Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Titel: Die Durchschnittsfalle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Hengstschläger
Vom Netzwerk:
Cheftrainers inne. Unter seiner Trainerschaft eilten die österreichischen Skifahrer von Erfolg zu Erfolg. Mit um die hundert Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften, die von seinen Schützlingen gewonnen wurden, ist Hans Pum der wohl erfolgreichste Entdecker und Förderer von Skitalenten der Geschichte. In einem langen öffentlichen Podiumsgespräch zur Thematik Talentförderung im Sport vertrat Hans Pum mir gegenüber den Standpunkt, dass es sehr viele Aspekte seien, die einen Skiläufer erfolgreich, ja zum Besten der Welt machen: Motivation für das Training, kompromisslos harte Trainingsarbeit, das notwendige Nervengerüst, das Gelernte beim Rennen umzusetzen, der unbedingte Wille zu siegen und vieles mehr. Er kam aber auch unmissverständlich zu dem Schluss, dass zwei, die gleich viel trainieren, niemals das Gleiche erreichen werden, weil die biologischen, genetischen Anlagen der Menschen nun einmal verschieden sind. Nicht jeder ist zum Skiläufer geboren.
    Warum uns das beim Sport eigentlich allen schnell einleuchtet? Weil es nun einmal körperliche Voraussetzungen sind, die hierbei eine so große Rolle spielen. Wir haben anhand des Beispiels eineiiger Zwillinge gesagt, dass gerade bei den körperlichen Anlagen Gene eine so große Rolle spielen. Die Körpergröße etwa ist sehr stark genetisch mitbestimmt. Große Eltern haben wahrscheinlicher große Kinder. Und zwei eineiige Zwillinge sind stets sehr ähnlich groß. Wenn nun ein Mann zu uns kommt, der vielleicht 1,65 Meter groß ist und die Argumente dieses Buches aufgreift: Der Mensch ist nicht auf seine Gene reduzierbar, er ist das Produkt der Wechselwirkung zwischen Genetik und Umwelt. Gene sind nur Bleistift und Papier, die Geschichte schreiben wir selbst – er möchte nämlich der beste Basketballspieler der nordamerikanischen Profiliga NBA (National Basketball Association) werden, was werden wir sagen? Ja, streng Dich an! Alles ist nur Übung! – Vielleicht werden sie für Dich einmal auch die Körbe niedriger hängen? Sie lachen? Und trotzdem, gerade mit diesem Beispiel lässt sich beides belegen. 1.) Der Mensch ist selbst hier nicht auf seine Gene reduzierbar. Es gab Spitzenbasketballer, die in der Tat klein waren, wie etwa Earl Boykins, der Spielmacher der Denver Nuggets (1,65 Meter), Nate Robinson von den New York Knicks (um die 1,70 Meter – hier kursierten immer wieder verschiedene Angaben) oder Muggsy Bogues, der mit 1,60 Metern der kleinste NBA-Liga-Spieler aller Zeiten war. 2.) Andererseits lag Boykins mit 1,65 Metern 36 Zentimeter unter dem Durchschnittsmaß der Liga. Der weit überwiegende Anteil aller NBA-Spieler ist natürlich nicht nur groß, sondern sehr groß. Und selbstverständlich ist das eine Leistungsvoraussetzung, die ohne Zweifel bei dieser Sportart von enormem Vorteil ist. Shaquille O’Neal, um nur ein Beispiel zu nennen, ist 2,16 Meter groß. Die Mehrheit, nein fast alle NBA-Basketballstars sind sehr, sehr groß. So ist es nun einmal.
    Natürlich soll sich der Mensch nicht von seinen genetischen Anlagen beschränken lassen bei dem, was ihm Spaß macht, was ihn fasziniert. Ja, wir müssen, um auf Dauer erfolgreich zu sein, sogar öfter, als wir es heute tun, auf unsere Gene pfeifen. Ich werde dieses Argument später noch genauer erläutern. Aber wenn jemand von seinem Gegenüber eine ehrliche Antwort erwartet, so kann man biologische Limits nicht ignorieren. Das wäre unfair. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und sage, dass die nächste Generation, unsere Kinder, Schüler, Studenten gewissermaßen ein Recht auf eine ehrliche Antwort haben. Die österreichische Schriftstellerin Ingeborg Bachmann hat gesagt: „Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar.“ Warum trifft das nicht auch auf unsere biologischen Leistungsvoraussetzungen zu? Ein guter Trainer, ein guter Lehrer wird sich natürlich auf das konzentrieren, was sein Schüler, sein Sportler besonders gut kann (etwas, was wir leider in unserem täglichen Leben nicht oder viel zu selten tun). Er wird ihm aber auch die Einschränkungen durch seine biologischen Voraussetzungen klarmachen.
    Wir könnten jetzt lange darüber diskutieren, inwieweit die Körpergröße, die ohne Zweifel eine biologische Voraussetzung darstellt, im Sinn des Begriffs „Talent“ verstanden werden kann. Ich habe schon detailliert erklärt, welche Probleme ich mit den verwirrenden Verwendungen der Begriffe „Talent“ und „Begabung“ habe. Im Sinne besonderer

Weitere Kostenlose Bücher