom Tisch ab und Anna zu. » Was habt Ihr
noch über diesen Bessarion in Erfahrung gebracht? Wir sind jetzt beinahe eineinhalb Jahre hier, und sein Mörder läuft nach wie vor frei herum. Irgendjemand muss doch Bescheid wissen!« Kaum hatte sie das gesagt, als sie schuldbewusst das Gesicht verzog. Sie begann erneut, Zwiebeln zu schneiden und sie mit Würzkräutern zu vermengen.
»Mit unbedachtem Vorgehen würde ich alles nur noch schlimmer machen«, versuchte Anna erneut zu erklären. »Du hast es selbst gesagt: Bessarions Mörder befindet sich noch auf freiem Fuß.«
Simonis erstarrte. »Seid Ihr in Gefahr?«
»Das glaube ich nicht«, gab Anna zurück. »Du hast Recht. Ich sollte mehr in einer anderen Richtung suchen. Bessarion war außerordentlich wohlhabend, aber ich finde nicht den geringsten Hinweis darauf, dass er sich an anderen bereichert hätte. Die Mehrung seines Wohlstandes scheint ihn also nicht sonderlich interessiert zu haben – es ging ihm offenbar um den Glauben.«
»Und um die Macht«, fügte Simonis hinzu. »Vielleicht solltet Ihr in der Richtung suchen?«
»Das werde ich tun, auch wenn ich nicht weiß, was das mit Ioustinianos oder Antonios zu tun haben könnte.«
KAPİTEL 12
Von schlechtem Wetter aufgehalten, erreichten Palombara und Vicenze Konstantinopel erst im November. Ihre erste Amtshandlung würde darin bestehen, als Zeugen der Unterzeichnung des in Lyon getroffenen Abkommens durch den Kaiser und die Bischöfe der orthodoxen Kirche
beizuwohnen. Dieser feierliche Akt sollte am 16. Januar des Jahres 1275 stattfinden. Anschließend würden sie als päpstliche Legaten in Byzanz bleiben. Beide hatten die Aufgabe, Seiner Heiligkeit über den jeweils anderen Bericht zu erstatten, womit das ganze Unternehmen zu einem Balanceakt aus Lügen, Ausflüchten und Machtspielen wurde.
Von Abgesandten des Papstes wurde ein gewisser Lebensstil erwartet, und bereits bei der Wahl ihres Wohnsitzes traten ihre Wesensunterschiede noch deutlicher zutage.
»Das hier ist großartig«, sagte Vicenze von einem prachtvollen Anwesen unweit des Kaiserpalastes, das man ihnen zu einem annehmbaren Preis zur Verfügung stellen wollte. Er stand in der Mitte des Mosaikbodens und begutachtete die herrlich bemalten Wände, die großartigen Deckengewölbe und die aufwendig verzierten Säulen. »Niemand, der uns hier aufsucht, wird die Bedeutung unserer Sendung oder dessen, der uns geschickt hat, unterschätzen. «
Palombara verzog unwillig das Gesicht. »Mir gefällt nicht, dass es so protzig aussieht. Wahrscheinlich ist es neu.«
»Euch wäre wohl ein hübsches Schlösschen im Aretinerstil lieber? Anheimelnd und behaglich?«, fragte Vicenze sarkastisch. »Nichts als kleine Steine und spitze Winkel.«
»Mir wäre etwas Zurückhaltenderes lieber«, ließ Palombara ihn wissen, wobei er versuchte, die Kälte aus seiner Stimme herauszuhalten. Vicenze kam aus Florenz, das seit langer Zeit auf dem Gebiet der Künste und der Politik in einem erbitterten Widerstreit mit Palombaras Heimatstadt Arezzo lag. Ihm war klar, was hinter dieser anzüglichen Bemerkung steckte.
Vicenze sah ihn griesgrämig an. »Das hier wird die Leute
beeindrucken. Außerdem liegt es günstig. Wir können
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