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Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Die Durchschnittsfalle (German Edition)

Titel: Die Durchschnittsfalle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Hengstschläger
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erfüllt sein, damit bei Käse und Rotwein die Ideen nur so aus ihm raussprudeln. Okay. Er muss hochgradig intelligent sein, damit er all die schwierigen, ihm täglich begegnenden Fragen erfassen kann. Na vielleicht. Er muss zumindest in bestimmten Fächern eine hohe logisch-mathematische Begabung, für die sehr häufig und viele genetische Aspekte diskutiert, aber noch nicht viele bewiesen wurden, besitzen, um die großen entsprechenden Aufgaben lösen zu können. Mag sein.
    Ich möchte Ihnen ja nur ungern Ihre Illusionen rauben, aber der Alltag wissenschaftlicher Arbeit ist oft wesentlich weniger spektakulär, als man sich das so vorstellt. Der Wissenschaftler steht genauso regelmäßig früh auf und arbeitet lang wie jeder andere auch, wofür er ein hohes Ausmaß an Konstanz, Konsequenz und Fleiß benötigt. Da Wissenschaftler in der Regel nicht viel Geld verdienen, sind sie wohl ein Paradebeispiel für intrinsische Motivation (ich werde später noch genau erklären, was ich damit meine und dass ich das für ein sehr wichtiges Talent des Menschen halte). Ich spreche sehr gerne vom „stillen Fleiß“ der Wissenschaft, da das meiste, was man tut, unbemerkt für andere in seiner eigenen Welt bleibt. Die sehr oft fehlende Sichtbarkeit dieser Arbeit nach außen macht Eigenmotivation in der Wissenschaft zu einem unverzichtbaren Instrument. „Man will es einfach wissen, weil man es noch nicht weiß.“ Man muss weiters viele Vorträge, Besprechungen und „Verkaufsgespräche“ (um Förderungseinrichtungen zu überzeugen) führen. Eine entsprechende sprachliche Begabung ist daher heutzutage für einen Wissenschaftler unerlässlich. Wissenschaft ist heute Teamarbeit und interpersonale Intelligenz bei einem international besetzten Forscherteam ohne Zweifel vonnöten. Zahlreiche Anlagen und Leistungsvoraussetzungen fallen mir noch ein, die gegenwärtig für erfolgreiche wissenschaftliche Arbeit unverzichtbar sind. Vielen Kollegen bereitet auch die Tatsache, dass man immer mehr zum Manager wird, Sorgen. Ich glaube weniger, weil hier grundsätzliche Ressentiments gegenüber Managern bestehen, als vielmehr, weil die „echten“ Manager so viel mehr verdienen. Der stille Fleiß.

Management und Politik
    Der Manager, der Politiker – ganz kurz
    Warum „überhaupt“ und warum „ganz kurz“? „Überhaupt“, weil so oft man das Wort „Manager-Gen“ oder die Phrase „zum Politiker wird man geboren“ auch (zugegeben Gott sei Dank oft nur witzig gemeint) hört und lesen muss, so grundsätzlich falsch sind diese Aussagen doch. Es gibt keinen Beruf, für den ein Gen von so großer Bedeutung wäre. Erfolg ist multifaktoriell und ganz wesentlich von Umweltfaktoren geprägt, daher kann man eigentlich zu keinem Beruf wirklich „geboren sein“. Wenn biologische Komponenten überhaupt dabei eine Rolle spielen, dann sind es viele, sehr viele Gene und deren Interaktionen sowie deren epigenetische Regulationen. Ich weiß, wir haben das alles schon detailliert besprochen. Sehen Sie, darum auch „ganz kurz“.
    Wir haben für beide Berufe die sprachliche Intelligenz und die interpersonale Begabung als wesentliche Kategorien bereits erläutert. Kreativität, das allgemeine intellektuelle Leistungsvermögen und natürlich Eigenschaften wie das Temperament sind auch ohne Zweifel für die erfolgreiche Ausübung beider Berufe von großer Relevanz. Es ist für uns klar, dass diese drei Kategorien ein Leben lang bei jedem Menschen eine hohe Konstanz aufweisen und sicher auch genetische Komponenten haben. Es ist für uns aber nicht klar, welche Charaktereigenschaften nun wirklich wofür von Bedeutung sind.
    Die London Business School hat vor Kurzem eine Umfrage unter Top-Managern durchgeführt, um der Frage auf den Grund zu gehen, welche Talente denn die Manager selbst glauben zu brauchen. Was mir etwas Sorgen macht, aber ganz offensichtlich im internationalen Trend liegt, ist die Tatsache, dass das reine Fachwissen in diesem Zusammenhang an Bedeutung verliert. Zugenommen hat die Bedeutung von Präsentationsfähigkeit und interpersonalen Begabungen. Letzteres auch, weil sich Unternehmen nun einmal nicht mehr so einfach streng hierarchisch leiten lassen – und das ist ja auch gut so. Interessanterweise ist aber auch herausgekommen, dass die Manager selbst meinen, dass intrapersonale Talente heutzutage wohl am wichtigsten geworden sind. Ein Manager muss sich selbst kennen. Er muss wissen, wozu er in der Lage ist und was er eben nicht

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