Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Titel: Die Durchschnittsfalle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Hengstschläger
Vom Netzwerk:
relativen Gehör keinen Referenzton zum Vergleich vorgespielt bekommen muss, um einen Ton zu erkennen) ausschließlich genetisch veranlagt wäre, zu Gericht zu ziehen. Frau Prof. Elisabeth Theusch von der University of California hat zwar einerseits in der Tat Gene entdeckt, die eine Rolle bei der Entwicklung eines absoluten Gehörs spielen, aber auch klar zeigen können, dass Umweltfaktoren und Epigenetik dabei gleichfalls von großer Bedeutung sind (Theusch E., Gitschier J., Twin Res Hum Genet., 14: 173-178, 2011). Also Umwelt allein reicht nicht aus, aber Genetik allein auch nicht. All diese Studien zeigen auch klar, dass die Musikalität, das Hören, die Stimme und die Sprache offensichtlich unter einem biologischen gemeinsamen Schirm zu sehen sind. Was uns direkt dazu führt, dass musisch begabte Menschen natürlich auch besondere Leistungsvoraussetzungen im Bereich sprachlicher Intelligenz haben müssen, die wir später noch bei Berufen wie Politikern oder Rechtsanwälten ansiedeln werden. Aber zuvor noch der Übergang zu anderen Begabungen, die wahrscheinlich sogar noch wichtiger sind.
    Die Kreativität – erster Teil
    Ich habe dieses Kapitel „Kunst“ genannt, aber eigentlich nur, weil mir eine andere Kategorisierung schwerfiel. Sie merken schon, Kategorisierungen sind generell nicht meine Sache. Und im Zusammenhang mit der in diesem Buch geführten Diskussion kann man Kategorisierungen zwar einführen – sie lösen sich nur sofort wieder auf. Vor allem weil eben für eine Leistung viele Leistungsvoraussetzungen zusammenspielen, und für Erfolg viele Leistungen. Kunst ist ein sehr schwer zu begrenzender Begriff, und das ist auch gut so. Den künstlerischen Tanz haben wir schon erwähnt und ihm viele Leistungsvoraussetzungen zugeordnet (körperliche, musische etc.). Jetzt haben wir natürlich nur exemplarisch einen kleinen Blick in die Welt von Sängern, Instrumentalisten, Dirigenten gewagt. Kunst ist viel mehr. So haben wir etwa die bildnerischen Künste schon einmal in diesem Buch im Zusammenhang mit räumlich-visuellen Begabungen erwähnt. Es gäbe zu all dem noch so viel zu sagen. Und die Diskussionen darüber sollen und müssen geführt werden – der vielen nicht entdeckten und nicht geförderten Talente wegen. Eines aber eint wohl alle Künstler – ihre Kreativität. Im Sinne der Diskussion dieses Buches muss also die Frage erlaubt sein, ob es genetische Anlagen für Kreativität gibt oder ob die Kreativität eines Menschen erst durch Umwelteinflüsse allein „entsteht“.
    „Talent“ und „Begabung“ sind äußerst schwer zu definierende Begriffe, die auch sehr oft nicht ganz eindeutig verwendet werden. Bei „Kreativität“ ist es aber in keiner Weise einfacher. Das Wort leitet sich vom lateinischen „creare“ ab, was so viel bedeutet wie „etwas neu schöpfen, etwas herstellen“. Es ist ein heute immer öfter fast schon inflationär verwendetes Wort, dessen Bedeutung aber eigentlich nicht klar definiert ist. Gemeint ist aber häufig, dass Kreativität eine schöpferische Gabe darstellt, die etwas Neues hervorbringt. „Novelty seeking“ lautet der Begriff, den der bekannte US-amerikanische Psychiater und Genetiker Robert Cloninger in ähnlichem Zusammenhang verwendet. Er hat viele Gene und Genloci veröffentlicht, bei denen er charakteristische Sequenzveränderungen zwischen kreativen und weniger kreativen Menschen (beziehungsweise solchen mit bestimmten Berufen) gefunden hat.
    Wenn man all die unzähligen wissenschaftlichen Studien zusammenfasst, die sich mit eventuellen biologischen Leistungsvoraussetzungen für Kreativität beschäftigten, so scheinen sich ein gute und eine schlechte Nachricht dabei herauszukristallisieren. Wie immer zuerst die schlechte: All jene Ratgeber, die behaupten, Kreativität sei erlernbar, scheinen zu irren. Die Gabe, schöpferisch Neues zu schaffen, bleibt ein Leben lang stabil und gleich. Natürlich bedarf es auch in diesem Fall harter Arbeit, diese Leistungsvoraussetzungen zu entdecken und umzusetzen. Und natürlich kann und muss alles getan werden, diese Gabe so oft wie möglich und so kraftvoll wie nur irgend möglich einzusetzen. Der deutsche Psychologe Heinz Schuler sagt in diesem Zusammenhang : „Aus einem unkreativen Menschen kann man keinen kreativen Menschen machen. Allerdings lässt sich eine Umgebung schaffen, in der Menschen ihren Schöpfergeist leichter entfalten können.“ (Weiß B., GEOkompakt Nr. 28: 128, 2011; Schuler H., Görlich Y.,

Weitere Kostenlose Bücher