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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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mochte, wenn er sich ein Tässchen Crème fraîche oder eine Avocado borgen wollte.
    Ein Knarren war zu hören, gefolgt vom Plärren eines Fernsehers, und dann wurde der Riegel zurückgezogen. Der Schlüssel drehte sich im Schloss.
    Die Tür wurde von einem Mann Anfang dreißig geöffnet. Er hatte langes Haar, eine schiefe Nase und einen sorgfältig gestutzten Bart. »Hallo …« – weiter kam er nicht.
    Constable Watson warf sich auf ihn, packte seinen Arm und demonstrierte ihm, wie dieser sich auf eine völlig neuartige, von der Natur nicht vorgesehene Art und Weise verbiegen ließ.
    »Was zum … Hey!«
    Sie schob ihn in die Wohnung.
    »Aaaaaah! Sie brechen mir den Arm!«
    Watson zog die Handschellen heraus. »Norman Chalmers?«, fragte sie, während sie ihm die kalten Metallreifen um die Handgelenke legte.
    »Ich habe nichts getan!«
    Logan trat in die Diele. Er musste sich an Constable Watson und ihrem sich windenden Gefangenen vorbeischieben, um die Tür hinter sich zumachen zu können. Die Diele war winzig und hatte einen dreieckigen Grundriss. Drei Kiefernholztüren mit Paneelen zweigten von ihr ab, und ein offener Durchgang führte zu einer Einbauküche, die klein genug war, um einem Paddelboot als Kombüse zu dienen.
    Alles war in so knalligen Farben gestrichen, dass einem beim Hinsehen die Augen tränten.
    »Also, Mr. Chalmers«, sagte Logan und öffnete aufs Geratewohl eine Tür, hinter der ein kompaktes, in leuchtendem Grün gehaltenes Bad zum Vorschein kam. »Wie wär’s, wenn wir uns einfach hinsetzen und ein wenig plaudern?« Er versuchte es mit einer anderen Tür und entdeckte ein geräumiges, orange gestrichenes Wohnzimmer mit einem braunen Cordsofa, einer Kaminattrappe mit Gasfeuer, einer Heimkinoanlage und einem Computer. Die Wände waren mit Filmplakaten und einem riesigen Regal voller DVDs bedeckt.
    »Eine schöne Wohnung haben Sie, Mr. Chalmers – oder darf ich Norman sagen?«
    Logan nahm auf dem scheußlichen braunen Sofa Platz und bemerkte zu spät, dass es über und über mit Katzenhaaren bedeckt war.
    Chalmers wäre ihm am liebsten an die Gurgel gegangen, doch seine Hände waren hinter dem Rücken gefesselt, und Constable Watson hatte ihn immer noch fest im Griff. »Was soll der Scheiß, verdammt?«
    Logans Lächeln hatte etwas Gefährliches. »Alles zu seiner Zeit, Sir. Constable Watson, wären Sie so freundlich, diesem Herrn seine Rechte vorzutragen?«
    »Sie verhaften mich? Weshalb? Ich habe nichts getan!«
    »Deswegen müssen Sie doch nicht gleich schreien, Sir. Constable, wenn ich bitten darf …«
    »Norman Chalmers«, sagte sie, »ich verhafte Sie wegen des Verdachts, ein bisher nicht identifiziertes vierjähriges Mädchen ermordet zu haben.«
    »Was?« Er sträubte sich gegen die Handschellen, während Watson den Rest ihres Textes herunterbetete, und schrie immer wieder, dass er nichts getan habe. Dass er niemanden ermordet habe. Dass das alles ein Irrtum sei.
    Logan wartete, bis er sich ausgetobt hatte, und hielt ihm dann einen Stapel vorschriftsmäßig unterschriebener und beglaubigter Papiere unter die Nase. »Ich habe hier einen Gerichtsbeschluss zur Durchsuchung dieser Wohnung. Sie waren unvorsichtig, Norman. Wir haben ihre Leiche gefunden.«
    »Ich habe nichts getan!«
    »Sie hätten einen neuen Müllsack benutzen sollen, Norman. Sie haben sie umgebracht und dann einfach mit Ihrem ganzen anderen Müll in die Tonne geworfen. Aber Sie haben nicht darauf geachtet, ob da irgendwelches belastende Material drin war, nicht wahr?« Er hielt den transparenten Plastikbeutel mit dem Supermarkt-Kassenbon hoch. »Avocados, Cabernet Sauvignon, Crème fraîche und ein halbes Dutzend Freilandeier. Besitzen Sie eine Kundenkarte von Tesco, Sir?«
    »Das ist doch Wahnsinn! Ich habe niemanden umgebracht!«
    Als Constable Watson den Blick senkte, sah sie etwas Unförmiges in Chalmers’ Gesäßtasche stecken. Es war eine Geldbörse. Und dort, versteckt zwischen einer Visa-Karte und dem Mitgliedsausweis der Videothek um die Ecke, fand sich die Kundenkarte. Die Nummer darauf stimmte mit der auf dem Bon überein.
    »Lassen Sie uns Ihren Mantel holen, Mr. Chalmers. Sie machen jetzt mit uns einen kleinen Ausflug.«
    Im Vernehmungsraum 3 war es drückend heiß. Der Heizkörper pumpte immer noch mehr Wärme in die enge, beige gestrichene Zelle, und Logan gelang es nicht, ihn abzustellen. Es gab noch nicht einmal ein Fenster, das sie hätten öffnen können. So mussten sie die Hitze und die stickige

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