Die Ecstasy-Affäre
Robert.«
»Und killt ihn dann?«
»Sie hat ihn in die Ecstasy-Szene hineingezogen. Und da muß irgend etwas, was wir nicht genau wissen, passiert sein. Es gibt da nur Vermutungen. Aber das ist alles unwichtig. Wichtig ist nur, daß sie meinen Sohn Robert und Gerda …«
Chinesen-Otto gab das Foto an Habicht zurück. »Ich werde mich darum kümmern«, sagte er. »Ulrike Sperling … Sie tun mir leid, Hubert, und deshalb helfe ich Ihnen. Aber versprechen kann ich nichts. Doch ich habe Hoffnung. Man erzählt mir vieles, was sonst verschwiegen wird. Ich muß mich erst daran gewöhnen, es ist meine erste Menschenjagd. Trinken wir noch einen Burgunder? Mein lieber Hubert, Sie sind ein armer Hund …«
»Dr. Habicht ist in Hamburg.« Loks Stimme klang am Telefon so ruhig und höflich wie immer, obwohl diese Mitteilung von größter Wichtigkeit war. Franz von Gleichem reagierte darauf auch erregter als sein Gesprächspartner.
»Hamburg!« rief er. »Dann ist Ulrike in Hamburg?«
»Wir vermuten es.«
»Er kann ja aus irgendeinem anderen Anlaß nach Hamburg geflogen sein.«
»Dann mietet man sich kein möbliertes Zimmer in St. Pauli!«
»Woher wissen Sie das?«
»Ich sagte Ihnen schon öfter: Wir wissen alles. Dr. Habicht wohnt bei einer Frau Bertha Hellenkamp in der Roosenstraße und hat als erstes die Bar Taiga besucht. Wir haben sofort feststellen lassen, daß es im Taiga keine Ulrike Sperling gibt. Er hat also die Suche aufgenommen, nachdem er einen Tip bekommen haben muß. Wer konnte ihm in München einen Tip geben, daß Ulla in Hamburg untergetaucht ist?«
»Keine Ahnung.« Von Gleichem tat es gut, hinzuzufügen: »Ich denke, Sie wissen alles?« Lok schluckte diese Ironie ohne Entgegnung.
Die letzten Wochen waren für die ›Organisation‹ sehr zufriedenstellend gewesen. Aus dem süddeutschen Markt hatte sich nach den drei erwürgten Polen die polnische Drogenmafia zurückgezogen; in Holland hatte Herr van der Lorre nach der Exekution seiner wichtigsten Abnehmer die Erkenntnis gewonnen, daß es sinnvoller war, sich mit den Asiaten zu verbünden, als sie zum Gegner zu haben und selbst in einer Stahlschlinge zu hängen. Die noch unbekannten Partner hatten nach den Morden und den Explosionen der beiden Kühllastwagen noch einmal ihre Visitenkarte abgegeben: Ein ganzer Vorratsturm mit Düngemitteln war plötzlich über Nacht mit Zyankali verseucht worden. Herr van der Lorre kapitulierte. Sowohl in Süddeutschland wie in West- und Norddeutschland wurden die Ecstasy-Pillen von den Öko-Pyramiden abgelöst. Das Millionengeschäft war perfekt und nur noch in einer Hand.
Verunsichert war dagegen die Polizei. Auf dem Schreibtisch von Peter Reiber standen die kleinen Papierpyramiden in Reih und Glied wie aufgebaute Zinnsoldaten. Bei einer Razzia in einem Techno-Lokal hatten seine Beamten die neuen Glücksbringer entdeckt und 624 Stück beschlagnahmt. Die Verhöre mit den jugendlichen Konsumenten verliefen wie immer. Keine Namen, keine Quellen, nur verbissenes Schweigen und Freilassung nach Registrierung des Wohnsitzes.
Aber bei den Verhören stieß die Polizei jetzt auch auf Spott. So sagte einer der User: »Jetzt habt ihr nur noch heiße Luft, ihr Bullen! Das sind Öko-Schätzchen! Da ist nichts drin, was nicht erlaubt ist! Das ist legal! Oder wollt ihr Öko vielleicht auch noch verbieten?«
Die ersten Laborberichte aus dem LKA waren erschreckend: Es waren tatsächlich frei verkäufliche Präparate, nur auf die Mischung kam es an. Und diese Mischung verursachte die gleiche Wirkung wie bei den bisherigen Ecstasy-Pillen.
»Die neue Generation«, sagte Reiber bitter, als er Wortke die Pyramiden vorführte. »Das Jahr 2000 kündigt sich an: Wahnsinnige durch Öko-Trips! Ehe man diese Pyramiden auf die Liste der verbotenen Drogen setzt, vergehen Monate. Da müssen erst große Forschungsgruppen beschäftigt werden. Wir werden diese Pyramiden natürlich wie die normalen Ecstasy-Pillen bekämpfen, aber wehe, wenn jemand auf die Idee kommt, gegen eine Beschlagnahme Klage zu erheben. Ein geschickter Anwalt kann da einen Musterprozeß inszenieren und uns die Hände damit binden. Das heißt: Wir müssen hilflos zusehen, wie die Jugendlichen sich mit den Pyramiden zugrunde richten. Das sind apokalyptische Aussichten.«
»Die kriminelle Intelligenz hat die höchsten Wachstumsraten.« Wortke nahm eine der kleinen Papiertütchen hoch und roch daran. »Hast du schon eine Pyramide geknackt, Peter?«
»Noch nicht, aber es reizt
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