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Die Edda - Die Edda

Titel: Die Edda - Die Edda Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jüngere Sigurlied
    E in Sagenlied, das seinem Handlungsverlauf nach die Werbungssage umfaßt, von Sigurds Ankunft am Gjukungenhof bis zu Brünhildens Freitod. In den Weissagungen der sterbenden Brünhild greift es aber weiter hinaus bis zu Schwanhildens Ermordung.
    Was diesen Dichter fesselt, ist Brünhildens Seelenleben. Was Sigurd betrifft, behandelt er kürzer: Für die Mordtat hat er nur zwei Zeilen übrig. Nur dem vorhergehenden Mordrat widmet er, wohl nach deutschem Vorbild, einen breiteren Raum. Nicht nur Brünhildens Eifersucht, auch Gunnars Habgier ist bestimmend für den Mord (Str. 16). Hat hier die Walthersage eingewirkt? Auch Gudrun hat eine längere Rolle; der Verfasser setzt sie aber deutlich hinter Brünhild zurück (Str. 61).
    Brünhild ist hier nur irdische Schildmaid; von Walkürenzügen zeigt sie nichts. Sie ist die spröde Kampfjungfrau, die keinen Freier haben will. Sie wohnt hier nicht bei einem Pfleger Heimir, sondern bei ihrem Bruder Atli. Dieser gleicht dem Märchenkönig, der seine Tochter niemandem gönnt. Aber als die Gjukunge zusammen mit Sigurd vor den Hof geritten kommen und Brünhild für einen von ihnen zur Ehe begehren, sieht er ein, daß Widerstand nutzlos wäre. Nun verlangt er von Brünhild, daß sie einwillige, und droht, ihr Erbteil ihr zu entziehen, wenn sie die Werbung ablehne. Sie schwankt lange, ob sie sich mit der Waffe zur Wehr setzen solle, gibt aber schließlich nach.
    Sie willigt ein, weil sie auf den ersten Blick von Liebe zu Sigurd ergriffen ist und man ihr vorgespiegelt hat, Sigurd solle ihr Gatte werden. Sie tut es, obgleich sie weiß, daß Sigurd mit Gudrun vermählt ist (Str. 41). Durch eine Scheinehe (Prokurationsehe) mit Sigurd läßt sie sich täuschen
(Str. 4). Erst nachher erfährt sie, daß nicht Sigurd, sondern Gunnar ihr Gatte geworden ist. Wie unwahrscheinlich der ganze Hergang ist, ist unserm Dichter offenbar nicht bewußt geworden.
    Künstlerisch ist unser Dichter schwach. Den Stabreim beherrscht er mangelhaft: öfters setzt er Stäbe auf schwach betonte Silben. Den Gleichlauf, der eine Zierde besonders der ältesten Lieder ist, versucht er nachzumachen; aber auch hierin zeigt er sich ungeschickt (Str. 13, 4, 5; Str. 36, 5, 6). Der Inhalt ist öfters dünn ausgewalzt, als ob der Verfasser Mühe habe, die Zeilen zu füllen. Nicht selten wiederholt er sich. Mitunter sinkt seine Rede zur baren Prosa hinab.
    An eigenen Einfällen ist er arm. Die Liebe Brünhildens zu Sigurd hat nicht etwa er erfunden: die hat er aus dem etwas älteren großen Sigurdliede übernommen, das zwar in der Lücke der Handschrift verlorengegangen ist, dessen Inhalt wir aber größtenteils aus der Wölsungensaga erschließen können. Erstaunlich weit über die sonstige Höhenlage des Liedes erhebt sich der Schluß (Str. 65 ff.). Da der Verfasser auch sonst das Gute oder vermeintlich Gute überall nimmt, wo er es findet, besteht der begründete Verdacht, daß dieses schöne und eindrucksvolle Sinnbild aus einem verlorenen Liede stamme.
    Das Lied ist eines der jüngsten. Es wird erst im 13. Jahrhundert verfaßt sein.
    Genzmer
     
    1
    Einst war’s, daß Sigurd
Gjuki besuchte,
der junge Wölsung,
der wohl gekämpft.
Mit zwein der Brüder
schloß er den Bund;
Eide tauschten
die Eberkühnen.
     
    2
    Man gab ihm die Maid
und manches Kleinod,
die junge Gudrun,
Gjukis Tochter.
Sie tranken und scherzten
die Tage zusammen,
der junge Sigurd
und die Söhne Gjukis.
     
    3
    Bis sie aufbrachen,
Brünhild zu frein,
wobei Sigurd
sich ihnen gesellte,
der junge Wölsung,
der Wege kundig;
sein war die Holde,
wenn er sie haben sollte.
     
    4
    Die lichte Klinge
legte der Held,
das blanke Schwert,
in beider Mitte.
Nicht küßte er
die Königin;
nicht hielt sie im Arm
der Hunnenfürst:
die blutjunge Maid
barg er für Gunnar.
     
    5
    eines Makels
war sich die Maid bewußt;
ihr Leben war frei
von allem Fehl,
was Schande wäre
oder scheinen könnte.
     
    6
    Ein feindlich Geschick
fuhr dazwischen.
Einsam ging sie
abends draußen,
begann mit sich
so zu reden:
»Halten will ich
den jungen Helden,
Sigurd, im Arm;
sonst muß er sterben.
     
    7
    Geredet hab ich -
bereuen werd ich’s:
sein Weib ist Gudrun,
doch ich Gunnars;
finstre Nornen
schufen uns lange Not.«
     
    8
    Oft geht sie, innen
von Argem erfüllt,
von Eis und Firn,
allabendlich
geht mit dem Gatten
Gudrun zu Bett,
hüllt der Degen
die Decke um sie,
der hunnische König,
zu kosen die Frau.
     
    9 Brünhild:
    »Freudlos geh ich,
gattenlos,

möchte

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