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Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition)

Titel: Die dunklen Wasser von Aberdeen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stuart MacBride
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um.
    »Komm, Richard«, sagte Logan. »Zeit, nach Hause zu gehen.«

15
    Ein Streifenwagen stand mit laufendem Motor vor dem Eingang von Darren Caldwells Haus. Drinnen las einer der von Logan zwangsrekrutierten Constables dem jungen Mann seine Rechte vor, während die Mutter in Tränen aufgelöst auf dem hellgrünen Sofa saß. Und der kleine Richard Erskine schlief tief und fest.
    Seufzend trat Logan hinaus in den dunstigen Nieselregen. Die Luft da drin wurde allmählich stickig, und Darren tat ihm inzwischen schon ein wenig Leid. Er war doch selbst noch fast ein Kind. Er hatte nur seinen Sohn sehen wollen, nichts weiter. Ihn vielleicht eine Weile bei sich behalten. Zusehen, wie er heranwuchs. Stattdessen hatte er sich jetzt einen Eintrag ins Strafregister eingehandelt, und wahrscheinlich auch ein Kontaktverbot.
    Logans Atem stieg in weißen Nebelwölkchen auf. Es wurde allmählich richtig kalt. Er hatte noch nicht entschieden, wie er mit dem Besitzer der Broadstane Garage verfahren wollte. Verschaffen eines falschen Alibis, Irreführung der Behörden. Nicht, dass das so wichtig gewesen wäre, nachdem sie das Kind nun gefunden hatten. Alibi hin oder her, Darren war auf frischer Tat ertappt worden.
    Dennoch, Irreführung der Behörden war ein schweres Vergehen …
    Er vergrub die Hände tief in den Taschen und starrte auf die Straße hinaus. Stille Häuser, zugezogene Vorhänge, nur hie und da eine Bewegung an einem Fenster, wenn wieder mal ein neugieriger Nachbar herauszufinden versuchte, was da bei den Caldwells eigentlich los war.
    Verwarnung, oder doch Anzeige?
    Ihn fröstelte, und als er sich umdrehte, um ins Haus zurückzugehen, glitt sein Blick über den kleinen Vorgarten und die Rabatten mit den verwelkenden Rosen und blieb an dem hellblauen Volvo hängen. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte aus dem Gedächtnis die Nummer der Broadstane Garage.
    Fünf Minuten später stand er mit Darren Caldwell in der Küche, nachdem die uniformierten Kollegen mit ihrem Tee in der Hand und großen Fragezeichen im Gesicht ins Wohnzimmer verbannt worden waren. Darren stand zusammengesunken an der Spüle, die Schultern hochgezogen, und starrte durch sein Spiegelbild hindurch in den Garten hinaus. »Ich komme ins Gefängnis, nicht wahr?« Die Frage kam als kaum vernehmliches Flüstern.
    »Sind Sie sicher, dass Sie Ihre Aussage nicht korrigieren wollen, Darren?«
    Er biss sich auf die Unterlippe und schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, ich war’s.« Er wischte sich mit dem Ärmel über die Augen und schniefte. »Ich hab ihn mitgenommen.«
    Logan lehnte sich gegen die Anrichte.
    »Nein, Sie waren das nicht.«
    »Doch, ich war’s!«
    »Sie waren an Ihrem Arbeitsplatz. Der Volvo, den Sie neu verkabelt haben, war der Ihrer Mutter. Ich habe noch einmal in der Werkstatt angerufen und das Kennzeichen überprüft. Sie haben ihr Ihren eigenen Wagen geliehen. Sie war es, die Richard Erskine entführt hat. Nicht Sie.«
    »Ich war es! Ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich es war!«
    Logan gab keine Antwort. Er ließ das Schweigen anwachsen. Im Wohnzimmer schaltete jemand den Fernseher ein: gedämpfte Stimmen und Gelächter aus der Konserve.
    »Sind Sie sicher, dass Sie das durchziehen wollen, Darren?«
    Darren war sicher.
    Sie fuhren schweigend zum Präsidium zurück. Darren starrte aus dem Fenster auf die regenglänzenden Straßen. Im Zellentrakt übergab Logan ihn dem Dienst habenden Sergeant und sah zu, wie der Inhalt von Darrens Taschen in einer kleinen blauen Schale gesammelt wurde. Alles wurde genau eingetragen und quittiert, einschließlich seines Gürtels und seiner Schnürsenkel. Auf seinem nervösen Gesicht glitzerten Schweißperlen, und seine Augen waren rot und feucht. Logan versuchte sein schlechtes Gewissen zu ignorieren.
    Im Gebäude war alles ruhig, als er die Stufen zum Empfangsbereich hinaufstieg. Der dicke Gary saß am Schreibtisch, er hatte den Telefonhörer ans Ohr gedrückt, und seine Augen funkelten schadenfroh. »Nein, Sir, nein … ja. Das muss ja ein Riesenschock gewesen sein für Sie … Über die ganze Hose … Ja, ja, ich schreibe alles mit …« Nein, das tat er nicht: Er zeichnete eine Karikatur eines Mannes in einem Anzug, der in einem Polizeiauto saß und von einem dicken Kerl fast zerquetscht wurde. Der Dicke hatte verblüffende Ähnlichkeit mit Gary selbst, während der Zerquetschte die Züge eines allseits beliebten hiesigen Strafverteidigers trug.
    Ein Grinsen machte sich auf Logans Gesicht breit.

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