Die effektive Fuehrungspersoenlichkeit
fünfzig oder mehr auf dem Markt erscheint und damit mit einer völlig anderen Kostenstruktur. Sie erkennen bald, dass sie dem Wettbewerb ohne eine grundlegende Reorganisation nicht mehr lange gewachsen sind. Nichtsdestoweniger halten manche Firmen an ihrer alten Struktur fest, weil »das hier schon immer so gemacht wurde«. Andere Unternehmen bauen Personal ab, weil sie sich durch die Umstände dazu gezwungen fühlen, was natürlich Ratlosigkeit und Angst hervorruft. Die Menschen suchen zwar eine neue Struktur, aber gleichzeitig sind sie noch von der alten abhängig.
Viele Führungskräfte behaupten von sich, nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen zu handeln, aber eigentlich fördern sie feudalistische Prinzipien. Sie reden von Demokratie und leben die Autokratie. Sie preisen Offenheit und Glasnost, aber im Alltag herrschen Vetternwirtschaft und Heimlichtuerei.
Deutlich sichtbare, akute Symptome dieses chronischen Problems sind zwischenmenschliche Konflikte und Rivalitäten zwischen Abteilungen. Natürlich greift man auch hier zu schnell wirkenden »Schmerzmitteln« – Kommunikationstrainings sind in solchen Fällen sehr beliebt –, aber der Nutzen wird sich in Grenzen halten, weil die wichtigste Voraussetzung fehlt – Vertrauen. Die nächste kosmetische Lösung könnte darin bestehen, das Entlohnungssystem neu zu strukturieren, um vorübergehend die Motivation zu steigern. Aber auch das nützt nichts mehr, weil das Management niemandem |118| zuverlässig Auskunft darüber geben kann, was morgen geschieht. Ein neues Entlohnungssystem, das die Produktivität des Einzelnen zum Maßstab nimmt, zwingt die Mitarbeiter zur Rivalität, während im Widerspruch dazu die geltenden Werte eigentlich Teamarbeit und Kooperation heißen.
Problem 4
Falscher Stil: Das Managementleitbild stimmt entweder nicht mit der gemeinsamen Vision und den Werten überein; oder der Stil spiegelt die Vision und die Werte des Unternehmensleitbildes nicht deutlich genug.
In gewisser Hinsicht ist dieses chronische Problem von noch größerer Bedeutung als die vorangegangenen, weil der Stil meist schon im Elternhaus, in der Schule oder im Berufsleben geprägt wurde. Kindheitserfahrungen prägen unseren Stil außerordentlich stark, weil unser emotionales und psychologisches Bedürfnis, angenommen zu werden, uns abhängig macht. Ob es uns passt oder nicht, ein autoritärer, vielleicht sogar gewalttätiger Vater kann der einzige Halt sein, den ein Kind hat. Also übernimmt es auch seinen Stil.
Ein Stil, der sich von unserem unterscheidet – ein rauer, beleidigender oder angriffslustiger –, kann Befremden hervorrufen. Mein achtjähriger Sohn Joshua war schockiert, als er in den Nachrichten hörte, dass ein Junge in seinem Alter von seinen Eltern ausgesetzt worden sei. Er konnte es nicht begreifen und fragte immer wieder: »Wie kann so etwas nur passieren?« Er hatte nicht einmal gewusst, dass es so etwas überhaupt gab.
Wenn Menschen mit einer neuen Umgebung und einem neuen Wertesystem konfrontiert werden, das ihrem individuellen Stil nicht entspricht, ob er nun autoritär, permissiv oder demokratisch ist, beginnt ein Anpassungsprozess. Sie müssen tief in das neue Wertesystem eintauchen und sich neu »programmieren« lassen, bis sie die neue Verfassung akzeptiert haben.
Der Stil der Mitarbeiter wird sehr stark vom Stil ihrer Vorgesetzten beeinflusst, wobei die meisten Menschen mehr Wert auf Management denn auf wirkliche Führerschaft legen. Konsequenterweise denken sie in den Kategorien der Effizienz. Sie haben die Dinge und nicht die Menschen im Kopf. Sie richten sich nicht nach Prinzipien, weil sie das nie gelernt haben.
In Anbetracht unserer pluralistischen und von hoher Mobilität geprägten Gesellschaft ist es oft eine echte Herausforderung, den eigenen Stil |119| in Übereinstimmung mit der Vision und den Werten des Unternehmens zu bringen. Meist muss er auf eine bestimmte Weise angepasst werden. Auch hier werden die Vorzüge der prinzipienorientierten Führung wieder offenbar. Sie ermöglicht Ihnen im Rahmen der Prinzipien ein sehr hohes Maß an Flexibilität und Beweglichkeit.
Manche fragen sich nun vielleicht, ob die oberen Führungskräfte, die alten Hasen, überhaupt noch in der Lage sind, einen neuen Stil oder eine neue Technik zu lernen. Manche mögen einwenden, dass der Stil eines Menschen, ob Sänger, Schauspieler oder Manager, so untrennbar mit ihm verschmilzt, dass er schon mit zehn, zwanzig oder dreißig Jahren
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