Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)
Dingen, die sie uns dort beigebracht haben, gehört der Unterschied zwischen kleinen Jungs und kleinen Mädchen. Die Sache mit dem nicht vorhandenen Penis ist normalerweise ein ziemlich sicheres Zeichen.«
Logan setzte zu der nahe liegenden Frage an, doch Isobel fiel ihm ins Wort.
»Und damit meine ich nicht, dass er entfernt wurde, wie bei dem Reid-Jungen. Er war von Anfang an nicht vorhanden.« Sie hob ihre Instrumententasche auf. »Wenn ihr einen Todeszeitpunkt oder sonst irgendwas von mir wollt, müsst ihr warten, bis ich sie obduziert habe.« Sie winkte dem Spurensicherer zu, der den Plastikbeutel für sie ausgebreitet hatte. »Sie da – packen Sie alles in eine Kiste und bringen Sie’s ins Leichenschauhaus. Ich mache dort weiter.«
Ein gemurmeltes »Ja, Ma’am« war die Antwort. Dann war sie weg. Die Tasche nahm sie mit. Was zurückblieb, war die Kälte.
Der Spusi wartete, bis sie sicher außer Hörweite war, und brummte dann: »Frigide Zicke.«
Logan eilte ihr nach und holte sie ein, als sie zu ihrem Wagen stakste. »Isobel? Isobel, warte!«
Sie zielte mit dem Schlüssel auf den Wagen, worauf die Blinker aufleuchteten und der Kofferraumdeckel aufsprang. »Ich kann dir nichts weiter sagen, solange ich die Leiche nicht auf dem Tisch habe.« Auf einem Bein hopsend streifte sie den einen Gummistiefel ab, warf ihn in eine mit Plastikfolie ausgelegte Kiste und schlüpfte mit dem Fuß in einen Wildlederstiefel.
»Was sollte das da vorhin?«
»Was sollte was?« Sie nahm sich den zweiten Gummistiefel vor, wobei sie sich bemühte, ihre schönen neuen Schuhe nicht allzu sehr zu versauen.
»Hör mal, wir müssen schließlich zusammenarbeiten, okay?«
»Das ist mir sehr wohl klar«, erwiderte sie. Sie riss sich den Overall vom Leib, stopfte ihn zu den Gummistiefeln und schlug den Kofferraumdeckel zu. »Ich bin doch nicht diejenige, die ein Problem hat!«
»Isobel …«
Ihre Stimme wurde schlagartig zwanzig Grad kälter. »Hast du da drin absichtlich versucht, mich zu demütigen? Wie kannst du es wagen, meine Fachkompetenz in Frage zu stellen?« Sie riss die Wagentür auf, stieg ein und knallte sie ihm vor der Nase zu.
»Isobel …«
Die Scheibe glitt hinunter, und sie blickte zu Logan auf, der im strömenden Regen vor ihr stand. »Ja?«
Aber Logan wusste nicht, was er sagen sollte.
Sie warf ihm noch einen finsteren Blick zu und ließ den Motor an. Dann fuhr sie ein Stück vor, setzte zurück und brauste mit aufheulendem Motor über die matschige Piste davon.
Logan sah den verschwindenden Rücklichtern nach, fluchte halblaut und trottete zum Zelt zurück.
Das kleine Mädchen lag noch da, wo Isobel es zurückgelassen hatte. Die Spusis waren zu sehr damit beschäftigt, hinter ihrem Rücken über die Pathologin zu lästern, um ihren Anweisungen Folge zu leisten. Logan seufzte und ging vor dem traurigen Bündel Mensch in die Hocke.
Das Gesicht des Mädchens war fast vollständig verdeckt, ihr Kopf fest mit Klebeband umwickelt. Die Hände waren dicht nebeneinander an die Brust gebunden, ebenso wie die Knie. Aber es sah so aus, als wäre dem Täter das Klebeband ausgegangen, bevor er die Beine richtig fixiert hatte. Deshalb hatte das linke aus dem Müllsack hervorgeschaut und als Zwischenmahlzeit für eine gefräßige Möwe gedient.
Er zog sein Handy aus der Tasche und rief im Revier an, um zu fragen, ob irgendwo ein Mädchen von drei oder vier Jahren als vermisst gemeldet worden war. Es lag nichts vor.
Leise fluchend tippte er DI Inschs Nummer ein, um ihm die schlechte Nachricht zu melden. »Hallo, Sir? Ja, hier DS McRae … Nein, Sir.« Er holte tief Luft. »Es ist nicht Richard Erskine.«
Betroffenes Schweigen am anderen Ende, dann: »Sind Sie sicher?«
Logan nickte, obwohl Insch ihn gar nicht sehen konnte. »Ganz sicher. Das Opfer ist ein kleines Mädchen, drei oder vielleicht vier Jahre alt, aber sie ist nicht als vermisst gemeldet.«
Unflätige Vokabeln ergossen sich aus dem Telefon.
»Das hab ich auch gesagt, Sir.«
Die Spusis bedeuteten ihm mit Gesten, dass sie die Leiche abtransportieren und ins Leichenschauhaus schaffen wollten. Logan nickte. Der, der Isobel eine frigide Zicke genannt hatte, zog sein Handy aus der Tasche und rief das zuständige Bestattungsunternehmen an. Es ging nicht an, dass man ein totes Kind auf der Ladefläche eines verdreckten Vans durch die Gegend kutschierte.
»Glauben Sie, dass es eine Verbindung zwischen den beiden Todesfällen gibt?« In DI Inschs Stimme schwang
Weitere Kostenlose Bücher