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Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman

Titel: Die Dunklen Wasser Des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry , K. Schatzhauser
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Träumer wie Bischof Konstantinos, der gleich ihm überzeugt ist, Byzanz lasse sich eher durch den Glauben retten als
durch Diplomatie. Wir haben nie über ein besonders großes Heer und auch nie über eine große Flotte verfügt, sondern uns stets nach Möglichkeit aus dem Kampfgeschehen herausgehalten und unsere Feinde gegeneinander ausgespielt. Dazu aber braucht man außer fähigen Köpfen auch die Bereitschaft, Kompromisse einzugehen. Vor allem aber muss man die Kunst beherrschen, auf den richtigen Augenblick zu warten.«
    »Das erfordert eine Art Mut, die man nicht häufig findet«, sagte sie und dachte dabei an Bischof Konstantinos’ geradezu schwärmerische Überzeugung, die Jungfrau Maria werde die Bewohner der Stadt beschützen, sofern diese am überlieferten Glauben festhielten. Sicherlich entsprach seine Art, die Stadt zu verteidigen, dem Wunsch Gottes, während die des Kaisers die eines Mannes war, der sich auf sein Urteilsvermögen und seine eigenen Fähigkeiten verließ, auf Gerissenheit und Schläue.
    Sie überlegte, ob Ioustinianos wirklich gesagt hatte, was er glaubte, oder eher das, was zu sagen in der Situation klug erschienen war.
    Ein Diener kam, und sie folgte Nikephoros ins Gemach des Kaisers.
    Er fieberte noch ein wenig, aber der Ausschlag hatte sich deutlich gebessert und sich vor allem nicht weiter ausgebreitet. Sie hatte außer Blättern für einen Aufguss, der sowohl das Fieber als auch die Schmerzen lindern sollte, eine Salbe mitgebracht, die sie aus Weihrauch, Mastix, Holunderrinde sowie Öl und Eiklar angerührt hatte.
    Als sie zwei Tage später erneut kam, war der Kaiser aufgestanden und vollständig angekleidet. Er hatte nach ihr schicken lassen, um ihr zu danken und sie großzügig zu belohnen. Sie verbarg ihre Erleichterung.

    »Hat man mich vergiftet, Anastasios Zarides?«, fragte er, den Blick seiner schwarzen Augen suchend auf ihr Gesicht gerichtet.
    Sie hatte mit der Frage gerechnet. »Nein, Majestät.«
    Seine geschwungenen Brauen hoben sich. »Dann habe ich also gesündigt, und Ihr habt es mir nicht gesagt?«
    Auch damit hatte sie gerechnet. »Ich bin kein Priester, Majestät.«
    Er überlegte einen Augenblick. »Nikephoros sagt, dass Ihr klug und ehrlich seid. Hat er sich geirrt?«
    »Ich hoffe nicht«, sagte sie, ohne ihm in die Augen zu sehen. Sie legte so viel Aufrichtigkeit in ihre Stimme, wie sie konnte.
    »Ist es eine Sünde, dass ich die Union mit Rom anstrebe, und fehlt Euch der Mut oder die Glaubensfestigkeit, mir das zu sagen?«, fuhr er fort.
    Auf diese Frage war sie nicht gefasst. In seinen Zügen lag Belustigung und zugleich Ungeduld. Sie musste sich rasch eine Antwort überlegen. »Mein Fachgebiet ist die Heilkunde, Majestät. Ich weiß nicht genug über den Glauben. Er hat uns im Jahre 1204 nicht gerettet, aber der Grund dafür ist mir nicht bekannt.«
    »Vielleicht war unser Glaube nicht stark genug«, gab er zu bedenken und musterte sie langsam, als könne er die Antwort an der Art ablesen, wie sie dastand, oder an der Haltung ihrer ineinander verschlungenen Hände. »Ist mangelnder Glaube eine Sünde oder eine Schwäche?«
    »Wer wissen will, ob er glauben soll oder nicht, muss zuvor verstehen, was Gott versprochen hat«, gab sie zurück, während sie verzweifelt nach einer rettenden Antwort suchte. »Zu glauben, dass Gott uns etwas einfach deshalb gibt, weil wir es gern hätten, ist töricht.«

    »Wird Er seine wahre Kirche nicht beschützen, weil das Sein Wunsch ist?«, hielt er dagegen. »Oder ist es unsere Aufgabe, alle Einzelheiten genau zu beachten und dann gegen Rom aufzustehen?«
    Er trieb sein Spiel mit ihr. Nichts von dem, was sie sagen mochte, würde seine Einstellung ändern, wohl aber konnte es über ihr künftiges Geschick entscheiden. Vielleicht würde er feststellen, dass sie ihm zu Gefallen die Unwahrheit über ihren Standpunkt sagte, und dann auch nicht glauben, dass sie in Bezug auf seine Krankheit ehrlich gewesen war.
    »Ich denke, der Grund dafür, dass die Stadt vor siebzig Jahren Feuer und Schwert zum Opfer gefallen ist, war unser blindes Vertrauen«, sagte sie. »Vielleicht erwartet Gott von uns, dass wir diesmal eine Möglichkeit finden, unserem Glauben wie auch unserer Klugheit zu folgen. Nie werden alle gerecht sein und nie alle weise. Die Starken müssen die Schwachen beschützen.«
    Er schien mit dieser Antwort zufrieden zu sein und wechselte das Thema.
    »Sagt mir, womit Ihr mich geheilt habt, Anastasios Zarides. «
    »Mit

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