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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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lächelte. »Fast gar keine Rechtschreibfehler.«
    »Unverschämtheit!«
    »Also, wieso sind Sie wirklich hier?«
    Miller lehnte sich entspannt auf seinem Stuhl zurück, wobei er seinen Kaffeebecher mit beiden Händen dicht vor die Brust hielt, aber nicht so dicht, dass er sich seinen schönen neuen Anzug bekleckert hätte. »Das wissen Sie ganz genau: Ich will die Story hinter der Story. Den großen Knüller. Das da« – er tippte mit dem Finger auf die Titelseite der Zeitung –, »hat eine ziemlich kurze Halbwertszeit. Heute, morgen noch, und das war’s dann. Der Kleine ist wohlbehalten wieder aufgetaucht, und es hat niemand anderes als sein Papa dahintergesteckt. Eine Familienangelegenheit. Nichts von Blut und zerfetzten Gedärmen, keine saftige Portion Schock und Horror für die Leser. Wenn das Kind tot wäre, könnte man das Thema noch wochenlang bringen. Aber so will schon übermorgen kein Mensch mehr was davon wissen.«
    »Bisschen zynisch.«
    »Ich sag’s so, wie ich’s sehe«, erwiderte Miller ungerührt.
    »Sind Sie deswegen bei Ihren Kollegen so unbeliebt?«
    Miller zuckte nicht einmal mit der Wimper, sondern steckte sich seelenruhig einen weiteren aufgequollenen, kaffeegetränkten Gebäckklumpen in den Mund. »Na ja … Kein Mensch mag einen Klugscheißer – nicht, wenn er selbst daneben wie ein Idiot aussieht.« In einer passablen Imitation eines Aberdeener Akzents fuhr er fort: »›Sie sind kein Teamplayer!‹ – ›So haben wir das hier noch nie gemacht!‹ – ›Machen Sie nur weiter so, dann sind Sie bald weg vom Fenster!‹« Er schnaubte verächtlich. »Ja, sie können mich nicht leiden, aber sie drucken meine Artikel, nicht wahr? Seit ich bei dem Verein bin, habe ich mehr Sachen auf die Titelseite gekriegt als die meisten von den alten Knackern dort in ihrem ganzen Leben!«
    Logan lächelte. Da hatte er wohl einen Nerv getroffen.
    »Also«, meinte Miller, während er den Rest seines Croissants wegputzte und sich die Krümel von den Fingern leckte, »wollen Sie mir jetzt erzählen, wie Sie das vermisste Kind gefunden haben, oder was?«
    »Vergessen Sie’s! Ich hatte schon mal die Dienstaufsicht zu Besuch – die wollten unbedingt wissen, wer Ihnen gesteckt hatte, dass wir David Reids Leiche gefunden hatten. Die werden mich voll auflaufen lassen, wenn ich weiter ohne offizielle Genehmigung Informationen unters Volk streue.«
    »So wie gestern?«, fragte Miller unschuldig.
    Logan sah ihn nur an.
    »Okay, okay«, beschwichtigte der Reporter, während er die Überreste des Frühstücks zusammenräumte. »Schon kapiert. Eine Hand wäscht die andere, hm?«
    »Sie müssen mir sagen, wer Ihre Quelle ist.«
    Miller schüttelte den Kopf. »Das kommt nicht in Frage. Das wissen Sie genau.« Er stellte die Milch und die Butter zurück in den Kühlschrank. »Wie weit sind Sie mit der Information gekommen, die ich Ihnen gegeben habe?«
    »Äh … wir gehen der Sache nach«, log Logan. Diese verflixte Leiche im Hafen! Der Typ ohne Kniescheiben! Nachdem Insch ihn wegen seiner Plauderei mit der Presse zusammengestaucht hatte, war Logan noch gar nicht dazu gekommen, mit dem DI zu sprechen, der für die Ermittlungen zuständig war. Er war zu sehr mit Schmollen beschäftigt gewesen.
    »Okay, dann reden Sie mal in aller Ruhe mit Ihrem DI, und ich erzähle Ihnen, was ich über den letzten bekannten Aufenthaltsort von George Stephenson herausgefunden habe. Klingt das nach einem fairen Deal?« Er zog eine druckfrische Visitenkarte aus seinem Portemonnaie und legte sie auf den Küchentisch. »Sie haben bis vier Uhr Zeit. ›Wie kam der Polizeiheld auf die Spur des vermissten Kindes?‹ Übermorgen interessiert sich kein Schwein mehr dafür. Sagen Sie einfach Bescheid, wenn Sie’s wissen.«

16
    Es lohnte sich nicht, wieder ins Bett zu gehen, und so schleppte Logan sich grollend unter die Dusche und anschließend um die Ecke ins Präsidium. Die Straße war spiegelglatt; die Stadtverwaltung hatte es in alter Verlässlichkeit wieder einmal versäumt, die Fahrbahnen und Gehsteige zu streuen. Aber wenigstens regnete es nicht mehr. Die Wolken, die über ihn hinwegzogen, waren lila und dunkelgrau. Bis Sonnenaufgang waren es noch über zwei Stunden.
    Von der Medienmeute, die das Präsidium am Abend zuvor belagert hatte, war nichts mehr zu sehen; ihre einzige Hinterlassenschaft war ein Haufen zerdrückter Zigarettenkippen, die im Rinnstein lagen wie erfrorene Würmer. Drinnen herrschte Grabesstille.
    »Morgen, Lazarus!«,

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